Ätherisch auf DVD

Um Mitschnitte aus dem Digital-TV verlustfrei zu schneiden und so aufzubereiten, dass auch der heimische DVD-Player die archivierten Filme abspielt, mĂĽssen mehrere HĂĽrden genommen werden. Mit den richtigen Zutaten klappt dies unter Windows recht fix.

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Inhaltsverzeichnis

Obwohl die DVB-Standards (ETSI ETR 154) wie auch die Video-DVD jeweils MPEG-2 als Videoformat verwenden, gibt es feine Unterschiede, die dazu führen, dass man die DVB-Mitschnitte zunächst DVD-konform aufbereiten muss, bevor sie ein Standalone-DVD-Player abspielen kann. So ist zunächst die nominelle Bitrate zu hoch, mitunter die Auflösung falsch oder die Group of Pictures (GOP) zu lang. Während die Mac-Produkte von Elgato und der Linux VDR Hilfsmittel zur schnellen Aufbereitung der Aufnahmen für DVDs mitbringen, ist dies bei Windows-Produkten die Ausnahme [1|#literatur]. In der Regel benötigt man zur verlustfreien und schnellen Bearbeitung folgende Zutaten - ganz gleich, ob es sich um Aufnahmen von DVB-C, -S oder -T handelt. Man nehme:

  • ProjectX,
  • (Womble MPEG2VCR)
  • Cuttermaran (TMPGEnc fĂĽr Frame-genauen Schnitt),
  • IfoEdit oder DVD-lab,
  • Brennprogramm nach Wahl.

Die genannten Programme finden Sie unter dem Soft-Link. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; sie soll andere nützliche Programme wie PVAstrumento, MPEG2Schnitt oder TMPGEnc DVD Author keinesfalls abwerten.

Die Shareware Womble MPG2VCR benötigen Sie nur, wenn die nach dem hier vorgestellten Rezept angefertigten Video-DVDs beim Abspielen auf Ihrem Standalone-Player ruckeln. DVB-Mitschnitte enthalten in der Regel GOPs mit mehr Frames, als die DVD-Spezifikation gestattet (bei PAL höchstens 15, bei NTSC 18). Der MPEG Video GOP Fixer von MPEG2VCR repariert solche GOPs: „All above: Scan -> Fix -> GOP resize“.

Damit die im Weiteren eingesetzte Software mit den vorbehandelten Aufnahmen umgehen kann, separiert man die Audio- und Videospuren mit dem Java-Programm ProjectX voneinander („Demultiplexing“). Das Programm starten Sie aus dessen Installationsverzeichnis mit dem Befehl „javaw.exe -jar ProjectX-.jar“.

Mittels „File, Add“ fügt man der Bearbeitungsliste von ProjectX neue Datei(en) hinzu. Unter „Output Dir“ wird das gewünschte Ausgabeverzeichnis angegeben. Im Zuge der Verarbeitung fügt das Programm die einzelnen Dateien zu einer Datei zusammen (NTFS-Dateisystem verwenden), korrigiert die nominelle Bitrate in den MPEG-Headern und repariert beschädigte Dateistrukturen.

Obwohl uns dies bei DVB-T noch nie untergekommen ist, kann es sein, dass die Auflösung beim Digital-TV von den zulässigen DVD-Auflösungen (720 x 576, 704 x 576, 352 x 576 oder 325 x 288) abweicht. Wurde das Material in 480 x 576 (2/3 D1) oder 512 x 756 gesendet, patcht man mit ProjectX die Header sinnvollerweise auf 352er-Breite („video, patch 1st h-res if <> to 352/704/720“). Alternativ fördert ein Rechtsklick in die Bearbeitungsliste und Auswahl von „patch Video Basics“ einen Dialog zum Patchen des ersten MPEG-Headers zutage.

Wer nur Dolby Digital (AC3) verarbeiten möchte, kann unter „out, stream types to process“ einfach „MPG Audio“ abwählen, umgekehrt lässt sich hier auch Dolby Digital abwählen.

Obwohl ProjectX rudimentäre Schnittmöglichkeiten bietet (in der Bearbeitungsliste Rechtsklick auf Datei, „open Cut/Specials“), lohnt sich die Mühe nicht - Cuttermaran erledigt den MPEG-Schnitt komfortabler, siehe unten.

Nachdem man unter „Work“ als Ausgabeoption „demux“ gesetzt hat, startet man mit einem Druck auf „Go!“ die Verarbeitung. Nach etwa einer Viertelstunde (bei einem kompletten Spielfilm und einem durchschnittlich schnellen PC) liegen im Zielverzeichnis die Videodatei als .mpv, Audiospuren als .mp2 und falls vorhanden (etwa bei Pro7, Sat1 und ZDF) eine AC3-Datei (2.0 oder 5.1) - sofern die DVB-TV-Applikation überhaupt Dolby Digital mitgeschnitten hat.

Dem Vor- und Nachlauf sowie in Aufnahmen enthaltenen Werbeblöcken rückt man mit der Freeware Cuttermaran 1.60 zu Leibe. Da sich eine Group of Pictures (GOP) mit Ausnahme des ersten Bildes (I-Frame) aus Differenzbildern (P-Frames: prädizierte Bilder; B-Frames: bidirektional prädizierte Bilder) zusammensetzt, lassen sich MPEG-Dateien normalerweise nur aufs I-Frame genau schneiden. Ist der MPEG-Encoder TMPGEnc installiert und unter „Aktionen, Einstellungen, Encoding“ der Encoding-Modus von Cuttermaran aktiviert, kann das Programm auch Frame-genau schneiden. Beim eigentlichen Schnitt kodiert TMPGEnc lediglich die jeweils betroffene GOP neu.

In Cuttermaran markiert man mittels „Setze Startpunkt“ sowie „Setze Endpunkt“ die beizubehaltenden Teile der Aufnahme und übergibt sie an die Schnittliste („Füge Bereich zu Schnittliste“).

Besonders schnell lassen sich Spielfilme schneiden, die mit Dolby-Digital-5.1-Ton ausgestrahlt wurden: Beim Klick auf die Schaltfläche „Vorschläge“ präsentiert Cuttermaran eine Liste der Wechsel zwischen Dolby Digital 2.0 (Werbung) und Dolby Digital 5.1 (Film). Statt manuell nach geeigneten Schnittmarken zu suchen, reicht ein Klick in die Vorschlagsliste, und Cuttermaran springt zum Werbebeginn/-ende. Nach ein wenig Frame-weisen Feintuning übernimmt man den Vorschlag in die Schnittliste.

Blind darf man auf die vorgeschlagenen Schnittmarken indes nicht vertrauen, denn vereinzelt wird auch Werbung in 5.1 gesendet - daher sollte man immer einen Blick auf die Länge des gewählten 5.1-Segments werfen.

Selbst fĂĽr diejenigen, die sich mit dem platzsparenden Stereosound in MP2 (192 kBit/s statt bei Dolby Digital 5.1 mit 448 kBit/s) begnĂĽgen wollen, erweist sich Cuttermarans Vorschlagsliste als Schnittbeschleuniger. Das Programm schneidet ohnehin beide Tonspuren parallel, sofern sie im gleichen Verzeichnis vorliegen (.mp2 und .ac3).

Die Schnittvorbereitungen sind so in wenigen Minuten erledigt. Die eigentliche Verarbeitung startet mit einem Druck auf „Video/Audio Schnitt“.

Zu guter Letzt gilt es, die geschnittenen Videos auf DVD zu bannen: Wer nur einen Film ohne Menüs auf der Scheibe unterbringen will, der kann zur Freeware IfoEdit greifen. Einfach den Authoring-Modus starten, Videodatei, Audiodatei sowie optional Kapitelmarken hinzufügen und den Erstellungsprozess starten. Dank des Reauthoring-Modus von Recode 2, DVDShrink oder anderen DVD-Transcodern lassen sich auch zwei einzeln mit IfoEdit aufbereitete Filme auf eine DVD bringen. Dazu entsorgt man zunächst die Dateien VIDEO_TS.IFO und VIDEO_TS.BUP in beiden Projekt-Verzeichnissen, benennt die VTS_01_*.* des zweiten Films in VTS_02_*.* um und verschiebt sie ins Verzeichnis des ersten Films. Anschließend erstellt man mit Hilfe des Reauthoring-Modus die VIDEO_TS-Dateien neu und brennt das Projekt wahlweise mit dem jeweiligen Programm selbst oder einer beliebigen DVD-Brennsoftware.

Bei der Erstellung von Video-DVDs mit Menüs (natürlich gehts auch ohne) leistet die Shareware DVD-lab gute Dienste. Dem Programm fehlt ein MPEG-Encoder, sodass man nicht Gefahr läuft, die zuvor verlustfrei bearbeiteten DVB-Mitschnitte versehentlich neu zu kodieren. (vza)

[1] Dr. Volker Zota, Auf DVD gesendet, DVB-T-Aufnahmen verlustfrei bearbeiten und auf DVD archivieren, c't 11/04, S. 122

"Umsteigen auf DVB-T"
Weitere Artikel zum Thema DVB-T finden Sie in der c't 22/2004:
Mehr Sender, mehr Programme S. 170
DVB-T gegenĂĽber Kabel und Satellit S. 172
PC-Lösungen und Festplattenreceiver im Test S. 180
Mitschnitte auf Video-DVD brennen S. 184

(vza)