Meuchelmörder im Klassenkampf: Assassin's Creed Syndicate angespielt

Morgen erscheint eine neue Folge der Spielserie um die historischen Meuchelmörder. Wir haben einen Blick auf die fertige Version geworfen und nach grafischen Anomalien gesucht.

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Angespielt: Assassin's Creed Syndicate

(Bild: Ubisoft)

Lesezeit: 3 Min.

Was macht man als Spiele-Hersteller, wenn die eigene Top-Serie im vergangenen Jahr mit Karacho vor die Wand gefahren ist und man trotzdem eine neue Folge nachschieben soll? Man leckt seine Wunden und backt einfach mal kleinere Brötchen, konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen und vermeidet allzu große Experimente. So ist Assassin's Creed Syndicate, das morgen für Windows, PS4 und Xbox One erscheint, denn auch keine große Blockbuster-Produktion wie noch Teil 2 oder 3, sondern eher eine serientaugliche Episode wie das letztjährige "Rogue", die ohne epische Kamerafahrten und das ganze Brimborium auskommt.

So begrüßt denn auch zum Start eine Agentin den Spieler kurz und knapp wie eine Nachrichtensprecherin: Im London des späten 19. Jahrhundert müsse man Edensplitter suchen und vor den Templern sichern. Und schon geht's los – ohne langwierige Animus-Erkundungen.

Assassin's Creed Syndicate (9 Bilder)

Zur Bewerbung des Spiels hat Ubisoft dutzende Screenshots für die Presse vorbereitet. Das echte Spiel sieht zwar nicht ganz so gut aus, ist aber zumindest auf der PS4 frei von grafischen Anomalien, die den Vorgänger quälten. (Bild: Ubisoft)

Der Spieler muss mit einem Geschwisterpaar eine Untergrund-Gang aufbauen, die sich gegen die fiesen Kapitalisten erheben soll, die Kinder in ihren Fabriken ausbeuten. Allzu viel schwingt vom alten Marx aber nicht mit, in den sehr aktionlastigen Missionen. Die laufen meist nach Schema F ab: Der Spieler soll einen Fabrikeigentümer / hinterhältigen Arzt / vermeintlichen Templer ermorden, rennt dazu durch die Gassen / über die Dächer Londons, haut sich zwischendurch mit (zu vielen) marodierenden Raufbolden, erledigt sein Ziel und versucht über die Dächer / durch die Gassen wieder zu entkommen. Zwischendurch gibt es noch Kutsch- und Zugfahrten und das obligatorische Aufrüsten mit neuen Messern in der Räuberhöhle.

Das Ganze läuft trotz nervöser Kameraführung und kleineren Steuerungsproblemen vergleichsweise flott, wird aber bereits nach wenigen Stunden repetitiv. Das liegt nicht nur an den ähnlichen Missionen mit ihren ermüdenden Raufereien, sondern auch an den sich quälend wiederholenden Sprach-Samples, die die Raufbolde und Stadtbewohner in Endlos-Schleifen von sich geben. Die Atmosphäre leidet zudem unter den steifen Animationen und der schwachen Mimik der Figuren, deren Lippenbewegungen nicht zur deutschen Synchronisation passen.

Zwar konnten wir in den ersten Stunden keine expliziten Grafikfehler entdecken, grafisch und akustisch wirkt Syndicate aber eher wie ein mittelprächtiger PS3/Xbox360-Titel als ein Vorzeige-Spiel für die neueste Konsolengeneration. Immerhin fiel der erste Patch der getesteten PS4-Version (1.11) mit etwa 600 MByte erfreulich klein aus.

Mit Syndicate verabschiedet sich Assassin's Creed vom Anspruch, große kinoreife Blockbuster-Abenteuer auf Konsolen und PCs zu bringen. So hat sich Ubisoft offenbar entschieden, in den jährlichen Aufgüssen kleinerer Geschichten mit einer fokussierteren Spielmechanik zu produzieren, die nicht mehr so fehleranfällig sind. Das ist sicherlich keine schlechte Entscheidung, denn Fans der Serie werden durchaus unterhalten, wenn sie die Kapitel in kleineren Dosen spielen. Sie finden hier aber nichts, was sie nicht schon zur Genüge kennen würden und was das Genre durch Innovationen weiter vorran bringen könnte.

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Update 23.10.15, 11:10 Uhr: Die PC-Version von Assassin's Creed soll laut Ubisoft erst später, am 19. November 2015 erscheinen. (hag)