Anstieg auf Dauer?

Die Zeit extrem niedriger Speicherpreise scheint zunächst einmal vorbei. Der Anfang November eingeläutete Anstieg besonders bei Double-Data-Rate-Speicherchips und -modulen hält an.

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Zwei der weltweit größten Speicherchiphersteller, Hynix und Infineon, haben ihre ‘Vertragspreise’ teilweise sehr deutlich angehoben. Diese Preise, zu denen die Marken-Modulhersteller wie Apacer, Kingston, Kingmax, MCI oder Transcend Speicherchips bei den Halbleiterfirmen beziehen, unterscheiden sich erheblich von den Spotmarkt-Preisen. Letztere sind für das Preisniveau von so genannten OEM- oder auch No-Name-Modulen entscheidend.

Hynix hat zu Jahresbeginn, nach mehreren vorangegangenen Steigerungen, die Preise nach eigenen Angaben nochmals um rund 30 Prozent erhöht. Manche Speicherchips sind auf dem Spotmarkt jetzt mehr als doppelt so teuer als während der historischen Tiefststände im Herbst 2001.

Unterdessen mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Speicherchip-Hersteller die höheren Preise längerfristig durchsetzen können. Selbst Samsung soll jetzt die Vertragspreise erhöht haben. Noch im November hatte Infineon-Chef Ulrich Schumacher seinen südkoreanischen Konkurrenten mit der Behauptung verärgert, Samsung sei entscheidend für die Preiskrise verantwortlich. Schon seit Jahresbeginn 2001 spekulierten Branchenkenner darüber, dass die DRAM-Riesen mit einem Preiskrieg eine Bereinigung des bereits damals von einem Überangebot belasteten Speichermarktes erzwingen wollten.

Als eigentlicher Auslöser des extremen Preisverfalls wird allerdings Hynix, die frühere Hyundai Electronics, gehandelt. Der ebenfalls in Südkorea ansässige Konzern hatte sich nie von der Asienkrise im Jahre 1998 erholt und 1999 auch noch die Werke der angeschlagenen LG Semicon übernommen. Seither hielt sich Hynix nur durch Verkauf zahlreicher Betriebsteile und großzügige Kreditrahmen seiner Gläubigerbanken über Wasser, die teilweise von der südkoreanischen Regierung kontrolliert werden. Das hatte zu Dumping-Vorwürfen der anderen Speicherfirmen, vor allem Micron und Infineon, geführt.

Vielleicht denkt man in der Branche nach dem schmerzhaft verlustreichen Jahr 2001 jetzt wieder mehr ans Geldverdienen oder hält einige Ziele auch für erreicht. Immerhin haben einige Hersteller angekündigt, aus dem DRAM-Geschäft aussteigen zu wollen. NEC will nur noch im Rahmen des Jointventures ‘Elpida’ mit Hitachi Speicherchips bauen. Toshiba hat seine erst 1999 komplett übernommene (und zuvor mit IBM gemeinsam betriebene) US-Fabrik ‘Dominion’ schon an Micron abgetreten und will das komplette DRAM-Geschäft loswerden - Verkaufsverhandlungen mit Infineon scheiterten aber zunächst an den hohen Altverpflichtungen. Zwischen Micron und Hynix laufen intensive Gespräche über eine Kooperation, und kleinere taiwanische Hersteller wie Powerchip oder Winbond sehen sich nach anderen Einnahmequellen um.

Ein weiteres Indiz für eine anhaltenden Preisanstieg ist, dass die Spotmarkt-Preise einzelner Speicherchip-Typen höher liegen als die Vertragspreise. Das deutet auf ein knappes Lieferangebot hin - wobei aber unklar bleibt, ob die Chipfirmen tatsächlich nicht können oder nur nicht wollen. Analysen des DRAM-Marktes der renommierten Marktforscher von IDC und Dataquest aus dem letzten Herbst gingen jedenfalls damals von übervollen Lagern aus, die erst im Laufe des Jahres 2002 auf Normalmaß schrumpfen sollten.

Die wachsende Marktdurchdringung von Windows XP und der seit Dezember spürbare zarte Aufwärtstrend bei den PC-Verkaufszahlen könnte den DRAM-Verkauf tatsächlich ankurbeln. Vieles spricht dabei dafür, dass sich die Pro-Double-Data-Rate-Auguren nicht täuschen dürften und sich dieser preiswert herstellbare, eng mit PC133-Speicher verwandte SDRAM-Typ durchsetzt. Selbst Intel-Boss Pat Gelsinger und sein Marketing-Vizechef Anand Chandrasekher erzählen jedem, der es wissen will, dass sie Rambus nur noch in Workstations für sinnvoll halten.

Intels Einstieg in die DDR-SDRAM-Technik mit dem Pentium-4-Chipsatz i845D und der eigenen Spezifikation für schnellere PC2100-DIMMs mit 2,0-2-2-Timing dürfte ebenfalls ein gewichtiger Grund für den Speicher-Preisanstieg sein. Dell, immerhin einer der größten PC-Verkäufer weltweit, bietet mittlerweile gar keine Systeme mit Pentium 4 und PC133-Speicher mehr an - man kann entweder PCs mit Rambus-Hauptspeicher (Chipsatz i850) oder DDR-SDRAM (i845D) bekommen.

Auch in Servern kommen zunehmend DDR-SDRAM-Module zum Einsatz. IBMs Summit-Chipsatz (seit Dezember im eServer xSeries 360 verfügbar) und Intels angekündigter i870, der in späteren Ausbaustufen einmal bis zu 256 MP-Xeons miteinander verbinden soll, setzen auf mehrkanalige PC1600-Hauptspeicher. Auch ServerWorks tüftelt seit geraumer Zeit an DDR-SDRAM-Chipsätzen für Xeons. Weil in Servern sehr viel mehr Hauptspeicher als in gewöhnlichen Komplettrechnern steckt, geht ein gewichtiger Anteil der SDRAM-Produktion in dieses Marktsegment. Auch das sorgt für steigende Nachfrage und Preise.

Die Zahl der pro Jahr verkauften Megabits stieg ohnehin auch im verlustreichen Jahr 2001 stark an, dieses Wachstum dürfte sich auch 2002 mindestens fortsetzen und wahrscheinlich sogar noch steigern. Wenn es den Chipfirmen gelingt, einerseits einen vernünftigen Anstieg der Verkaufspreise und andererseits sinkende Herstellkosten durch bessere Fertigungsprozesse durchzusetzen, steht einer Konsolidierung der Branche wenig im Wege.

Für die Endkunden wird ein moderater Preisanstieg kaum negative Folgen haben. PC-Speicher ist immer noch wesentlich preiswerter als vor einem Jahr und profitable Produkte dürften die Markteinführung schnellerer PC2100-2022- und PC2700-Module begünstigen. Außerdem haben die niedrigen Preise viele Anwender dazu verführt, eigentlich unnötige Ausgaben zu tätigen - schließlich laufen ja nur wirklich speicherintensive Anwendungen mit mehr Speicher auch schneller. Ein mäßig großer, aber aus flotten Markenmodulen aufgebauter PC-Hauptspeicher ist daher meist besser als ein Gigabyte-Grab aus lahmem Billig-RAMsch. Und Windows 98 oder ME scheitern meist sowieso an mehr als 512 MByte RAM ... (ciw) (ciw)