Die Mischung machts

Das Rezept ist ganz einfach: Man stecke die modernsten, leistungsstärksten Komponenten zusammen und fertig ist er, der beste PC. Ähnlich simpel finden Sie den billigsten PC. Aber optimal wäre weder der eine noch der andere, sondern nur ein System, das bestmöglich auf Ihre Ansprüche abgestimmt ist. Dabei wollen wir Sie beraten.

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte, gab kürzlich einer unserer Hotline-Klienten: Er hatte es sich geleistet, nach dem Motto „nur das Beste ist mir gut genug“, seinen Traum-PC zusammenzustellen. Dann sonnte er sich für kurze Zeit in dem Bewusstsein, den schnellsten und modernsten Rechner zu besitzen, den man für Geld kaufen konnte. Aber die Freude hielt nicht lange an. Kaum kamen ein neuer Prozessor und eine neue Grafikkarte auf den Markt, schon war es aus mit dem Sieger-Feeling. Dabei war das System unverschämt teuer gewesen - und nun sah er den Marktwert der ehemaligen Spitzenprodukte rapide schrumpfen.

Vor allem aber erlebte er, was wir in der täglichen Testpraxis oft erfahren: Das naive Zusammenstecken der neuesten und leistungsfähigsten Komponenten ergibt durchaus nicht immer einen zuverlässigen PC. Die immer hektischeren Produktzyklen führen dazu, dass oft halbgare Produkte auf den Markt geworfen werden. Gerade teure Highspeed-Komponenten - ob Mainboards, Grafikkarten oder auch nur optische Laufwerke - reifen häufig beim Kunden.

Eine bessere Kompatibilität und System-Performance bringen oft erst die mindestens einmal überarbeiteten Produkte. Mit etwas Glück kann der „Early Adaptor“ seine teuer bezahlte Hardware mit BIOS-, Firmware- und Treiber-Updates von den schlimmsten Kinderkrankheiten befreien. Aber manche Fehler lassen sich nur durch ein Hardware-Update beseitigen, und angesichts knapper Margen tauscht kaum ein Hersteller freiwillig die eilends auf den Markt gebrachte Grafikkarte oder das mit heißer Nadel gestrickte Board gegen ein ausgereiftes Modell aus der zweiten Produktserie aus.

Doch nicht nur High-End-Freaks fallen mit einem allzu simplen Einkaufskonzept auf die Nase. Auch wer partout „den billigsten“ PC kaufen will, läuft fast zwangsläufig in eine Falle. Ein System aus den billigsten Komponenten, die der PC-Markt bietet, wird so gut wie sicher auch mit den Problemen zu kämpfen haben, die notorischer Sparzwang mit sich bringt.

Laute Lüfter, miserable Soundqualität und unscharfe Bildschirmausgabe sind da noch die harmlosesten Begleiterscheinungen. Die Verwendung von Billigspeicher führt oft zu Systemabstürzen. Unpräzise gearbeitete oder montierte Prozessorkühler und aus minderwertigen Komponenten aufgebaute Netzteile begünstigen hohe Ausfallraten. Ärger mit dem Händler, der ja an den Billigkomponenten kaum etwas verdient hat, ist bei Reklamationen vorprogrammiert.

Wer gar nicht erst in den Schlamassel geraten will, sucht nicht stur nach dem schnellsten oder nach dem billigsten PC, sondern wägt ab und strebt vernünftige Kompromisse an. Wenn alle Faktoren stimmen, wird das jeweils optimal für ein bestimmtes Anwendungsprofil sein. Ein PC für den Spiele-Freak sieht naturgemäß anders aus als ein preiswertes System für den Arbeitsplatz oder ein Rechner, der als Multimedia-Center ins Wohnzimmer passen soll.

In den folgenden drei Artikeln stellen wir exemplarisch optimale PCs für verschiedene Anwendungsprofile zusammen. Überlegungen zum soliden, nicht allzu teuren Allround-Arbeitspferd finden Sie in c't 23/2003 ab Seite 116, mit dem PC fürs Wohnzimmer beschäftigen wir uns ab Seite 118 und was es bei der Auswahl eines optimalen Spiele-PC zu beachten gilt, beschreibt der Artikel ab Seite 120.

Dem zunehmenden Trend zum Notebook tragen wir ab in c't 23/2003 Seite 122 Rechnung. Auch hier gilt es, zwischen verschiedenen Ansprüchen zu differenzieren: Wer sein Notebook vor allem unterwegs nutzt, stellt andere Anforderungen an das Gerät als der Anwender, der eher ein leicht transportables Desktop-Ersatz-System sucht.

Da allen Beispielkonfigurationen konkrete Anwendungsprofile zugrunde liegen, die nicht zwangsläufig komplett mit Ihrem Bedarf übereinstimmen, zeigen wir auch alternative Lösungen auf. Mit diesen und den nachfolgenden Überlegungen zur Auswahl von PCs und Komponenten wollen wir Sie dabei unterstützen, Ihren „optimalen PC“ selbst zu konfigurieren.

Unabhängig davon, ob man sich nun zu den Performance-Freaks oder den Sparfüchsen zählt, gilt die alte Regel beim PC-Kauf: „Kaufe den neuen Rechner erst dann, wenn er wirklich gebraucht wird.“ PC-Hardware wird nach wie vor von Woche zu Woche billiger. Je später man zuschlägt, desto höher sind die Chancen, von der nächsten Preissenkung zu profitieren.

Der kontinuierliche Preisverfall führt auch zu der zweiten Einkaufsregel: „Jedes auf Vorrat gekaufte Quäntchen Leistung ist zu teuer bezahlt.“ Ein neuer PC sollte genügend Leistungsreserven haben, um alle vorgesehenen Aufgaben „locker“ erfüllen zu können. Nur wenn absehbar ist, dass auch besonders leistungsfressende Anwendungen installiert werden sollen, lohnt sich der Kauf eines entsprechend performanten Systems.

Die dritte Erwerbsregel für Rechner mag manche erschrecken: „Einen zukunftssicheren Rechner gibt es nicht.“ Hinter den Schlagwörtern „Zukunftssicherheit“ und „Aufrüstbarkeit“ lauert in der Regel eine weitere Kostenfalle. Wer für seinen neuen PC extra viel Geld ausgibt, um diesen zukunftssicher und aufrüstbar zu machen, erlebt nur allzu oft eine herbe Enttäuschung. Das hohe Innovationstempo bei PCs sorgt dafür, dass der neue Prozessor oder der schnelle neue Speicher doch nicht in das vor einem oder zwei Jahren gekaufte System passt. Oft sind neue Sockel- oder Steckplatzformate schuld. Manchmal sorgen aber auch kleinere Abweichungen, etwa bei der Spannungsversorgung oder bei der Initialisierung, dafür, dass modernste Hardware in alten Systemen gar nicht oder zumindest nicht zuverlässig funktioniert.

Egal ob Spiele-, Wohnzimmer- oder Allround-PC: Stets stellt sich die Frage, ob man sich das System aus Einzelkomponenten selbst zusammenbauen, es vom Händler nach eigenen Vorgaben konfigurieren lassen oder besser zu einem PC von der Stange greifen sollte. Letzteres hat vor allem den Vorteil, dass der Rechner dann in aller Regel aus Komponenten besteht, die gut miteinander und mit dem fertig eingerichteten Betriebssystem zurechtkommen. Zudem gehört zu allen Komplettsystemen ein Service-Paket, das eine zügige Reparatur bei Defekten verspricht.

Oft gibt es sogar einen Vor-Ort-Service, der im Idealfall dafür sorgt, dass der Rechner im Falle eines Falles nicht wochenlang durch die Republik geschickt wird. Ob der zugesicherte Service aber tatsächlich sein Geld wert ist, hängt vom Einzelfall ab. Unsere Rubrik „Vorsicht, Kunde“ zeigt leider, dass auch große Unternehmen nicht immer halten, was ihre Prospekte versprechen. So ist es manchmal gar nicht so einfach, tatsächlich in den Genuss eines Vor-Ort-Service zu kommen. Viele Firmen versuchen Geld zu sparen, indem sie dem Kunden Ersatzteile schicken, die er dann selbst einbauen soll. Nur wer sich dann beharrlich weigert und auf sein Recht pocht, wird tatsächlich vor Ort bedient - manchmal aber später als versprochen.

Die Qualität des dann erbrachten Service - das zeigen unsere verdeckten Tests leider immer wieder - lässt oft zu wünschen übrig. Je nach Tagesform des einzelnen Mitarbeiters werden komplexe Probleme im Handumdrehen beseitigt oder simple Fehler selbst nach stundenlanger Suche nicht entdeckt. Unterm Strich bleibt bei Komplettsystemen zumindest das Service-Versprechen, das man notfalls auch gerichtlich einfordern kann.

Der Service der Hersteller hat - insbesondere was das Funktionieren des Systems anbelangt - enge Grenzen. Üblicherweise gilt ein PC als funktionsfähig, wenn er mit dem ursprünglich installierten Software-Paket einwandfrei arbeitet. Jedes nachträglich eingespielte Programm, jeder Betriebssystem-Patch und jedes Treiber-Update sind in der Regel nicht von dem Garantieversprechen abgedeckt.

Das erklärt auch die Standard-Prozedur aller Hotliner: „Versetzen Sie den PC mit der Recovery-CD in den Auslieferungszustand - starten Sie den PC neu - läuft er jetzt ohne Probleme? Na, dann ist der PC in Ordnung, der Fehler muss woanders liegen“. Und „woanders“ liegt nicht im Verantwortungsbereich des Komplettsystem-Verkäufers.

Wer seinen PC also unter einem alternativen Betriebssystem oder mit gänzlich anderer Software nutzen will, darf nicht auf Hilfe vom PC-Hersteller hoffen. Wenn der PC etwa unter Linux Tonstörungen hat, die mit den mitgelieferten Audio-Treibern für Windows XP nicht auftreten, ist man auch bei einem Komplettsystem von der Stange auf das eigene Know-how angewiesen. Der Wert, den man dem zum System gehörenden Service-Paket zurechnen kann, hängt also wesentlich davon ab, ob man den PC nur mit der vorinstallierten Software verwenden will oder nicht.

Die bei Komplettsystemen üblichen Software-Beigaben sollte man ebenfalls realistisch bewerten. Wer das aufgespielte MS-Works nicht nutzen will, weil er lieber Open-Office einsetzt, kann den Wert der Software schlicht mit null Euro ansetzen. Diese Rechnung gilt auch für jede Hardware-Komponente, die man nicht braucht. Gerade die Schnäppchen aus dem Supermarkt warten mit vielem auf, was längst nicht jedem Anwender nützt. Geradezu notorisch ist die Modem-Karte, die im ISDN- und DSL-Land Deutschland kaum noch jemand verwendet. Card-Reader, WLAN-Karten, FireWire-Ports, Funk-Desktops, übergroße Festplatten, analoge TV-Karten - der Reigen der im Einzelfall nutzlosen oder gar hinderlichen Komponenten ist lang.

Ob der PC von der Stange also tatsächlich der eigene optimale PC ist, hängt vom individuellen Nutzungs- und Anforderungsprofil ab. Wer mit einem solchen Rechner liebäugelt, sollte immer nachrechnen, ob die tatsächlich genutzte und benötigte Hard- und Software nicht anderswo günstiger zu haben ist.

Die Alternative zum Komplettsystem ist der individuell aus Einzelkomponenten zusammengestellte und selbst montierte Rechner. Ohne fundiertes Hardware- und Software-Know-how sollte man sich dieses Projekt allerdings nicht aufhalsen. Da hier niemand eine Garantie für die Kompatibilität der eingesetzten Komponenten zueinander übernimmt, kann man bereits bei deren Auswahl teure Fehlentscheidungen treffen.

Zudem steckt der Teufel beim Selbstschrauben oft im Detail, etwa wenn der nagelneue Prozessor nebst Monsterkühler nicht aufs frisch erworbene Board passt, weil Kondensatoren oder andere Komponenten im Weg sind. Gerade das Trio aus Board, Prozessor und Kühler ist für manche Überraschung gut. Aber selbst wenn alles mechanisch zueinander passt, kann ein nicht auf die neue CPU abgestimmtes BIOS dazu führen, dass der Rechner instabil arbeitet oder im Extremfall gar nicht erst bootet. Da hilft dann auch der gut gemeinte Rat nicht weiter, doch das BIOS des Boards zu aktualisieren - wie denn, wenn der PC nicht bootet?

Das Thema Gewährleistung ist heikel beim Selbstbau. Wenn es zu Inkompatibilitäten zwischen verschiedenen Komponenten kommt, ist es ohne größeren Hardware-Fundus kaum möglich, den Schuldigen ausfindig zu machen. Der freundliche PC-Händler um die Ecke, der seinem guten Kunden schon mal auf Verdacht ein neues Board oder eine andere Grafikkarte leiht, oder der Kumpel, der bereit ist, seinen PC temporär zu kannibalisieren, ist da Gold wert.

Mit der Auswahl der Komponenten, Grafikkarten, Laufwerke und anderer PC-Innereien geht es weiter im gedruckten Heft (gs)