Tagebuch des US-Präsidenten William H. Gates III

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Egbert Meyer

Durch ein Sicherheitsleck im Microsoft-Server gelangt im Jahr 2005 das Magazin Osk@r an die geheime Tagebuchdatei des US-Präsidenten William H. Gates III. Die seit 2002 täglich erscheinende Computerzeitung c't veröffentlicht vorab die brisantesten Passagen:

19.4.97: Koche vor Wut. Steve (Ballmer, d. Red.) behauptet, daß unsere Großkunden diesen anderen Browser nehmen. Unglaublicher Loyalitätsbruch! Wer ohne Explorer surft, ist unser Feind. Steve knöpft sich die Burschen jetzt telefonisch vor.

5.8.1997: Auf der Party bei Steven (Spielberg, d. Red.) ein Desaster abgewendet. Paul Grayson (Micrografx-CEO, d. Red.) riß dumme Witze. Einen über mich: "Es gibt nur einen Menschen, der weniger Freunde hat als Gates", gab er zum besten. "Und das ist Saddam Hussein." Großer Brüller. War empört! Wahllos eine Nummer ins Handy gehackt. Große Überraschung: Steve (Jobs, d. Red.) meldet sich. Wollte mich abwimmeln. Als ich ihm anbiete, ein paar Apple-Aktien zu kaufen, ist er gerührt. Nennt mich "dear old friend". Will das morgen auf der MacWorld Expo wiederholen. Grayson ist ein Versager. Von wegen Saddam Hussein.

26.10.97: Wieso geben wir eigentlich Millionen für Pressearbeit aus? Hatte Max (Murray, d. Red.) zwei Leitsätze für eine Pressekonferenz diktiert: "1. Wer gegen uns ist, kriegt kein Windows mehr. 2. Über Justizministerien verhängen wir ein weltweites Embargo." Doch was macht Max? Der Presse sagt er: "Egal was Washington macht, egal was die Konkurrenz macht, wir gewinnen." Unglaubliche Disziplinlosigkeit! Max sofort zu mir beordert. Wird nicht mal rot. Sagt, inhaltlich habe er genau meine Worte wiedergegeben. Nennt das Rhetorik.

15.1.1998: Schlecht geträumt. Zunächst starken Auftritt gehabt und mit MS-Software eine gigantische Multimedia-Web-Site gebaut. Meine Keynote zur Weltwirtschaft dazugepackt. Brillante Rede: "Das Web muß endlich ins Fernsehen". Dann kostenlose Set-top-Boxen an 200 Mio. MSN-User verteilt (unbedingt Ballmer informieren: Abo-Preis muß rauf!) und die Botschaft über MS-Web-TV weltweit ausgestrahlt. Leider lausige Quoten. Netscape hat zeitgleich gesendet: Wollen gegen uns klagen. Wieso nehmen das alle so wichtig? Können die nicht zwischen Fakten und Schaumschlägerei unterscheiden? Sehe Verzögerungen für meinen globalen Medienkonzern.

14.10.2002: Endlich am Ziel! Netscape ist 100prozentige MS-Tochter. Glückwunschtelegramm von Saddam (Hussein, d. Red.). Auch Aufkäufe von CBS, BBC und der Bank of Tokyo sind Volltreffer. Noch besser entwickelt sich die Deutsche Telekom. Haben ihre Gebühren prima im Griff. Muß Ron (Sommer, d. Red.) fragen, wie wir das auf MSN übertragen können.

11.12.2002: Gestern mit Rupert (Murdoch, d. Red.), der das Handbuch zu Windows 02 redigiert, alten Chaplin-Film gesehen. Charlie balanciert Weltkugel auf dem Finger, tanzt verzückt durch den Raum. Spricht merkwürdigen Dialekt - verstehe immer nur das Wort "Sauerkraut". Übrigens hat Rupert ganz recht: Unsere Büros im Weißen Haus sind lausig. Er hat aber eine geniale Idee, wie wir an bessere kommen können ...

Egbert Meyer (em)