Wearables: Treue Assistenten oder Körpertrojaner?

Fitness-Armbänder und andere Wearables sammeln Big Data-Material. Wer den Nutzen hat, wurde auf einer Veranstaltung des DIVSI in Berlin gefragt.

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DIVSI

v.l.: Franz Bartmann, Bundesärztekammer; Dagmar Borchers, Philosophin; Peter Schaar, Datenschützer; Lena-Sophie Müller, Moderatorin, Initiative D21; Burkhard Dümler, Adidas und Kai Burmeister, AOK Nordwest

(Bild: heise online / Detlef Borchers)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Geht es, dass Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern verlangen, Fitness-Armbänder zu tragen? Muss der Einsatz von Waerables gesetzlich geregelt werden? Das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit beschäftigt sich mit der Frage, ob Deutschland einen digitalen Kodex braucht, um die Lücke zwischen analogen Normen und Gesetzen und den technischen Entwicklungen wie Wearables zu schließen. Ein Diskussionsabend zu diesem Thema endete in gepflegter Ratlosigkeit.

Wearables werden heute meistens von Menschen getragen, die ihren Körper sportlich verbessern wollen oder Anhänger der totalen Selbstvermessung sind. Auf der anderen Seite stehen Menschen mit Risikokrankeiten, bei denen Wearables in der Telemedizin zur Überwachung von Messwerten eine Rolle spielen. Aktuell sind Wearables drauf und dran, in den Körper eingelassen zu werden, ein Prozess, an dessen Ende die Cyborgs stehen und sich über ihre Plugins unterhalten.

Auf der DIVSI-Veranstaltung über Wearables oder Körpertrojaner brachte Stephan Noller die Arbeit mit den alltäglichen Datensammlern schnell auf den Punkt. Noller, der nach dem Verkauf seiner Werbetracking-Firma Nugg.ad mit seinem neuen Startup ubirch einen Digital-Tampon namens Trackle zur Zyklusmessung entwickelt, freute sich über die Autonomie vom ärztlichen Versorgungsdenken, die Wearbles beschleunigen.

Wie das Beispiel des Footballspielers Paul Houle zeige, können Wearables im Extremfall leben retten. Andererseits bezeichnete sich Noller als "Fan der gesetzlichen Krankenkassen" und warnte besorgt vor einer Ausgrenzung der Menschen, die keine Wearbeles tragen und eben nicht durch gesundes Leben und Laufen die Bonuspunkte ihrer Kassen sammeln können. Solche Entsolidarisierungseffekte müssten energisch bekämpft werden.

In der Podiumsdiskussion unter dem Titel "Gläserner Patient oder Revolution in der Gesundheitsfürsorge" wurden höchst unterschiedliche Aspekte aufgeworfen. Die Spannbreite reichte vom Adidas-Vertreter Bernhard Dümler, der Spaß beim Sport haben will, bis zum Datenschützer Peter Schaar, der auf die hochproblematischen Ntzungsbestimmungen aufmerksam machte: Fast alle Wearables kommen mit einer Blankoscheck-EULA, die den Herstellern bereits mit dem Verkauf eines Gerätes alle Nutzungsrechte an den Daten im Irgendwo einräumt.

Franz Bartmann, Vorsitzender des Telematik-Ausschusses der Bundsärztekammer, beklagte die Situation, dass Ärzte für telemedizinische Leistungen und besonders für Telekonsultationen nicht angemessen honoriert würden. Wie ein digitaler Kodex aussehen kann, der einen Konflikt zwischen Wearable-Trägern und Nicht-Trägern ausbalanciert, konnte niemand beantworten. (anw)