Datenschutz bei Facebook: USA widersprechen EuGH-Generalanwalt wegen Safe Harbour

Die USA wollen verhindern, dass das Safe-Harbour-Abkommen zum Datenfluss zwischen Europa und Nordamerika gestoppt wird. Das US-Außenministerium versucht deshalb nun, den Schlussantrag des EuGH-Generalanwalts zu entkräften.

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Facebook Daumen
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Auf die überraschend eindeutige Absage des EuGH-Generalanwalts Yves Bot an das Safe-Harbour-Abkommen zwischen der EU und den USA reagieren die USA verstimmt: In einem Statement erklärt die US-Vertretung bei der Europäischen Union nun, der Schlussantrag des Generalanwalts beruhe auf falschen Annahmen. Die müsse man kommentieren, schreibt das US-Außenministerium, auch wenn man den juristischen Prozess der Europäischen Union natürlich voll respektiere. Gleich an mehreren Punkten üben die USA dann Kritik.

Hintergrund der Replik ist der Schlussantrag des Generalanwalts im Rechtsstreit zwischen Max Schrems und Facebook. Schrems zweifelt an, dass das Safe-Harbour-Abkommen rechtmäßig ist, demzufolge Daten von EU-Bürgern in die USA übermittelt werden dürfen, da dort der Datenschutz ausreichend gesichert sei. Schrems meint, die Snowden-Enthüllungen hätten diese zugrunde liegende Annahme entkräftet. Irland ist für diese Fragen zuständig, weil Facebook dort seinen Europasitz hat. Nachdem der Fall in Luxemburg gelandet war, hatte sich abgezeichnet, dass der Europäische Gerichtshof die Einschätzung von Schrems teilen könnte. In seinem Schlussantrag bezeichnete der zuständige Generalanwalt Safe Harbour dann auch als ungültig. Das Gericht muss ihm nicht folgen, tut dies aber gemeinhin.

Die USA kritisieren nun unter anderem, der Generalanwalt habe erklärt, die Schlussfolgerungen des irischen High Court in dem dortigen Verfahren müssten akzeptiert werden. Dabei habe es dort gar keine Untersuchung gegeben und das dortige Gericht habe lediglich unter Berufung auf eidesstattliche Erklärungen des Klägers festgestellt, die US-Massenüberwachung "werde nicht angezweifelt". Das sei aber durchaus der Fall, denn "die USA sind nicht dabei, unüberlegt irgendjemanden zu überwachen, auch keine normalen europäischen Bürger und haben dies auch nicht getan".

Das vom Generalanwalt mehrmals genannte Überwachungsprogramm PRISM richte sich gegen "bestimmte, sinnvolle Ziele der Auslandsüberwachung", sei gesetzlich genehmigt und öffentlich einsehbaren Kontrollen sowie Schranken unterworfen. Dabei beruft sich das Außenministerium wohl auch auf das Ergebnis eines Untersuchungsberichts des US-Kontrollgremiums PCLOB, der tatsächlich zu dem Schluss kam, PRISM zumindest umfasse keine Massenüberwachung. Darauf das PRISM nur eines von unzähligen enthüllten Überwachungsprogrammen ist, geht das US-Außenministerium nicht ein. Stattdessen verweist es auf Versprechungen von US-Präsident Barack Obama, ohne jedoch Handfestes zu nennen.

Schließlich erklären die US-Vertreter noch, der Generalanwalt irre in der Feststellung, die laufenden Gespräche über ein neues Datenschutzabkommen zwischen der USA und der EU würden bedeuten, dass man auch dort die Lücken in Safe Harbour anerkenne. Stattdessen sei das Abkommen schon von vornherein als "lebendes Dokument" gedacht gewesen, das immer verbessert werden solle. Die Argumentation des Generalanwalts insgesamt würde jedenfalls das Vertrauen in ausgehandelte Vereinbarungen mit der Europäischen Kommission erschüttern. Deswegen hoffe man, dass das Gericht dem Generalanwalt nicht folgt, um "großen Schaden vom Schutz der Bürgerrechte und dem freien Fluss von Informationen" abzuhalten.

[Update 29.09.2015 – 13:40 Uhr] Wie der Europäische Gerichtshof inzwischen öffentlich gemacht hat, wird das Urteil bereits am kommenden Dienstag (6. Oktober) um 9:30 Uhr bekanntgegeben. (mho)