Kaffee-Auslese

Vor gut einem Jahr hat Sun der Internet-Gemeinde die Programmiersprache Java als Wundermittel zur Belebung des WWW und zur Erschließung einer nahezu unbegrenzten Plattformvielfalt angeboten. Doch Taten folgten erst, als Microsoft im Dezember eine eigene `Internet-Strategie' verkündete: Firmen aus allen Bereichen standen plötzlich beim Unix-Protagonisten Schlange.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Pantke
  • Ingo T. Storm
Inhaltsverzeichnis

Die Liste der Java-Lizenznehmer liest sich wie das Who-is-Who der Software-Branche. Adobe, Borland, IBM, Netscape, Oracle, PowerSoft, Symantec und so weiter: wer mit weicher Ware Geld verdient, setzt auf Java. Selbst Microsoft soll inzwischen über das Stadium der `Absichtserklärung' hinausgekommen sein. Gemeinsam mit Sun arbeitet man angeblich an einer Referenzimplementierung des Java-Interpreters und der Laufzeitumgebung für Windows 95 und NT, die allen Windows-Entwicklern als Basis dienen soll. Wie sich das mit Microsofts Vorhaben verträgt, Visual Basic als Internet-Skriptsprache und OLE als Internet-Objektmodell zu etablieren, steht auf einem anderen Blatt. Neben den beiden großen Kontrahenten sind auch die meisten der genannten Firmen auf der CeBIT vertreten, viele kleinere kommen dazu und stellen alles von kleinen Java-Werkzeugen bis zu vollständigen Entwicklungsumgebungen vor. Sun stellt gleich den ganzen Stand 8a2 in Halle 1 unter das Motto `Java-Café' und präsentiert neben den Java-Development-Kits für Win32, Solaris und Apple Macintosh auch eine erste Version der Entwicklungsumgebung Java WorkShop. Ob erste Maschinen mit einer der im Februar angekündigten Java-CPUs (picoJava, microJava, UltraJava) zu sehen sein werden, war bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren. Ebensowenig sicher ist bisher, ob Oracles erste Instanz des Low-cost-Network-Computers den Weg nach Hannover findet. Falls ja: Halle 3, Stand B29.

IBM (Halle 2 , Stand D28) kann zwar wahrscheinlich noch keinen Java-fähigen WWW-Browser aufweisen, geht aber mit der zweiten Betaversion von Java für OS/2 ins Rennen, die als wichtigste Neuerung gegenüber der ersten Version Support für Image-Klassen bietet (allerdings nur für bis zu 8 Bit Farbtiefe). Besitzer von Apple-Computern müssen seit Februar nicht mehr in die Java-Röhre gucken: In Halle 3, Stand E46 wird neben der endgültigen Version des Netscape Navigator für Windows 95 und NT auch die Version für den Power Macintosh zu sehen sein. Ein Wunder an Stabilität war die erste Beta aber noch nicht gerade. Eine komplette visuelle Java-Enticklungsumgebung bietet Rogue Wave Software an. In Halle 3, Stand B57 können Sie einen Blick auf JFactory, ein Paket aus Applikationsdesigner, Codegenerator und Compiler für Win32 und Solaris, werfen. Ähnliches haben Symantec (Halle 2, Stand B40), PowerSoft (Halle 3, Stand C10) und Borland vor, jedoch mit völlig verschiedenen Ansätzen. Symantec bietet schon jetzt `Espresso' für Win32 und `Caffeine' für den Macintosh an, doch hierbei handelt es sich vorerst nur um eine Einbindung des jeweiligen Sun-Entwicklerkits in die Oberflächen der Symantec-Compiler. Eine integrierte Lösung mit eigenem Compiler, Debugger, et cetera soll später als Symatec Café folgen. Borland hat den Debugger &endash; hier schon in Java geschrieben und somit zumindest theoretisch portabel &endash; schon fertig und für Windows 95 und NT sowie Sun Solaris auf www.borland.com zum Download bereitgestellt. Leider ist Borland nicht auf der CeBIT vertreten.

Anders PowerSoft (Halle 3, Stand C10). Mit Optima++ will die Sybase-Tochter die Softwarewelt um das Client/Server-Tool schlechthin bereichern. Das aus Watcom C++ hervorgegangene Optima++ setzt zwar als primäre Programmiersprache weiter C++ ein, soll aber noch lernen, Java-Applets zu erzeugen. Die Firma Innovative Software baut auch in der Java-Ära voll auf ihr Reverse/Forward-Engineering- und Design-Werkzeug OEW. Die Version 0.9 von OEW/Java ist zur Zeit kostenlos vom Server www. isg.de zu beziehen, wird aber auch in Halle 3 am Stand A07 bei Precision Software zu sehen sein.

Obwohl das Java-Entwicklerkit für den Mac erst im Februar herauskam, kann die texanische Compilerschmiede MetroWerks schon jetzt Java-Support vorweisen. Der damit gesegnete CodeWarrior 8 ist auf dem Apple-Entwicklerstand in Halle 11 zu besichtigen. Noch früher dran war nur die kleine Firma Natural Intelligence mit ihrer integrierten Java-Entwicklungsumgebung Roaster, die auf der CeBIT leider fehlt. Nicht übersehen sollten Java-Interessierte natürlich auch den Heise-Stand E34 in Halle 5. Vor allem diejenigen, die über eine eher schmalbandige Internet-Anbindung verfügen und Downloads im Megabyte-Bereich scheuen, dürften begrüßen, daß die zur CeBIT erscheinende c't-Mailbox-CD das Java-Development-Kit für Win32 und den Mac inklusive Dokumentation sowie einigen weiteren Tools enthält.(it) (rm)