Sparbüchsen

Typische Schnäppchen-PCs kommen von Aldi, Lidl, Media Markt & Co. Sie kosten zwischen 999 und 1200 Euro und klotzen mit jeder Menge Ausstattung. Doch nicht jeder braucht ein Hochleistungssystem mit umfangreichem Multimedia-Paket: Für viele Zwecke - etwa fürs Heimbüro oder die Studentenbude - tut es auch ein wesentlich billigeres Gerät. Grund genug, den zahlreichen PC-Angeboten zwischen 180 und 399 Euro genauer auf den Zahn zu fühlen und sie mit den Einstiegs-systemen der großen Anbieter zu vergleichen.

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Manfred Rindl
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Viel hilft viel, könnte das Motto hinter aktuellen Schnäppchen-PCs der üblichen Discounter lauten: Mit Prozessoren vom oberen Ende der Leistungsskala, großem Hauptspeicher, üppiger Festplatte, rasanter 3D-Grafik sowie umfangreicher Multimedia-Ausstattung und einem Haufen Software wollen sie jedermann glücklich machen. Dabei nehmen die Anbieter gern in Kauf, dass kaum ein Kunde wirklich alle gebotenen Funktionen und Leistungsmerkmale benötigt - im Gegenteil, der typische Schnäppchen-PC-Käufer nutzt seinen Rechner oft nur fürs Übliche: surfen, mailen, Briefe schreiben.

Da wundert es kaum, dass die Euphorie der Kunden inzwischen deutlich nachlässt. Die Zeiten, in denen sich Käufer vorm Discounter Schlachten um die besten Plätze in der Schlange lieferten, sind wohl vorbei. Die Angst, ein wichtiges Schnäppchen zu versäumen, weicht mehr und mehr der nüchternen Überlegung, ob dessen preistreibende Zusatzausstattung denn überhaupt gebraucht wird. Wozu sollte man auch 1200 Euro ausgeben, wenn der dafür erworbene 3-GHz-Multimedia-Bolide dann im Heimbüro praktisch nur Däumchen dreht? Die ungewisse Wirtschaftslage und der bei vielen deutlich weniger prall gefüllte Geldbeutel tragen sicher auch ihren Teil zur Rückbesinnung aufs wirklich Notwendige bei.

So ist der Trend zum Spar-PC denn auch schon längst eingeläutet. Das beweist nicht nur die große Anzahl einschlägiger (Online-)Offerten diverser, vor allem kleinerer Anbieter; auch die etablierten reduzieren Stück für Stück Preise und Ausstattung ihrer „Schnäppchen“. So bot Discounter Lidl parallel zur letzten Schnäppchen-Rakete auch ein abgespecktes, mit 600 Euro nur etwas mehr als halb so teures System feil. Für ein Wachstum im Billig-PC-Segment sprechen zudem die Statistiken über die getätigten und noch beabsichtigten PC-Käufe der c't-Leser, die wir zum Jahreswechsel abgefragt hatten: Der Anteil der Rechnerkäufe im Segment zwischen 300 und 400 Euro wuchs von Ende 2002 bis Ende 2003 von 0,7 auf 2,7 Prozent. Zwischen 600 und 700 Euro wollten Ende 2002 4,6 Prozent der Befragten für ihren Rechner ausgeben, Ende 2003 waren es bereits 6,9 Prozent. Gleichzeitig ging der Anteil von Rechnerkäufen zwischen 900 und 1400 Euro insgesamt von 47,6 auf 35,6 Prozent zurück, wobei das Segment zwischen 1200 und 1300 Euro mit 6,6 Prozent den deutlichsten Rückgang verzeichnet.

Dass ein PC für 400 oder gar nur 200 Euro nicht denselben Anforderungen an Leistung und Ausstattung genügen kann wie ein vielfach teureres Gerät, steht außer Frage. Besonders dünn sieht es vor allem im Software-Bereich aus - in der Billigst-Klasse bis 300 Euro findet sich in der Regel noch nicht einmal ein Betriebssystem im Lieferumfang. Rechnen darf man hier mit schlichten Systemen auf Duron-, Athlon- oder Celeron-Basis, die meist mit CD-ROM-Laufwerk, kleiner Festplatte, 128 bis 256 MByte Hauptspeicher und etwas angegrauter Hauptplatine inklusive Onboard-Grafik ausgestattet sind. Ganz sicher also keine PCs für 3D-Spieler, fürs (Heim-)Büro aber durchaus noch angemessen. Zu den - in dieser Klasse selbstverständlichen - Abstrichen an Performance und Features sollte sich jedoch nicht auch noch fragwürdige Betriebssicherheit gesellen, weshalb wir bei unseren Tests nicht nur auf die Performance und Ergonomie achteten, sondern besonderen Wert auf die Systemstabilität legten - mehr dazu auf Seite 116 im Kasten „Testparcours“.

Haupttummelplatz für Billigst-PC-Offerten scheint inzwischen die Versteigerungsplattform eBay zu sein. Allerdings hätte eine Untersuchung der dort verfügbaren Angebote wenig Nutzwert gehabt, da hier nicht nur die feilgebotenen Rechner, sondern oft auch die anbietenden Händler allzu schnell wechseln. Sinnvoller schien ein Online-Kauf bei den „üblichen Verdächtigen“, sprich: den überregionalen Versand-Anbietern von Alternate bis Xada. Um ein möglichst realistisches Bild von Billig-PC-Markt zu gewinnen, kauften wir unsere Testsysteme anonym ein. So vermieden wir nicht nur Manipulationen und Schönungen an den Rechnern, sondern konnten auch gleich prüfen, wie gut die verschiedenen Online-Anbieter ihr Geschäft im Griff haben. Neben Billig-PCs bis 399 Euro suchten unsere Testkäufer auch gezielt nach preisgünstigen Angeboten der etablierten Hersteller. Wann immer sie ein Markengerät unter 600 Euro entdeckten, schlugen sie zu. Folglich finden sich auch Rechner von Acer, Dell, Fujitsu- Siemens, Medion, Schneider und Yakumo im Testfeld. Alle Bestellungen erfolgten an zwei aufeinander folgenden Werktagen in der ersten Aprilwoche, damit der permanente Preisverfall bei PCs das Ergebnis nicht verzerrt.

Die Bestellung im Versandhandel hat - gerade bei Billig-PCs - einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Kauf im Laden: Bei einer Online-Order von Komplett-PCs hat man innerhalb der ersten 14 Tage nach der Lieferung ein uneingeschränktes Rückgaberecht. Sollte sich ein Rechner als allzu klapperig oder instabil erweisen oder schlicht nicht der oft nur dürftigen Beschreibung des Anbieters entsprechen, kann man das unerwünschte Gerät ohne lange Diskussionen mit dem Anbieter zurückschicken. Theoretisch steht einem Käufer dieses Recht auch bei gewerbsmäßig tätigen eBay-Händlern zu, doch viele versuchen, die Käuferrechte hier mit fadenscheinigen Argumenten zu beschneiden. Die Folge sind oft langwierige Streitereien und Probleme, das gezahlte Geld zurückzubekommen.

Das Online-Kauferlebnis selbst gestaltete sich für dieses Testfeld weit gehend angenehm - angefangen mit einer überwiegend per E-Mail, in einigen Fällen auch via Web-Formular erledigten Lieferbarkeitsanfrage. Völlig unbeantwortet blieb diese allein bei Dell. Von Mindfactory erhielten wir zwar eine Antwort, aber keine befriedigende: So bat uns der zuständige Mitarbeiter, es am Folgetag noch einmal zu versuchen, weil er aufgrund einer Inventur gerade keinen Zugriff auf die Lagerhaltungsdaten habe. Beantwortet wurde der Zweitversuch indes nicht mehr. Der Großteil der angeschriebenen Anbieter antwortete noch am selben oder am Folgetag. Mit zwei Werktagen brauchten Avitos, Media Markt und Xada nur geringfügig länger.

Im nächsten Schritt folgte unsere Online-Bestellung. Abgesehen von Brand-X, die kein solches haben, nutzten wir dazu bei allen Anbietern die Webshop-Systeme. Diese unterscheiden sich mittlerweile kaum mehr und geben dem Kunden auch nur noch vereinzelt Rätsel auf. Eine Lieferbarkeitsanzeige zum jeweiligen Produkt wird aber nicht in allen Fällen geboten - so sucht man sie etwa bei Dell, Lahoo, Media Markt und PC-ON vergeblich. Ein wenig Geduld braucht, wer seinen Online-Kauf über Bildschirmausdrucke lückenlos dokumentieren will: Je nach Shop-System funktioniert das mal mit komplettem, mal mit Frame-weisem Druck besser. Umso erfreulicher, wenn der Anbieter wenigstens eine automatische Bestellübersicht und -bestätigung per E-Mail schickt. Bei Media Markt kam die Bestätigung am folgenden, bei allen anderen Anbietern im Testfeld noch am selben Tag. Einzig Brand-X schickte keinerlei Auftragsbestätigung. Bis zur Ankunft der bestellten Systeme waren in den meisten Fällen drei bis vier Tage Wartezeit zu verbuchen. Mindfactory und Xada schafften es schon in einem, Medion in zwei Tagen. Eher behäbig gaben sich Dell und Avitos mit 6 und 11 Tagen Lieferzeit.

Größter Problemkandidat beim Einkauf war zu unserer Überraschung das etablierte Hamburger Versandhaus Otto. Dort hatten wir eigentlich ein um fünfzig Prozent preisreduziertes Pavilion-System von Hewlett-Packard erstehen wollen. Das hätte wohl sogar geklappt, wenn wir hier nicht die - sonst selten angebotene - Zahlung per Rechnung gewählt hätten. Einige Tage nach der Order teilte uns Otto nämlich brieflich mit, dass der Bestellwert von 599 Euro unseren Einkaufsrahmen übersteige. Deshalb sollten wir innerhalb der folgenden 18 Tage eine Anzahlung von 150 Euro leisten, da man den Rechner nur bis dahin für uns reservieren könne. Dieser zusätzliche Umstand allein erschien noch nicht weiter tragisch - wohl aber, dass drei Tage nach der unverzüglich geleisteten Anzahlung ein weiteres Schreiben eintraf, worin man uns mitteilte, das HP-System sei nun leider ausverkauft.

Da durch unsere termingerechte Anzahlung bereits ein gültiger Kaufvertrag zu Stande gekommen war, wollten wir Ottos Absage nicht so ohne weiteres akzeptieren. Unser anonymer Testkäufer bat das Versandhaus um einen Lösungsvorschlag, also etwa die ersatzweise Lieferung eines anderen, mindestens gleichwertigen Markengerätes zum gleichen Preis. Außerdem teilten wir Otto unsere Verwunderung darüber mit, dass das angeblich bereits vergriffene System immer noch im Online-Angebot auftauchte. Es folgte eine unbefriedigende Rückantwort - unter anderem mit der Auskunft: „Der Auftrag ist bis zur Buchung nicht reserviert, nur gespeichert.“ Der Testkäufer ließ sich nicht abwimmeln und verlangte die Erfüllung des Kaufvertrags. Mit Erfolg, denn kurz darauf kam uns die Otto-Kundenbetreuung telefonisch mit einem passablen Vorschlag entgegen: ein zum HP-System preisgleicher, aber angeblich besser ausgestatteter Schneider-PC inklusive kostenfreier 24-Stunden-Lieferung. Wir akzeptierten erst nach kurzer Rückfrage, da der Rechner in Ottos Online-Angebot mit 649 Euro geführt wurde - und wurden unverzüglich beliefert. Damit war das Testfeld von 19 Systemen endlich komplett.

Sieht man einmal von den Irrungen und Wirrungen beim Einkauf bei Otto ab, so verlief dieser Testkauf im Vergleich zu bisherigen Versandhandelstests recht erfreulich. Das Gros der Anbieter reagierte schnell auf Anfragen und lieferte in angemessener Zeit. Ein nach wie vor trauriges Kapitel sind allerdings die Nebenkosten. Zu den in dicken Lettern beworbenen Preisen der Rechner addieren sich je nach Anbieter noch Verpackungskosten, Porto, Transportversicherung, Handlingpauschale, Nachnahmegebühr und was den Firmen sonst noch so einfällt, um dem Kunden noch den einen oder anderen Euro aus der Tasche zu ziehen.

Die Bandbreite der Zusatzkosten rangiert zwischen erfreulichen null Euro bei Lahoo und Amazon sowie schon arg happigen 32,50 Euro bei Conrad Elektronik. Beim versteckten Griff ins Portmonee des Kunden liegt aber auch Dell mit 30 Euro gut im Rennen. Den Vogel schießt eindeutig Xada ab: Der obligatorische 24-monatige „Pick Up and Return Service“ schlägt mit 19,99 Euro zu Buche, dazu kommen noch einmal 9,99 Euro Verpackungskosten und 6,99 Euro Nachnahmegebühr. Satte 36,97 Euro Zusatzkosten - das ist rekordverdächtig in Relation zu einem Rechnergrundpreis von knapp 180 Euro.

Die Rechner teilen wir in vier Preiskategorien: bis 200 Euro, bis 300 Euro, bis 400 Euro und über 400 Euro. In der Gruppe bis 200 Euro spielen Rechner von Markenanbietern erwartungsgemäß keine Rolle. Hier tummeln sich lediglich die drei AMD-basierten Geräte von Brand-X, PC-ON und Xada. (mri, gs)

(gs)