Leben ohne A-Doppelpunkt

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Carsten Meyer

Leben ohne A-Doppelpunkt

Also, wenn Sie meine Meinung hören wollen: Ich frage mich ja ernsthaft, womit Apple den derzeitigen Erfolg verdient hat. Wäre die Firma vor 15 Jahren eingegangen, würde heute kein Hahn mehr danach krähen, und eine Menge Ärger wäre uns PC-Nutzern erspart geblieben. Wenn ich diese Schnösel schon sehe mit ihren unfähigen Spielzeugkisten. Tun so, als wäre die grafische Benutzeroberfläche auf ihrem Mist gewachsen und das einzig Seligmachende. Von wegen. Hat uns der ganze Aufwand mit teuren Grafikkarten und muckelnden Treibern denn etwas genützt? Gucken Sie doch mal rein in C-Doppelpunkt-Windows-Schräger-System. Das reinste Chaos, wie früher mit Dir-Schräger-Dos, nur jetzt auch noch mit kleinen bunten Bildchen drumherum. Wenn das Fortschritt sein soll ... Zum Glück heißt die Festplatte bei Microsoft immer noch C-Doppelpunkt und nicht "Anettes Endlager" oder "Rudis Reste" wie bei den Mac-Heinis, sonst würde man rein gar nichts mehr wiederfinden auf der von QuickTime-Schrott und Multimedia-Müll verstopften Platte.

Oder denken Sie nur an dieses unsägliche Plug & Play, wohl auch eine Apple-Erfindung. Daß so etwas nicht funktioniert, sieht man deutlich an meinem Windows-PC. Heinz und ich brauchten fünfeinhalb Stunden, eine Kiste Bier und die Profi-Treibersammlung auf zwei CDs (übrigens ein echtes Schnäppchen: 29,95 bei Kaufglück), bevor die Installation der neuen Soundkarte perfekt war. Aber wir PC-Besitzer sind ja sehr gesellig, und so schnell geben wir nicht auf. Selbst ist der Mann! Alles Weicheier, die da nicht eigenhändig beigehen. Heinz sagt, in seiner Firma hätte ich für diese Aktion wenigstens 600 Mark springen lassen müssen. Wahnsinn, was wir da gespart haben. Muß Heinz nur noch mal fragen, warum neuerdings bei jedem Einschalten die Hardwareerkennung hochkommt, angeblich wegen des neuen Modems. Dabei habe ich gar keins.

Und jetzt kommt Apple auch noch mit diesem rundlichen iMac, der aussieht wie eine Kreuzung aus Tupperdose und Dampfradio. Der schlaffe Zivi aus dem Parterre hat sich so ein Ding gekauft. Paßt zu keiner Einrichtung, jedenfalls nicht zu meiner. Der neue Big-Pentium-Tower vom ProVadis-Superstore ist dreimal so groß und hat mich 500 Mark weniger gekostet. Da bekommt man wenigstens was fürs Geld. Den Ahnungslosen kann man aber auch alles andrehen, sogar einen Rechner ohne Diskettenlaufwerk. Lachhaft. Spielt der Mann Sound- und Grafikkartentreiber-Updates etwa durch Handauflegen auf? Dabei hat doch Apple selbst das 3,5"-Laufwerk eingeführt, so um 1983. Fehlt nur noch, daß sie den Leuten auch die Maus wieder wegnehmen wollen.

Neulich murmelte der Zivi etwas von "Apples richtungsweisender Innovationsfreude". Nur weil sein Rechner nicht grau ist und seine Textverarbeitung hebräisch auch von rechts nach links schreibt? Der soll nicht so angeben. Apples einheitliche Menüs sind etwas für Lernfaule, Drag & Drop liebt nur der Bequeme, und die Undo-Funktion ist pädagogisch zweifelhaft, weil sie Fehler nicht bestraft, meint Heinz. Und der muß es wissen, schließlich arbeitet er in einem großen Systemhaus (nebenbei gesagt leben die davon, daß sich nicht jede Tippse ihren PC selbst einrichten kann - aber das will er nicht hören).

Und von wegen Design: Mit etwas PU-Schaum, Spachtelmasse und Blaumetallic-Spray vom alten Daimler mache ich Ihnen aus jedem normalen PC einen - ähem - iPC. Das Diskettenlaufwerk baue ich Ihnen zur Not auch aus. Wozu brauchen wir da noch Apple?

Im Treppenhaus aufgeschnappt von

Carsten Meyer

(cm)