Die Gebote des Imperiums

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christian Persson
Thou shalt not take
the name of the
LORD thy God in
vain: for the LORD
will not hold him
guiltless that
taketh his name in
vain.
(Moses 5,11)

Am Anfang war das Wort. Und wer sich nicht danach richtet, wird bestraft. Das Wort heißt "Intel Trademark Guidelines" und besagt, auf den Namen PENTIUM dürfe kein anderer Begriff folgen als Architektur, Chip, Die, Logo, Mikroprozessor, Prozessor oder Technologie.

Pentium-Computer gibt es also gar nicht, es ist wirklich der Pentium-Prozessor ganz alleine, bekannt aus der TV-Werbung, der CD-ROM-Datenbanken öffnet und mit uns im Internet surft. Bei den angeblich von Intel entwickelten Pentium-Chipsätzen handelt es sich wohl um Zeitungsenten von c't. Pentium-Rechenfehler und Pentium-Fälschungen dürften so nicht genannt werden, mögen sie auch irgendwo hinter dem Komma vorkommen. Auch die notorisch überhöhten Pentium-Preise wären kein Thema.

Die eigenen Gebote über die Rede- und Pressefreiheit, so hätte es Intel offenbar am liebsten. Robert Collins, der seine Web site "Intel secrets" mit einem verdrehten Intel-Logo schmückte, wurde mit teuren Gerichtsprozessen bedroht. Als Privatmann konnte Collins das nicht riskieren; jetzt heißt die Seite "x86 Monthly Digest" und liest sich auch so. Wegen unbotmäßiger Mißachtung der angeordneten Termine für Berichte über MMX und Klamath wird derzeit c't unter Druck gesetzt. Aber gegenüber einer Redaktion, die gut ohne "Zusammenarbeit" zurechtkommt, ist der Zorn des Imperiums natürlich nur heiße Luft.

Ganz anders ergeht es denen, die als Händler im PC-Markt mitspielen. Da stehen Warenzeichen- und Wettbewerbsrecht zu Gebote, deren Ausflüsse ja manchmal jeglicher Vernunft Hohn sprechen. Woraus sonst Winkeladvokaten ihren Reibach schlagen, das eignet sich in den Händen eines geldstrotzenden Konzerns, der kein Kostenrisiko mehr kennt, gut als juristische Keule. Intel benutzt sie gegen Händler, die Prozessoren von AMD oder Cyrix in unerwünschte Analogie zum Pentium setzen, und gegen die eigenen Kunden. Wir hörten sogar von dem Fall einer Firma, die ein Viertel ihres Umsatzes "mit Intel macht", im Klartext: dort abliefert.

Wer etwa Motherboards anbietet und sie in Preislisten oder Inseraten im üblichen Telegrammstil auflistet ("Pentium-MB ATX Asus xxx", "Gigabyte-yyy PentiumPro", "Tyan Dual Pentium zzz" ...), muß mit einer teuren Abmahnung rechnen. Daß so nur die Bauart beschrieben wird, erkennt zwar jeder, der sich für Boards interessiert, aber Richter gehören ja normalerweise nicht dazu. Angesichts von Kosten in Höhe von 13 000 Mark für die erste Instanz ist Gegenwehr kaum zu erwarten.

Will das Imperium uns damit demonstrieren, wer der Herr im Markte ist? Ist das Geldscheffeln langweilig geworden, weil zu leicht?

Mag sein. Aber Intel hat auch durchaus Grund zu panischer Besorgnis um seine Trademarks, weil sie so wenig Substanz besitzen. "Pentium" ist nur der Name eines von mehreren Prozessoren der fünften Generation; die Chips von Cyrix/IBM und AMD unterscheiden sich de facto kaum von Intels Produkt. Außer in den Preisen. Und die zählen in einem Markt, in dem die meisten von der Profitmarge ihres Prozessorlieferanten nur träumen können, auf die Dauer mehr als das hohle Image des einen Namens.

Um das Logo "Intel inside" zu etablieren, hat Intel mehr als zwei Milliarden US-Dollar ausgegeben. PC-Markenhersteller werden dafür bezahlt, daß sie das Logo in ihrer Werbung zeigen und dem dummen Konsumenten suggerieren, es handle sich um ein Qualitätsmerkmal, auf das sie stolz seien. Aber die Wahrheit, daß die Pentium-Ersatztypen zumindest ein besseres Preis/Leistungsverhältnis und Konkurrenten wie DECs Alpha und der PowerPC die überlegene Technik besitzen, läßt sich so nicht aus der Welt schaffen.

Die x86-Architektur ist ausgereizt, und bis zum P7 hat Intel noch eine lange Durststrecke vor sich; diese Zeitspanne könnten die Wettbewerber nutzen. Daß Intels Vormachtstellung dadurch in Gefahr geriete, ist zwar überhaupt nicht zu erwarten, aber anscheinend löst dort schon die Vorstellung, die Zuwachsrate könnte sich abflachen, Panik aus. Die drakonischen Maßnahmen gegen den Handel allerdings sind das falsche Mittel zur Vorbeugung: Wer ihnen ausweichen will, schreibt jetzt "586", "P5" oder "P6" in seine Liste. Und so wird mit der Zeit auch dem letzten Kunden klar, daß es keinesfalls immer ein Pentium sein muß.

Christian Persson (cp)