Das fängt ja gut an

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Das fängt ja gut an, das neue Jahr: "Sind bei Ihnen Mitarbeiter in der Überzahl?" fragt Microsoft treuherzig im hauseigenen Internet Newsletter. Eigentlich wollen unsere Lieben aus Redmond aber wissen, ob es in der Firma etwa mehr Mitarbeiter als Software-Lizenzen gibt.

Andere Seiten müssen aufgezogen werden, um das illegale Kopieren von Software in den Griff zu bekommen. Gates führt in angeblichen Raubkopiererhochburgen die Zwangsregistrierung ein. Sein Kollege Marco Börries, der kleine Gates aus Deutschland, ist sogar schon einen Schritt weiter. Ob auf CD gekauft oder kostenlos aus dem Web gezogen, ob in Hintertupfingen bezahlt oder in New York vom Server geladen, ohne Registrierung geht bei Star Office gar nichts.

Kein schlechter Schachzug, die Anwender mit kostenloser Software an die Freuden der Zwangsregistrierung zu gewöhnen. Das Mantra der Hersteller, Registrierung bringe nur Vorteile, glaubt angesichts überlasteter Hotlines, kostenpflichtiger Service-Programme und völlig ahnungsloser Support-Mitarbeiter sowieso kein Mensch mehr.

Ob die Hotlines durch Zwangsregistrierung aber besser, die Software fehlerfrei, die Updates kostenlos werden? Wer´s glaubt, wird selig: automatische Bug-Fixes, Hilfe per EMail, Telefon-Support umsonst und kostenlose technische Informationen sind vielleicht Wunschträume der Anwender, aber nicht der Hersteller. Statt dessen gibt´s neue Bürden für die User: Ohne Online-Zugang keine funktionsfähige Software mehr - die Gebühren dafür übernehmen die Hersteller wohl kaum. Und wer doch ohne Internet-Anschluß etwa am Wochenende installieren will, steht vor verschlossenen Türen beziehungsweise nicht besetzten Telefonen.

Sind erst einmal alle Anwender zwangsregistriert, ist es ein leichtes, auf eine Leasinggebühr oder gar ein Pay-per-Use-System umzustellen: Die Daten sind da, die Anwender haben sich daran gewöhnt. Die Leihgebühr macht man uns Dummerchen mit niedrigen oder gar nicht vorhandenen Einstiegskosten schmackhaft - bei den Handys hat es ja auch funktioniert. Erinnert sich noch jemand daran, daß Börries schon vor einiger Zeit von Software-Leihgebühren fabulierte?

Ob online registriert oder per Telefon und Fax: Weniger Raubkopien, neue Lizenzmodelle und Direkt-Marketing füllen die Kassen unserer Software-Mogule. Mit dem Verkauf all der schönen Kundendaten erschließen sie sich gleich noch ein Geschäft, das schnell Milliarden einbringen kann. Und die Anwender sind so schlau wie zuvor - Word oder StarWriter sind instabil wie eh und je, Hilfe finden sie auch keine, dafür sind Briefkasten und EMail-Folder mit noch mehr Werbung zugemüllt.

Ihr wollt also mehr verdienen, uns mehr Mühe machen und weniger Rechte einräumen? Ohne Gegenleistung? Also wenn ich es mir recht überlege, reicht die alte Office-Version ja noch ein paar Jahre. Auf Leihgebühren, Werbe-EMails und unübersehbare Folgekosten läßt sich getrost verzichten. Sollen Gates und Börries sich ihre neuen Office-Pakete doch gegenseitig andrehen.

Das hört vielleicht gut auf, das neue Jahr: Mögen die Zauberlehrlinge der Software-Industrie die Geister, die sie riefen, nicht mehr loswerden - und an der eigenen Gier ersticken.

Jürgen Kuri

(jk)