Runde Geschäfte

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Runde Geschäfte

"Die größte Bedrohung für Hollywood sind DVD-Brenner", sagte Apple-Gründer und Chef der Pixar-Studios Steve Jobs kürzlich in einem Interview. Vor einem Jahr hätte ich dieses Statement sofort unterschrieben. Heute jedoch plagen mich Zweifel, denn der Filmindustrie ergeht es - trotz geknacktem CSS-Kopierschutz - keineswegs so wie der Musikindustrie mit der CD.

Es begann damit, dass zwei inkompatible Brennformate den Markt verunsicherten. So zwangen die Filmstudios über das DVD-Forum der DVD-R ein kreisförmiges Brandmal auf, das Video-Kopien verhindern soll und die Disc-Produktion unnötig verkompliziert. Über diese Gängelung waren einige Brennerhersteller so sauer, dass sie ausscherten und das Plus-Format entwickelten. Dieser Formatwirrwarr verzögerte die Verbreitung von DVD-Brennern jedoch recht wirkungsvoll, was Hollywood gefallen haben dürfte. Die Brennerhersteller konnten wiederum frohlocken, als sie den frustrierten Kunden endlich Modelle für beide Formate verkaufen konnten - zu einem höheren Preis, versteht sich.

Auch die Erhöhung der Brenngeschwindigkeit führte keineswegs zu einem rasanten Anstieg von DVD-Kopien. Seltsamerweise gelingt den neuen High-Speed-Brennern durchschnittlich nur etwa jeder dritte Brand. Dadurch dauert eine DVD-Kopie letztendlich 50 Prozent länger und die Rohlingshersteller können dreimal so viele Medien verkaufen. Verärgerte Kunden lassen die Hersteller der Brenner und die der Medien elegant per Schuldzuweisungs-Pingpong ins Leere laufen.

Selbst digitale Fernsehprogramme nagen kaum am Verkauf alter Kinofilme auf DVD: Obwohl die Filme bereits hochwertig komprimiert im MPEG2-Format ausgestrahlt werden, trifft der DVD-Fan auf wirkungsvolle Fußangeln: Die Sendeanstalten erhöhten einfach die Größe der Group-of-Pictures, sodass der Fernseh-MPEG-2-Strom erst stundenlang neu kodiert werden muss, damit die DVDs auch wirklich auf allen Playern spielen.

Inzwischen kann Hollywood auch der Gefahr zweilagiger DVD-Rohlinge, die verlustfreie Kopien von Video-DVDs ermöglichen, gelassen ins Auge blicken. Damit die Kopien überall laufen, muss nämlich deren Book-Type-Kennung manipuliert werden. Doch "unglücklicherweise" haben einige Brennerhersteller diese entscheidende Funktion "vergessen" oder in kryptischen Tools in den letzten Winkeln der Support-Webseiten versteckt. Wer das Setzen des richtigen Book-Type-Fields vergisst, ist um 15 Euro für einen verbrannten Double-Layer-Rohling ärmer. Und wenn im nächsten Jahr eine neue Fertigungstechnik für die Rohlinge "kleine Änderungen" an den Brennern nötig macht, tja, dann freuen sich wieder die Brennerhersteller über ein tolles Neugeschäft.

Und wenn’s dann endlich reibungslos klappt mit dem Filmebrennen, dann geht dasselbe Spiel mit den DVD-Nachfolgern los. Brenner- und Rohlingshersteller sind eben auf Hollywood als Lieferanten für Kopiervorlagen angewiesen und arbeiten mit der Traumfabrik unterm Strich "erfolgreich" zusammen. Sollte das Hauen und Stechen zwischen Brenner- und Filmindustrie also womöglich nur kolportiert sein?

Hartmut Gieselmann (es)