Prozessorgeflüster

Keine Frage, die Terrorereignisse in den USA überschatteten alles. Unter den Tausenden von Opfern sind auch zahlreiche Mitarbeiter der IT-Szene zu beklagen - so verlor die deutsche CAD-Firma BCT ihre komplette Führungsriege. Die Branche sagte viele geplante Veranstaltungen ab, darunter Apple-Messe die Mac Expo in Paris.

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Von
  • Andreas Stiller

Zu den abgesagten Veranstaltungen gehörte auch das VIA Technologie Forum, das am 13. September in München stattfinden sollte. Zuvor hatte VIA das Forum in Taipeh und Tokio und noch kurz vor der Katastrophe in Peking durchgeführt, wo der Chiphersteller den C3-Prozessor mit 866 MHz (mit Ezra-Core) vorstellte.

VIA-Chef Wen-Chi Chen wollte auch in München die neueste Roadmap erläutern und vor allem über die aktuelle Lage im Patentrechtskonflikt mit Intel berichten. Denn die hatte sich ein paar Tage vor dem 11. September drastisch zugespitzt. Nachdem Intel in Delaware Klage gegen VIA wegen Patentverletzung eingereicht hatte, wonach die Chipsätze P4X266 und P4M266 gegen vier Intel-Patente verstoßen würden, ging VIA nur zwei Tage später in die Offensive: ‘Intel hat keine Lizenz von VIA für den Pentium-4-Prozessor oder den i845-Chipsatz’ - so VIAs Marketing-Manager Richard Brown. Und daher hat die taiwanische Firma Intel mit einer Fülle von Klagen vor taiwanischen und amerikanischen Gerichten überhäuft, klagt Patentverletzungen an und fordert Schadenersatz. Hinzu kommt eine Klage wegen Verstoßes gegen das ‘China Fair Trade’-Gesetz, die ihre Brisanz vor allem durch die beantragte einstweilige Verfügung bekommt, gegen Intel einen Lieferstopp nach Taiwan zu verhängen.

Nahezu 90 Prozent der Welt-Board-Produktion findet in Taiwan statt - ein Einfuhrstopp könnte Intel das Weihnachtsgeschäft also mächtig verhageln. So schlecht sind VIAs Karten auch in den angestrengten Patentprozessen nicht, denn mit dem Aufkauf der Prozessorfirmen Cyrix, Centaur und Exponential (via Tochterfirma S3) verfügt VIA - neben eigener Chipsatz-Patente - über mehr als 150 Patente rund um die Prozessortechnik. Es dürfte schlechterdings kaum machbar sein, einen Prozessor zu konstruieren, der nicht das ein oder andere dieser Patente zumindest ‘berührt’.

Doch Fachleute sind sich einig: So weit wirds nicht kommen. Dem lauten juristischen Klagegerassel dürfte eine stille, einvernehmliche Einigung im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung folgen.

Beim Thema Prozesse und Patentrecht fällt einem irgendwie auch gleich die Firma Rambus ein. Und tatsächlich gibt es auch hier Neuigkeiten. Zum einen soll laut Presseberichten jetzt die Federal Trade Commission (FTC) gegen Rambus (übrigens auch gegen Sun) eine Untersuchung darüber eingeleitet haben, ob die Firma gegen Wettbewerbsbestimmungen verstoßen habe, zum andern hat Rambus jetzt ein Patentaustauschabkommen mit Intel abgeschlossen. Dieses Abkommen erschließt Intel die Nutzungsrechte an sämtlichen Rambus-Patenten - auch wenn deren Gültigkeit teilweise umstritten ist. Im Gegenzug gibt Intel Rambus 10 Millionen Dollar pro Quartal sowie Zugang zu allen Patenten, die das ‘High-Speed Interface’-Geschäft betreffen.

Intel ist zurzeit ohnehin wieder auf Einkaufstour. Nicht nur, dass das Halbleiterhaus für 300 Millionen Dollar Aktien aufkauft (natürlich die eigenen ...) - nein, es sind vor allem auch qualifizierte ‘Human Resources’ gefragt. Nach dem überraschenden Deal mit Compaq, mit der Übernahme der Alpha- und Compiler-Entwickler, war nun Compaq-Neubesitzer Hewlett-Packard der Geschäftspartner. Gut 100 HP-Ingenieure sollen zu Intel wechseln und dort den Server-Chipsatz für McKinley-Itanium weiterentwickeln.

Bei Chipsätzen für Itanium ist übrigens auch IBM vorneweg mit im Rennen. Der ehemalige IT-Spitzenreiter hat hierfür reichlich Spitzen-Know-how aus der Mainframe-Ecke, die so genannte Summit-Technologie, herangezogen, welche sowohl für 32-Bit-Xeons als auch für den McKinley genutzt werden soll. Dazu gehören schnelle Speicher- und I/O-Switches, umfassendes Power-Management, Speicher-Mirroring sowie Speicher-Komprimierung.

Doch auch IBMs hausinterne Server-Konkurrenz schläft nicht. Gerade hat die Power-Fraktion für den heiß umkämpften Midrange-Server-Markt den neuen eServer p660-6M1 mit acht Power-RS64-Prozessoren mit jeweils 750 MHz vorgestellt. Und mit Spannung wartet man hier weiterhin auf den für dieses Jahr angekündigten Monsterprozessor Power4. Dieser vor zwei Jahren vorgestellte und mit viel Vorschusslorbeeren überschüttete Prozessor steht jetzt ante portas: Anfang Oktober will ihn IBM in einem Highend-System der pSeries (Codename Regatta) endlich herausbringen. Und auf dem Mitte Oktober stattfindenden Microprocessor Forum will IBMs Chefentwickler Bradley McCredie weitere Einzelheiten zum Power4-Prozessor bekannt geben.

Wegen der Fülle an Beiträgen (AMD Hammer, Sun UltraSparc IIIi und V, Intel Banias, Transmeta 1-GHz-Crusoe, ARM v6 und so weiter ) wurde dieses Forum kurzfristig um einen halben Tag verlängert. Kein Wunder, glänzt Intel doch gleich mit insgesamt sieben Beiträgen zu den verschiedenen Prozessorlinien von xScale bis zu Itanium. Am spannendsten dürfte dabei Intels Special Presentation zu der ‘10-GHz-PC-Plattform-Herausforderung’ sein.

Unklar ist, ob Motorola auf dem Forum mit Neuigkeiten zum geheimnisvollen G5-Prozessor (PPC8500) aufwarten wird. Der soll sich jetzt gerade im ‘Tape-out-Stadium’ befinden und mit seiner zehnstufigen Pipeline einen Prozessortakt zwischen 800 MHz und zunächst 1,6 GHz Takt ermöglichen. Mit 58 Millionen Transistoren - so berichtet das britische Insidermagazin ‘the register’ - wäre er etwa doppelt so mächtig wie der aktuelle G4. Vorher will Motorola aber noch den G4-V3.0 (Codename Apollo) herausbringen, der als Mobile-Prozessor die Gigahertz-Grenze knacken soll. Mehr hätte man vielleicht auf der Apple-Messe erfahren - doch die wurde angesichts der Ereignisse abgesagt. (as) (as)