Große Schritte

Ob per Funk oder drahtgebunden, die Zahl und Art der Infobahn-Boliden nimmt auf breiter Front zu.

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Von
  • Dusan Zivadinovic

Trotz sehr vieler Produktneuvorstellungen stand die CeBIT im Bereich der Telekommunikation im Zeichen wichtiger Ankündigungen. Doch der eigentliche Messeknüller war für die Fachleute schon gar keiner: Erstmals auf der CeBIT präsentierte Northern Telecom die Datenübertragung über Stromnetze - jetzt einen Schritt näher an der Marktreife. Das bereits im Oktober 97 vorgestellte System könnte vielleicht noch in diesem Jahr größere Pilotprojekte zeitigen und im nächsten erhältlich sein.

Wahlweise mit Ethernet- oder USB-Schnittstellen ausgestattet, soll das nunmehr DPL 1000 getaufte System mindestens 1 MBit/s übertragen können und PCs, Macs oder auch Unix-Workstations über 230-V-Leitungen ans Internet anschließen. Auch die deutsche Firma PolyTrax arbeitet an einem eigenen System (c't berichtete).

Die technischen Hürden scheinen genommen, die Entwicklung der Vermarktung hinkt aber hinterher. Europäische Elektrizitätsgesellschaften, nur in puncto Stromversorgung erfahren, tun sich mit LAN- und WAN-Vernetzungen noch schwer. Doch die sogenannte Powerline Data-Transmission lockt die Stromkonzerne als neue Einnahmequelle.

Konventionell über Telefonleitungen überträgt dagegen das sogenannte ADSL je nach Variante bis zu 9 MBit/s. Obschon die ersten Entwürfe vor Jahren ihre Infobahntauglichkeit bewiesen, schickt sich die Technologie nur langsam an, die Labors zu verlassen. Ob Texas Instruments, Nokia oder Orckit, um nur einige zu nennen, erst jetzt entwickelt man preiswert zu installierende Geräte. Entsprechend will zum Beispiel die Telekom in wenigen Jahren ein flächendeckendes ADSL-Angebot realisieren.

Schwerer haben es die Modems für das TV-Kabelnetz, denn obgleich mit bis zu 40 MBit/s deutlich schneller, wagen sich die Kabel-TV-Gesellschaften nur zögerlich auf das unbekannte Terrain.

Auch noch wohlklingende Zukunftsmusik ist die schnellere Datenübertragung im Mobilfunk. Die nächstjährige Handy-Generation, mittels WAP (Wireless Application Protocol) zur Web-Tauglichkeit evolviert, wird entsprechend dem GPRS-Standard den Internet-Zugang mit variablen Geschwindigkeiten beherrschen.

Schon im nächsten Jahr, so Norbert Niebert von Ericsson, könnten die Netzbetreiber D1, D2 und E-Plus ihre Netze um GPRS erweitern (General Packet Radio Service). Der Clou: Die Datenverbindung ist durchgängig IP-basiert, so daß ein GPRS-Handy ständig im Internet eingebucht sein kann - ohne einen teuren Sprachkanal zu belegen. Zum Beispiel soll man so Mail rund um die Uhr empfangen können.

Endlich sollen auch die Verbindungspreise sinken. Dank des paketorientierten Verbindungsprotokolls können Netzbetreiber einen Kanal der Bandbreite von jetzt 9,6 kBit/s oder später 14,4 kBit/s auf mehr als einen Anwender aufteilen, und so Ressourcen sparen. Höhere Bandbreiten erreicht der ETSI-Standard durch Kombination von bis zu acht Kanälen.

Bis dahin gibt es die Funkkommunikation standardgemäß mit maximal 9,6 kBit/s. Fritz!GSM aus dem Hause AVM ist zum Beispiel ein Produkt für diese Kategorie. Als ein in Software realisierter GSM-Adapter für Siemens-Handys S10, S11 und E10D, enthält er zum Beispiel Software für Faxkommunikation oder auch für den Internet-Zugang und soll 350 Mark kosten. Ericssons GC 25 ist dagegen ein konventioneller GSM-Adapter in PC-Card-Bauweise. Neben Fax, Daten und SMS überträgt das Kärtchen auch Sprache - ebenso wie schon im letzten Jahr von Option vorgestellt, mittels im Notebook integrierter Soundkarte, Mikrofon und Lautsprecher.

Drahtlosen Internet-Zugang beherrscht auch die zunehmende Zahl an Handheld-PCs mit integriertem Handy. Während Nokia für August mit der Version 9110 den Nachfolger des Communicator 9000 ankündigte, stellte Samsung mit dem SCS100 zunächst die Studie eines solchen Web-tauglichen Winzlings vor. Als Dual-Mode-Handy meldet sich der koreanische Klein-PC unter derselben Nummer sowohl schnurlos am Festnetz wie auch im Mobil-Netz - vorerst aber noch nicht GSM-kompatibel. Eine Nummer für beide Netze propagierte auch Ericsson - im Gleichschritt mit den Netzbetreibern D1 und E2.

Konkreter dagegen der Start des vierten Mobilfunknetzes E2 - der Betreiber Viag Interkom peilt den regulären Betrieb für den Sommer in acht Ballungszentren an. Passend dazu planen mit Ericsson, Mitsubishi und Panasonic drei weitere Hersteller Dualband-Geräte für GSM 900 (D-Netze) und GSM 1800 (E-Netze). SH 888 respektive MT-D30 sollen die Handys heißen; Panasonic hat noch keinen Namen bekanntgegeben.

Bemerkenswert auch eine kleine aber durchdachte Weiterentwicklung der Internet-Telefonie. Mit PhoneDoubler von Ericsson soll kein Anrufer mehr auf ein Besetztzeichen stoßen, wenn der Angerufene im Web surft - spezielle Technik soll den Anruf in ein IP-Gespräch wandeln und zum entsprechend ausgerüsteten PC des Surfers leiten.

Eher in gewohnten Bahnen verläuft die Entwicklung der Modems und ISDN-Adapter. Kurz nach Verabschiebung des ersten V.90-Entwurfs liefert man hüben wie drüben entsprechende Flash-ROM-Dateien (Elsa, Telelink oder auch 3Com). Einen schon bekannten Trend hat nunmehr auch Elsa aufgegriffen und stellte mit dem Office-Modell ein Gerät mit Faxspeicher und Anrufbeantworter vor.

Wie erwartet wuchs das Angebot an ISDN-Adaptern für die USB-Schnittstelle (S. 34). Vor Jahresfrist kreierte Hagenuk mit dem SpeedDragon eine Tk-Anlage mit integriertem ISDN-Adapter. AVM folgt dem Beispiel mit Fritz!X PC und lieferte obendrein eine Überraschung: Der passive ISDN-Adapter A1 IrDA wird drahtlos über die Infrarot-Schnittstelle an den PC angeschlossen und soll für 450 Mark zu haben sein. (dz) (dz)