Zusammengepackt

IBMs neuer Warp Server ist vom Diener zum Hausmeister aufgestiegen. Neben seinen eigentlichen Aufgaben als File-, Print- und Application-Server übernimmt er jetzt noch zahlreiche Managementfunktionen. Dazu hat IBM eine Reihe von Programmen beigepackt, die man bislang getrennt kaufen mußte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 22 Min.
Inhaltsverzeichnis

Wie bereits bei der bisherigen Betriebssystemvariante Warp Connect hat IBM beim Warp Server eine ganze Reihe zum Teil bereits bekannter Produkte zu einem einzigen neuen Paket zusammengeführt und mit einer gemeinsamen Installation versehen. Das bedeutet jedoch nicht, daß hier nur alter Wein mit neuem Etikett verkauft wird. Einige der Komponenten, etwa im Umfeld des zunehmend wichtigen TCP/IP, sind brandneu und feiern mit dem neuen Server ihre Premiere.

Als Idee steckt hinter diesem Paket, alle notwendigen Funktionen für den Betrieb eines mittelgroßen Netzes in einem Produkt zusammenzufassen. Damit will IBM vermeiden, daß der potentielle Kunde - anders als bisher - erst aus dem ziemlich unübersichtlichen Angebot eine Lösung maßschneidern muß. Zugleich galt es zu vermeiden, das Angebot mit Funktionen zu überfrachten, die nur wenige Anwender benutzen. Schaut man sich die Vielfalt neuer Programme in diesem Paket an, scheint sich IBM im Zweifelsfall eher zum Einpacken denn zum Weglassen entschieden zu haben.

Wie bei IBM üblich, verwirren die Produktbezeichnungen wieder einmal gehörig. Vom LAN Server 4.0 wechselt man nun auf Warp Server Version 4, der den LAN Server 5.0 sowie das Betriebssystem Warp Version 3 enthält. Das Betriebssystem ist sich selbst nicht so ganz im klaren, ob es gerne 3.0 oder 2.3 genannt werden will. Und dann lauert in den Kulissen auch schon Merlin, das höchstwahrscheinlich Warp Version 4 heißen wird.

An der Performance gab es bereits im Vorgängerprodukt LAN Server 4.0 nichts auszusetzen. In Verbindung mit einer einzigen Netzwerkkarte versorgt der Server bis zu 250 Benutzer, mit insgesamt vier Karten erhöht sich die Kapazität auf maximal 1000 Benutzer. Wie beim Konkurrenzprodukt NT Server lassen sich Ressourcen transparent auf mehrere Server einer Domäne verteilen, die auf einem Domain-Controller administriert wird. Wenn die Domäne mehrere Server enthält, so bestimmt man sinnvollerweise einen Backup-Domain-Controller, der die Ausfallsicherheit erhöht. Dabei wird die Datenbank des Domain-Controllers mit Hilfe eines Replikationsdienstes regelmäßig auf dem zweiten Controller aktualisiert.

Eine Erweiterung der Verwaltung auf allgemeine Directory- und Security-Services, wie sie etwa Novell mit den Netware Directory Services bietet, steht noch aus. Bis zum Jahresende will IBM diese Dienste aber in den Warp Server aufnehmen. Für bereits ausgelieferte Server soll das Update kostenlos erhältlich sein.

Zusätzlich zu diesem weitgehend bekannten Angebot enthält der Warp Server eine neue Version von TCP/IP mit DHCP (Dynamic Host Configuration Protocol) und dynamischem DNS (DDNS, Dynamic Domain Name Service), eine umfangreiche Backup-Lösung, die Systemverwaltung SystemView, einen LAN Distance Connection Server mit 32 Ports, Print-Services, die beispielsweise PostScript in andere Formate konvertieren, sowie ein Netware-Gateway. Diese Neuigkeiten sind das eigentlich Spannende am Warp Server, so daß ich vor allem auf diese neuen Komponenten näher eingehe.

Anders als der LAN Server läßt sich der Warp Server 'in einem Rutsch' installieren. Dazu bootet man wie beim 'normalen' Warp von zwei Disketten. Nach der Basisinstallation folgen mehrere Auswahldialoge, um im einzelnen zu bestimmen, welche Komponenten man zu installieren wünscht. Schließlich präsentiert das Programm einen Konfigurationsdialog, in dem die ausgewählten Komponenten erstmalig eingestellt werden. Die anschließende Installation läuft völlig ohne Benutzerinteraktion ab, so daß man den Rechner sich selbst überlassen kann - so weit die Theorie. In der Praxis ergab sich das erste Problem auf einem Rechner mit NCR-SCSI-Hostadapter, als das System nach dem Booten partout das CD-ROM-Laufwerk nicht finden wollte. Dabei präsentierte es die lapidare Fehlermeldung: 'Die OS/2 Warp Server CD-ROM in das Laufwerk einlegen.' Für Benutzer ohne OS/2-Erfahrung hätte die Installation dann hier geendet; die CD-ROM lag schließlich schon im Laufwerk.

Das Problem ließ sich relativ leicht lösen: Auf der zweiten Diskette war durch Löschen einiger nicht benötigter Dateien ein wenig Platz zu schaffen, um den Basedev-Treiber für den nicht unterstützten NCR-SCSI-Controller zu kopieren und in die dort befindliche Config.sys einzutragen. Diese vergleichsweise einfache Anpassung führte danach aber zu einigen Folgefehlern, deren Zusammenhang nicht direkt zu erkennen war. Der neu hinzugefügte Treiber wird von der Installationsroutine klaglos auf die Festplatte kopiert, so daß zunächst alles in Ordnung zu sein scheint. Allerdings aktiviert sie nicht die für das Backup-Programm notwendige SCSI-Unterstützung in Form des Device-Management-Treibers OS2SCSI.DMD, die wiederum für die Installation des Bandlaufwerktreibers nötig ist. Schaut man in die Installationsskripte, dann erkennt man diese Abhängigkeit. Fazit: Man verwende ausschließlich zertifizierte Hardware oder richte sich auf erhebliche Nacharbeit ein.

Nicht in allen Fällen führen fehlende Treiber zu ähnlich unangenehmen Konsequenzen. Die Treiber für die 3COM-Netzkarte 3c590 konnten wie geplant während der Installation zugemischt werden. Dabei läßt das System schon zu dieser Zeit die Benutzung von Kommandozeilen oder der WPS zu. Auf diese Weise kann man problemlos nach fehlenden Treibern auf Diskette suchen, Verzeichnisse einrichten und Archive auspacken. Auch die Nachinstallation der Grafikkartentreiber für die ELSA Winner 2000 AVI verlief erwartungsgemäß unproblematisch.

Mit dem großen Run auf das Internet und der Zunahme interner Netze mit gleicher Technologie stellen sich den Netzwerkbetreibern ganz neue Herausforderungen. Dabei ist die Konfiguration einer großen Anzahl von Workstations mit IP-Nummern, Netmasks, Default Routern und Einträgen für eine Vielzahl von Servern (DNS, HTTP, FTP und andere) das entscheidende Problem. In diesem Bereich hatte IBM bislang lediglich das Boot-Protokoll zu bieten, mit dem sich ein Host beim Neustart eine passende IP-Adresse für seine Netzwerkkarte vom Server abholt. Optional konnte man noch einen DNS-Server erwerben, der die Auflösung von Hostnamen zu IP-Nummern und umgekehrt ermöglicht.

Das ändert sich jetzt mit dem Warp Server. Zum einen führt IBM endlich DHCP-Client und -Server ein, geht aber andererseits mit dem neuen DDNS-Server noch einen großen Schritt über das bisher Übliche hinaus. Ein DHCP-Client kann völlig konfigurationslos gestartet werden. Man muß lediglich einmal angeben, daß ein DHCP-Server vorhanden ist; beim Boot-Vorgang sucht der Client dann per Broadcast nach einem solchen Server. Befindet sich kein DHCP-Server im gleichen Segment, dann kann ein Agent auf dem Router diese Anfrage gezielt an den vorkonfigurierten Server weiterleiten. Von diesem Server erhält dann der Client alle erforderlichen Parameter. Für eine definierte 'Lease Time' erwirbt er eine IP-Nummer und eine Reihe anderer Einstellungen, die der Administrator des DHCP-Servers zuvor festgelegt hat. Mit diesen Parametern wird der TCP/IP-Protokollstack eingestellt; der Host kann nun auf das IP-Netz zugreifen.

Einer der üblicherweise vereinbarten Parameter bestimmt einen DNS-Server. Allerdings ist der neue Host selbst nicht bei diesem Server bekannt. Man hilft sich deshalb bei statischen DNS-Servern damit, eine ganze Reihe von Zuordnungen zwischen Hostnamen und IP-Nummern zu bevorraten. So sind dann etwa alle Nummern 192.168.1.??? unter den Namen HOST001??? eingetragen. Der Host selbst weiß aber von dieser Zuordnung nichts.

Der neue IP-Client, der mit dem Warp-Server ausgeliefert wird, fordert dagegen beim DDNS-Server einen neuen Eintrag seines Hostnamen an. Man kann beispielsweise eine Domäne 'mobil.ix.de' einrichten und alle Laptops, die ja üblicherweise öfter ihren Standort wechseln, automatisch beim DDNS-Server registrieren. Nach dem Bootvorgang fordert etwa der Host 'vowe' per DHCP eine IP-Nummer an und zeigt diese dann dem DDNS-Server an. Er erhält dann einen Eintrag auf 'vowe.mobil.ix.de' unter dieser Nummer. Jeder andere Host des IP-Netzes kann damit unter diesem Namen auch bei wechselnden IP-Nummern stets denselben Host erreichen.

Wenn ein Host zum ersten Mal gestartet wird und noch keinen Namen besitzt, dann fordert der Client einen Namen beim Benutzer an und wiederholt diese Anfrage, wenn der Benutzer einen bereits vergebenen Namen angibt. Gegen den Mißbrauch dieser Freiheiten enthält der DDNS-Server mehrere Vorkehrungen. So kann man etwa nur bereits registrierten Hosts einen Wechsel der IP-Nummer und damit einen geänderten Eintrag im DDNS-Server erlauben. Dabei prüft ein Schlüsselverfahren die Identität des anfragenden Hosts.

Mit Hilfe von DHCP und DDNS kann man so einen Host beliebig zwischen allen Segmenten eines TCP/IP-Netzes umziehen lassen, ohne die geringsten Änderungen an der Konfiguration vornehmen zu müssen. Bei der Neueinrichtung eines Hosts muß man lediglich einmal das bloße Vorhandensein der beiden Server angeben und einen Hostnamen eintragen.

Diese Bequemlichkeit gibt es nicht ganz kostenlos. Der DHCP-Server enthält zwar ein ganz brauchbares Konfigurationsprogramm; der DDNS-Server wird dagegen ganz klassisch wie jede andere BIND-Implementierung (Berkeley Internet Name Domain) über Parameterdateien in ETC\NAMEDB eingestellt. Das dürfte die haarigste Angelegenheit bei der Installation des Dynamic IP sein. Die von IBM bisher ausgelieferten TCP/IP-Stacks können mit DHCP und DDNS nichts anfangen (wohl aber mit DNS) und erfordern deshalb ein Update. Dieser neue Client liegt dem Warp Server allerdings bei. Beim Upgrade muß man aber eine Kleinigkeit im Auge behalten. Die Installationsroutine wertet die Umgebungsvariable ETC nicht aus, sondern geht stillschweigend davon aus, daß es sich um das Verzeichnis \MPTN\ETC handelt. Dort werden die Dateien protocols und services gepflegt und zwei neue Dateien dhcp.ini und dhcpcd.cfg angelegt. Sollte ETC auf ein anderes Verzeichnis zeigen, dann muß man diese Dateien von Hand nachführen.

Daneben enthält der Warp Server noch eine Suite von Systemmanagement-Tools, die unter dem Namen SystemView zusammengefaßt sind. Diese Werkzeuge vereinigen die Funktionen der bisher getrennt erhältlichen Produkte NetDoor, NetFinity, DCAF, NetView Distribution Manager und iFOR/LS. SystemView verwaltet nicht nur die Server, sondern auch alle Clients eines Netzes; die entsprechende Software liegt für DOS, Windows, Windows 95 und OS/2 bei.

Die Unterstützung des Netzadministrators beginnt bei der Einrichtung von Code-Servern, die automatisch Software im Netz verteilen und installieren können. Dazu kann SystemView auf allen Clients und Servern ein Inventar der installierten Hard- und Software pflegen. Diese Aktionen lassen sich durch einen Event-Scheduler automatisch und regelmäßig durchführen. Das Systemmanagement überwacht aktiv alle Rechner und löst Alarmmeldungen bei vorher bestimmten Ereignissen aus. So können etwa kritische Konfigurationsdateien überwacht werden. Der SystemView-Client unterstützt SNMP (Simple Network Management Protocol) und das schlankere DMI (Desktop Management Interface). Er reagiert selbständig auf Ereignisse, etwa das Über- oder Unterschreiten vorher festgelegter Schwellwerte. Auf diese Weise lassen sich Probleme, wie beispielsweise zur Neige gehender Plattenplatz, bereits im Vorfeld vermeiden. Der SystemView-Alert-Manager kann dabei schnell zum Big Brother wachsen. So läßt sich etwa überwachen, wenn der Zugriff zu einem Rechner verweigert wurde, ein Drucker offline geschaltet ist oder ein Benutzer eine kritische Datei ändert, löscht oder anlegt.

Speziell das Software-Inventory dürfte mancher Systemmanager als große Entlastung empfinden. Dieser Service sucht anhand eines Dictionary nach installierten Dateien und übernimmt alle erkannten Softwareprodukte in eine Datenbank auf. Unter OS/2 ist es anhand der Syslevel-Dateien besonders einfach, die genauen Versionen zu bestimmen. Aber auch andere Softwareprodukte lassen sich von Hand in das Dictionary einpflegen. Die auf NetFinity basierende Hardwareerkennung ist als Einzelplatzlösung bereits aus dem Bonus-Pak von Warp bekannt. Mit SystemView lassen sich diese Informationen von der Managementkonsole aus einsammeln, ohne dazu den Benutzer zu belästigen. Die Maschine kann dazu bis zur Prozeß- und Thread-Ebene analysiert werden. Zur Unterstützung des Benutzers oder für Wartungsarbeiten gibt es zudem einen Prozeßmanager und eine Fernsteuerung, mit der man den entfernten Client auch über das Netz steuern kann.

Im Gegensatz zu den Konkurrenten hat der Warp Server mit SystemView die derzeit umfangreichste Systemmanagementlösung bereits eingebaut. Die Einarbeitung in alle Funktionen fällt nicht leicht, zumal die Gestaltung und Integration der einzelnen Werkzeuge doch einiges zu wünschen übrig läßt. Das SystemView des Warp Server stößt an seine Grenzen, wenn das Netz so umfangreich wird, daß man es nicht mehr von einer einzelnen Konsole aus verwalten kann; für die Delegierung von Managementfunktionen (Manager of Managers) benötigt man ausgewachsenere Lösungen, wie etwa das SystemView auf der RS/6000. Außerdem darf man damit rechnen, daß hier bald ein Generationswechsel ins Haus steht. IBM hat 1995 den Software-Hersteller Tivoli Systems übernommen, der ein richtungsweisendes Client/Server-Management namens TME10 entwickelt hat. Dieses soll bei IBM mittelfristig alle anderen systemübergreifenden Managementlösungen ablösen.

Die Datensicherung war bei OS/2 bisher ein vernachlässigtes Thema. Selbst der LAN Server kam nur mit der archaischen Diskettenlösung Backup.exe daher. Der Markt für diverse Drittanbieter wird jetzt mit dem Warp Server etwas enger, da ebenfalls eine Server-Backuplösung integriert ist. IBM recycelt dazu den Namen 'Personally Safe and Sound'(PSaS); dabei ist das Backup-Programm des Warp Server aber nicht mit dem getrennt erhältlichen Produkt identisch. PSaS basiert auf dem 'Adstar Distributed Storage Manager' (ADSM), einer sehr umfangreichen Datenverwaltungslösung. ADSM bildet ein hierarchisches und zugleich transparentes Speichersystem von schnellen, vergleichsweise teuren Speichermedien bis zu langsameren und billigeren Medien großer Kapazität ab. Das kann von Festplatten über optische Laufwerke, Bandroboter bis zu manuellen Backup-Sets reichen. PSaS ist ein ADSM-Client. Der ADSM-Server kann über beinahe beliebige Netzverbindungen angesprochen werden. Für den Administrator des Warp Server bedeutet das im Idealfall, daß er als Speichermedium lediglich den ADSM-Server benennt, um die weitere Verwaltung dieser Dateien dann dem ADSM-Management zu überlassen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß sich auch DB2- und Notes-Server in dieses Konzept einbauen lassen. PSaS kann Backups auf ADSM-Server anstoßen (Push Modell); für den umgekehrten Vorgang (Pull Modell) - der ADSM-Server holt sich das Backup - benötigt man dagegen den vollständigen ADSM-Client. PSaS sichert außerdem nur den Server, nicht aber die Clients - es sei denn, man vergibt für jedes Client-Laufwerk ein Share, das der Server dann anspricht.

Auch in nicht vernetzten Umgebungen läßt sich PSaS einsetzen, da das Programm jeden beliebigen Datenträger wie Disketten, Festplatten, Wechselplatten und SCSI-Bandlaufwerke (8 mm, 4 mm, QIC und DLT) sichert. Die Administration geschieht über eine grafische Oberfläche, die nach meinem Geschmack zu viel Multimedia-Elemente abbekommen hat. Beim ersten Start wird der Benutzer von einer unbeholfen klingenden Frauenstimme erschreckt: 'Willkommen bei Warp Server Backup und Restore'. Danach begleiten weitere Nachrichten jede Aktion. Erfreulicherweise lassen sie sich ersetzen oder auch ganz abschalten.

Das Regelwerk für ein Backup (welche Dateien, wie, wohin) illustriert eine interessante Grafik. Dort folgen die Daten symbolisch einem Rohr, das man durch verschiedene Verarbeitungsstufen (Filter, Komprimierung, et cetera) verlegen kann. Sowohl für die Sicherung als auch die Wiederherstellung kann man beliebig viele dieser Regelwerke definieren. Diese Ereignisse führt dann auf Wunsch der eingebaute Scheduler automatisch durch.

An dieser Stelle merkt man wieder, daß IBM Lösungen aus mehreren Quellen integriert hat. Schließlich besitzt auch Systemview einen eigenen Event-Scheduler. Da wäre es an der Zeit, einen generischen Scheduler in OS/2 zu integrieren, dessen Service alle anderen Systemdienste nutzen können. Selbst ein einfacher cron-Server ließe sich bei Bedarf dann in kürzester Zeit mit einer ansprechenden Oberfläche versehen.

Ähnlich wie Microsoft mit dem NT Server will auch IBM mit dem Warp Server ein Stück aus dem großen Marktanteil von Novells Netware ergattern. Dabei helfen zwei Dinge: Zum einen kann der Warp Server über den eigenen Netware-Requester Ressourcen der Netware-Server nutzen und an die eigenen Benutzer weitergeben (NetWare File & Print Gateway). Zum anderen gibt es auf der zweiten CD ein 'Netware Migration Kit', mit dem man alle Bindery-basierten NetWare-Server in einem Rutsch umstellen kann. Das funktioniert auch mit NetWare-4.x-Servern, sofern diese mit Bindery-Emulation laufen.

Das NetWare-Gateway tritt beim NetWare-Server wie ein einzelner User auf und unterläuft damit dessen Lizenzzähler, so daß man im Prinzip bereits mit der kostenlosen Demo-Version auskommt. Das eigentliche Ziel des Gateways ist aber, den Netware-Requester auf den Client-Workstations überflüssig zu machen und sie dadurch zu entlasten. Umgekehrt kann der Warp Server bisher nicht von NetWare-Clients direkt angesprochen werden. Daher benötigt man wenigstens einen LAN-Requester, Warp Connect oder einen beliebigen Microsoft-Client oder -Server wie Windows für Workgroups, Windows 95, Windows NT Workstation oder Server. Clients für DOS, OS/2, Windows und Windows·95 sind im Warp Server bereits enthalten.

Bereits mit Warp Connect hat IBM einen LAN Distance Connection Client ausgeliefert, der als Gegenstück einen separat erhältlichen Server benötigte. Warp Server enthält nun diesen Server in einer Ausführung mit 32 Ports, die sich alle gleichzeitig nutzen lassen - vorausgesetzt, man verwendet eine Lösung, die 32 serielle Schnittstellen in einem Rechner betreiben kann. Mit dem Server liefert IBM nochmals den Client für OS/2 und jenen für Windows mit. Remote LAN Access, so der neue Namen, ist kein Router, sondern eine Bridge, die auf NDIS-Ebene einen virtuellen Netzwerktreiber bereitstellt. Dieser leitet den Netzverkehr über die Wählverbindung weiter. Für den Client ist bis auf die geringere Performance kein Unterschied zwischen dem Netzbetrieb und dem Betrieb über Remote LAN Access zu bemerken. Negativ bleibt anzumerken, daß diese Lösung eigene, proprietäre Protokolle benutzt (kein SLIP oder PPP), die nur die eigenen Clients nutzen können.

Für den Betrieb auf Laptops gibt es aber noch eine weitere nützliche Hilfe, die man gesondert von der zweiten CD installieren muß. Das sogenannte Mobile File Sync (MFS) ist ein Utility, das keine besondere Unterstützung durch den Server benötigt. Man kann es sich so vorstellen, als handele es sich um einen lokalen Cache von Serverdateien. Dazu vergibt der Benutzer für MFS eine lokale Ressource, die er mit einer Ressource des Servers verbindet. In dieser lokalen Ressource hält MFS eine virtuelle Kopie der Daten des Servers. Wenn der Benutzer den Laptop aus dem Netz nimmt, kann er weiterhin auf diese Dateien zugreifen, neue Dateien und Verzeichnisse anlegen oder alte löschen. Bei der nächsten Verbindung mit dem Server (auch über LAN Distance) repliziert MFS diese Ressource automatisch mit dem Server. Dabei erkennt und meldet MFS Replikationskonflikte, wie etwa parallele Änderungen während der Abwesenheit.

Am anderen Ende des Spektrums, der Welt der Großrechner und AS/400-Systeme, läßt sich das 'Print Service Facility/2' (PSF/2) einordnen. Mit Hilfe dieses Subsystems eröffnet sich dem LAN Server der Zugang zu den 'Advanced Function Printer' (AFP), die mit enormen Leistungen glänzen, wie zum Beispiel dem Ausdruck von 300 PostScript-Seiten pro Minute. Für kleinere LANs sind wohl eher die Managementfunktionen dieses Dienstes interessant sowie die Fähigkeit, PostScript auf PCL-Druckern auszugeben. Die für den Warp Server abgespeckte PSF/2-Lösung benötigt zur Verwaltung nicht die sonst erforderliche DB2-Datenbank. Für die entfernte Administration von HP-JetDirect- und Lexmark-Druckern gibt es auf der zweiten CD zusätzliche Utilities namens HP JetAdmin und MarkVision, mit denen sich der Zustand dieser Drucker überwachen läßt.

Warp Server ist eine ausgewachsene Lösung, die zu einem aggressiven Preis zahlreiche Management-Dienste bietet, die man noch beim LAN Server einzeln hinzukaufen mußte. Sofern der Server auf Hardware laufen soll, die IBM komplett durch mitgelieferte Treiber unterstützt, dann verläuft die Installation problemlos. Benutzer und Server lassen sich ebenfalls sehr einfach verwalten. Dennoch gibt es eine Reihe von verbesserungswürdigen Details. Die Bedienung von SystemView ist sehr gewöhnungsbedürftig. Hier wünsche ich mir eine bessere Integration in die Verwaltungsoberfläche. Derzeit ist der Warp Server noch an die Domänenverwaltung gebunden; die umfassenden Directory- and Security-Services (DSS) sind noch nicht fertiggestellt und sollen als kostenloses Update noch dieses Jahr nachgeliefert werden.

Die geplante Weiterentwicklung hat IBM auch schon angekündigt. So wird Warp Server in Zukunft auch SMP-Plattformen unterstützen. Der LAN Server Client wird direkt auf Sockets laufen und wächst damit zur nativen TCP/IP-Anwendung. Remote LAN Access will IBM um Standardprotokolle erweitern. Schließlich soll es auch möglich sein, den Server direkt von einem Netware-Client aus zu nutzen. Im gleichen Zug soll es auch eine erweiterte Unterstützung von Windows 95 und Windows-NT-Workstations geben.

IBM zeigt sich bisher sehr zufrieden mit der Resonanz auf den Warp Server und meldet stolz, bereits bis Ende April 50·000 Exemplare verkauft zu haben. Dabei wird aber nicht genauer angegeben, wieviele dieser Verkäufe auf Upgrades bereits verkaufter LAN Server entfallen.

Ergänzende Lektüre: Erste Beta-Version von OS/2 Merlin (c´t 8/96) ()