Geiz ist teuer

König Kunde erliegt der Magie der Zahlen: Billig gekauft ist gut gekauft, möglichst viel für möglichst wenig Geld, „Geiz ist geil“. Schnäppchensuchmaschinen und Preisvergleichsseiten im Internet sind beim geilen Geizen behilflich. Fragt sich nur, ob sich das Knausern unterm Strich auch lohnt. Wir haben den Praxistest gemacht: Bei 34 Online-Versandhändlern haben wir anonym eingekauft und deren Service unter die Lupe genommen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Sebastian Eckel
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Dass man beim Versandhandel via Internet besonders günstige Schnäppchen finden kann, liegt auf der Hand: Die Anbieter brauchen kein teures Ladengeschäft zu unterhalten, kostspielige Fachverkäufer sind kaum nötig, und weil der Kunde per Vorkasse oder Nachnahme zahlt, hält sich das finanzielle Risiko für den Verkäufer in Grenzen. Der Kunde verzichtet auf Beratung und Vorführung der Ware, er nimmt eventuell eine Lieferfrist in Kauf und tritt beim Bezahlen in Vorlage. Da darf man schon erwarten, etwas mehr fürs Geld zu bekommen - der Versender kann schließlich einen Kostenvorteil an den Verbraucher weitergeben. Davon profitieren beide - Händler und Kunde.

Doch warum melden sich dann täglich frustrierte Online-Käufer bei unserer Hotline, und warum treffen fast täglich E-Mails mit Klageliedern für unsere Rubrik „Vorsicht Kunde“ ein? Die vermeintlichen Schnäppchen sorgen immer wieder für Frust: Hier hat der Händler nach Wochen noch nicht geliefert, dort verweigert er die gesetzliche Gewährleistung oder die ebenfalls vorgeschriebene Erstattung von Portokosten bei Rücksendung fehlerhafter Ware. Wer von dem gesetzlich garantierten Rückgaberecht binnen 14 Tagen nach Lieferung Gebrauch macht, erlebt oft, dass der Händler sich mit der Erstattung von Kaufpreis und Versandkosten ungebührlich lange Zeit lässt, nur einen Teilbetrag zurückzahlt oder gar ganz auf Tauchstation geht.

Einzelfälle. Bedauerliche Ausnahmen. Fehler bei der Abwicklung, die unverzüglich beseitigt werden. Das sind die typischen Antworten der Firmen, wenn wir sie in solchen Fällen zu Stellungnahmen auffordern. Ist die Welt des Versandhandels in Deutschland also in Ordnung? Kann ich es als Kunde wirklich wagen, die billigsten Schnäppchen per Vorkasse einzukaufen, oder sollte ich davon lieber die Finger lassen?

Wir machten die Probe aufs Exempel und kauften anonym bei 34 Anbietern von Computerkomponenten aus dem Bundesgebiet ein. Die Testteilnehmer wählten wir zum einen aus dem Anzeigenteil von Zeitschriften, zum anderen aus den Listen von Preisvergleichsseiten à la www.geizhals.at und www.geizkragen.de.

Unsere Testkäufer orderten jeweils eine 80-GByte-Festplatte, einen USB-Stick und eine Grafikkarte mit ATIs Radeon 9000Pro-Chip. Soweit entsprechende Angaben zu finden waren, wählten wir nur als „sofort lieferbar“ gekennzeichnete Produkte aus. Alle Bestellungen erfolgten nahezu gleichzeitig an zwei Werktagen. Wo die Webseite des Versenders überlastet oder aus anderen Gründen zeitweise nicht erreichbar war, versuchten die Testkäufer ihr Glück zwei Wochen lang immer wieder.

Bei einigen Firmen erwies sich schon die Bestellung als problematisch: So fehlten gelegentlich Angaben zu den Porto- und Verpackungskosten. Ein Versender wollte im Testzeitraum gar keine Kundenaufträge entgegennehmen.

Damit das Online-Geschäft rechtskräftig zustande kommt und ordentlich abgewickelt werden kann, darf man erwarten, dass der Anbieter per E-Mail eine Auftragsbestätigung verschickt, die zumindest die bestellten Artikel auflistet und die Zahlungsformalitäten beschreibt. Schön wäre auch die Nennung des voraussichtlichen Liefertermins. Doch schon diese, im Geschäftsverkehr eigentlich selbstverständliche Kleinigkeit überforderte einige Anbieter. Des Öfteren mussten wir erst telefonisch nachfragen, wohin und in welcher Höhe die Zahlung zu erfolgen habe. Den Kaufpreis überwiesen wir jeweils ohne Verzug via Online-Banking. Die Firma hat das Geld dann üblicherweise nach ein bis zwei Tagen auf ihrem Konto.

Ist es zu viel verlangt, wenn man Artikel, die als „sofort lieferbar“ beworben werden, spätestens fünf Werktage nach der Kontobelastung in Händen haben möchte? In unserem Test betrug die Lieferzeit bis zu 30 Tage ... und mehr: Auf einige Waren warteten wir bis zum Redaktionsschluss vergeblich - über 56 Tage nach der Bezahlung.

Dass die gelieferte Ware der Bestellung entspricht, sollte man voraussetzen können - doch auch hier überraschten uns einige Versender unangenehm. Immerhin: Alle eintreffenden Sendungen waren ordentlich verpackt. In der Vergangenheit hatten wir bei manchem Paket noch den Eindruck, der Händler sei zum ersten Mal mit empfindlicher Hardware in Berührung gekommen.

Wie die Versender mit dem gesetzlich garantierten Rückgaberecht innerhalb von 14 Tagen nach der Lieferung umgingen, testeten wir am Exempel des USB-Sticks. Den nahmen wir kurz in Betrieb und schickten ihn dann ohne Angabe von Gründen zurück. Die Portokosten für die Rücksendung mussten wir selbst tragen, da die Sticks weniger als 40 Euro kosteten. Bei teureren Produkten muss der Versender die Rücksendekosten übernehmen.

Vor der Rücksendung durchforsteten wir die Webseite der Händler und die Versandpapiere nach Hinweisen für das korrekte Vorgehen. Beigelegte Rücksendeformulare, soweit vorhanden, füllten wir sorgfältig aus und forderten eventuell erforderliche Rücksendenummern (RMA-Nummern) an. Das war bei einigen Händlern gar nicht so einfach: Teils waren sie telefonisch nicht zu erreichen, teils gaben die Mitarbeiter an der Hotline vor, überhaupt nicht zu wissen, wie eine Rücksendung abgewickelt wird. Zu guter Letzt konnten wir dann aber doch alle USB-Sticks auf die Reise schicken.

Einige Händler erstatteten den Kaufpreis unverzüglich per Scheck, besonders großzügige übernahmen sogar die Rücksendekosten. Einige Schlitzohren versuchten allerdings, uns mit einem Warengutschein abzuspeisen, andere erstatteten nicht einmal den vollen Kaufpreis und die ganz Schlimmen behielten Geld und Stick - frei nach dem Motto „Soll der Kunde doch klagen ...“.

Ein heikler Punkt beim Versandhandelskauf ist stets der Gewährleistungsfall - schließlich kann man hier nicht, wie beim Händler um die Ecke, einfach vorbeigehen und das defekte Gerät zur Reparatur oder zum Austausch abgeben. Um diesen Aspekt zu prüfen, setzten wir den Lüfter der Grafikkarte außer Betrieb, wandten uns an die Hotline der Versender und baten um Hilfe. Die meisten Hotliner forderten uns daraufhin auf, die defekte Karte einzuschicken - doch wie das zu erfolgen hatte, behielten sie oft für sich. So verwundert es kaum, dass wir so manche Sendung mit dem Vermerk „Annahme verweigert“ zurückbekamen.

Die meisten Versender verhielten sich aber korrekt und nahmen die defekte Ware an. Auf den Portokosten für die Rücksendung blieben wir jedoch des Öfteren sitzen - obwohl die Rechtslage hier eindeutig ist: Im Gewährleistungsfall trägt der Versender sowohl die Kosten für die Rücksendung der defekten Ware als auch die für die Lieferung des reparierten Produkts an den Kunden. Einige Händler machten bei unserer defekten Grafikkarte erst gar keinen Reparaturversuch, sondern erstatteten postwendend den Kaufpreis; andere lieferten umgehend eine neue Karte.

Auch bei der Gewährleistung gerieten wir an schwarze Schafe: So schickte uns ein Händler doch tatsächlich eine völlig verstaubte gebrauchte Karte als Ersatz für ein gerade erst erworbenes Neugerät. Unsere Beschwerde wimmelte er dann mit einer glatten Lüge ab. Und auf einige Reparaturen warten wir noch heute.

Den Support der Versender prüften wir, indem wir ihre technische Hotline im Zusammenhang mit dem Kauf mit einer einfachen Frage konfrontierten: Unser Testkäufer gab vor, die frisch gekaufte Platte in seinen Rechner eingebaut zu haben, tja, und nun bootete der PC überhaupt nicht mehr, obwohl er doch vorher einwandfrei lief.

Pfiffige Hotliner rochen den Braten sofort: Da hatten wir wohl die neue Platte an denselben IDE-Kanal angeschlossen wie die vorhandene und vergessen, den Master-/Slave-Jumper auf „Slave“ zu setzen. Einige Berater benötigten noch einen zarten Hinweis, um auf die richtige Fährte zu gelangen. Andere waren mit diesem Problem aber hoffnungslos überfordert, rieten ratlos herum und empfahlen schließlich, die Platte zurückzuschicken, da sie wohl defekt sei. Währenddessen tickerte der Gebührenzähler fröhlich vor sich hin - so manche technische Hotline war nämlich nur zum 0190-Tarif von bis zu 1,99 Euro pro Minute zu erreichen.

Auf eine detaillierte Schilderung der Einkaufserlebnisse, wie sonst bei unseren Kauftests üblich, mussten wir angesichts der Menge von 34 Versandhändlern verzichten. Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Ergebnisse der Testkäufe und die Erfahrungen mit der Rücksendung, der Reklamation und der Hotline-Anfrage. Im Kasten „Wertung“ wird das der Notenbeurteilung zugrunde gelegte Schema erläutert.

Zur Bewertung der Verständlichkeit der von den Versendern für das Vorgehen im Gewährleistungsfall und bei Widerruf gegebenen Erläuterungen orientieren wir uns an einem einfachen Schema: Sehr gut sind all jene Erklärungen, die der nicht einschlägig vorgebildete Kunde auf Anhieb findet und versteht. Macht es Mühe, die Erklärungen etwa aus den AGB herauszusuchen, gibt es eine Abwertung um eine Notenstufe. Als Befriedigend bewerteten wir solche Texte, die nur mit Kenntnis juristischer Termini vollends zu verstehen sind. Fehlten wesentliche Erklärungen, etwa zur exakten Vorgehensweise bei der Rücksendung, erteilten wie die Note Schlecht. Fehlte jegliche Erklärung oder war diese unverständlich oder widersprüchlich, lautet das Urteil Sehr schlecht.

Die Gesamtnote für den Support setzt sich aus den beiden Teilnoten für die technischen Anfragen zur Grafikkarte und zur Festplatte und Erläuterungen für den Gewährleistungsfall und den Widerruf zusammen. Gab es technische Auskünfte nur über eine teure 0190-Nummer, so zogen wir einen Notenpunkt ab. Ein Sehr gut für Kundenfreundlichkeit setzt voraus, dass das Unternehmen zügig und freundlich auf Kundenanfragen reagiert und seine Mitarbeiter zu freundlichem und verbindlichem Verhalten am Telefon anhält - leider keine Selbstverständlichkeit, wie wir erfahren mussten.

Die Wertung für die Liefer- und Reaktionszeit setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Wir gehen davon aus, dass ein ordentlicher Versender als lieferbar beworbene Waren innerhalb von fünf Tagen an den Kunden liefert. Für die Zusendung eines V-Schecks oder die Rücküberweisung nach einem Widerruf sollte der Händler nicht mehr als sieben Tage benötigen, und eine Reklamation sollte sich innerhalb von 12 Tagen erledigen lassen. Das ergibt die Summe von 24 Tagen und reicht für ein Befriedigend (21 bis 30 Tage). Schaffte es der Händler in 17 bis 20 Tagen, so gab es ein Gut. Die Note Sehr gut erreichten Firmen, die diese Vorgänge in weniger als 16 Tagen abwickelten. Wer bis zu 40 Tagen benötigte, wird mit Schlecht beurteilt, dauerte es noch länger, lautet das Urteil Sehr schlecht. (gs)