Wie gedruckt

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Von
  • Tim Gerber

Wie gedruckt

Haben Sie schon mal versucht, das Kleingedruckte Ihrer Bank oder Versicherung im Internet zu finden? Hatten Sie eventuell sogar die verwegene Idee, die juristischen Fallstricke und Fußangeln, die unsere Finanzoptimierer und Rundumsorglosversicherer in ihren Geschäftsbedingungen ausgelegt haben, bequem via Internet zu vergleichen und die hinterhältigsten auszusortieren? Es sollte im Zeitalter des Internet und E-Commerce möglich sein, online eine Unwetterversicherung zu finden, die Sturmschäden auch noch bei Windstärke 8 erstattet? Da haben Sie aber eine irrige Vorstellung von dem, was man in der Finanzbranche unter Informationsgesellschaft versteht.

Informationsgesellschaft heißt vor allem, dass sich die Anbieter alle Informationen über ihre Kunden beschaffen. Beispielsweise indem sie den Interessenten erst ellenlange Web-Formulare ausfüllen lassen, bevor sie auch nur eine Preisangabe herausrücken. E-Commerce heißt, dass der Dienstleistungsanbieter beim teuren Call-Center sparen kann, weil sich die Werbung billiger per Internet verbreiten lässt. Aber deshalb muss man doch nicht gleich die Details der Geschäftsbedingungen online preisgeben. Bei derartigen Vertraulichkeiten möchte man schon wissen, mit wem man es zu tun hat. Wer es genau wissen will, der soll doch bitte persönlich in der Filiale auftauchen.

So bekam ich Ende Juni beim Online-Banking eine Mitteilung auf den Schirm, dass ab Anfang Juli der Zahlungsverkehr innerhalb der EU vereinfacht worden sei. Die Konditionen für die neue Euro-Standardüberweisung könnten in der Filiale eingesehen werden. Wenn ich diesen Konditionen nicht widerspreche, gelten sie als genehmigt. Darauf hab ich online rückgefragt, ob sie die Überweisungsbedingungen denn nicht ins Internet stellen können. Hat mir das Geldhaus auf Papier geantwortet, dass die Bedingungen nur in der Filiale einsehbar bleiben. Dabei bestand die von mir gewünschte Information lediglich darin, dass für EU-Überweisungen künftig dieselben Konditionen gelten wie innerhalb Deutschlands.

Also nichts Schlimmes: Jetzt kostet mich das Überweisen von 20 Euro an meinen italienischen Weinhändler nicht mehr sieben Euro Bankgebühren, sondern nullo, niente, nix. Ist doch schön. Auf der Internetseite der Sparkasse lese ich dagegen: "Überweisender trägt Entgelte und Auslagen bei seinem Kreditinstitut, Empfänger trägt die übrigen Entgelte und Auslagen." Klingt schön abschreckend und das ist wohl auch der Zweck. Denn schließlich kostet so eine Auslandsüberweisung unsere Banken viel Geld. Sie müssen nämlich noch immer deutsche Euros per Rechenschieber in italienische Euri umrechnen, weil sie bis heute kein einheitliches europäisches Computersystem zu Stande kriegen konnten.

Hatten Sie etwa geglaubt, weil Banker mit IT-Aktien handeln, verstünden sie etwas von Informationsverarbeitung? Haben Sie denn schon mal einen Zitronenfalter gesehen, der Zitronen faltet?

Tim Gerber ()