Entfesselt

Wenn der Hersteller Ihres Komplett-PC oder Notebooks keine vollwertige Windows-CD mitliefert, brennen Sie sich einfach selbst eine: Das hier vorgestellte Skript baut eine solche vollautomatisch aus Installationsdateien zusammen, die es der Systempartition entnimmt.

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Von
  • Karsten Violka
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Viele Käufer von Komplett-PCs und Notebooks suchen in den Kartons vergeblich nach einer vollwertigen Installations-CD für Windows XP. Häufig liegen stattdessen so genannte Recovery-CDs bei, die nicht für eine saubere Neuinstallation taugen. Wenn man davon bootet, spielen sie lediglich ein vorgefertigtes Image auf die Platte zurück und stellen damit den Auslieferungszustand wieder her.

Die Softwareauswahl, die PC-Hersteller auf ihren Geräten vorinstallieren, trifft nicht immer jedermanns Geschmack. Windows frisch einzuspielen geht meist schneller von der Hand als das System manuell zu bereinigen. Wer ein zweites Betriebssystem parallel zu seinem Arbeits-Windows installieren möchte - sei es auf einer separaten Partition der Festplatte oder in einem PC-Emulator wie VMware [1] -, benötigt die Installations-CD ohnehin.

Von der CD startet auch die Wiederherstellungskonsole, deren Befehlssatz dabei hilft, ein streikendes Windows wiederzubeleben. Als Rosskur für einen PC, der lahmt oder gar nicht mehr startet, kann man mit der Windows-CD eine Reparaturinstallation durchführen, die Betriebsysstem und Treiber neu einspielt. Anwendungen, Benutzerkonten und -daten bleiben davon unberührt [2].

Auch wenn ein Hersteller keine Windows-CD mitliefert, findet sich auf der Systempartition so gut wie immer ein mehrere hundert MByte großer Ordner namens i386, der Microsofts Installationsdateien vorhält. Das Betriebssystem greift gelegentlich darauf zu, um etwa Treiber nachzuinstallieren. Wir haben ein leicht zu bedienendes Skript entwickelt, das aus diesen Dateien eine ISO-Image-Datei fertigt. Die müssen Sie nur noch noch mit einem Brennprogramm auf einen Rohling schreiben, um die bootfähige CD in den Händen zu halten.

Unser Werkzeug erstellt in wenigen Schritten eine ISO-Image-Datei, die Sie nur noch auf CD brennen müssen, um die bootfähige Installations-CD zu erhalten.

Das Skript kann die Installationsdateien mit dem Service Pack 2 auffrischen, bevor es die neue CD erstellt.

So gut wie jedes Brennprogramm kennt eine spezielle Funktion, mit der sich das fertige ISO-Image auf CD schreiben lässt.

Entpacken Sie das unter dem Soft-Link erhältliche Zip-Archiv in einem beliebigen Verzeichnis. Im Zielordner finden Sie auch den Quelltext, der im Basic-Dialekt der Skriptsprache AutoIt [1] formuliert ist. Das Skript bedient sich der ebenfalls im Archiv enthaltenen Open-Source-Werkzeuge dd und mkisofs, um aus den Installationsdateien das fertige Image zu bauen.

Nach einem Doppelklick auf slipstreamer.exe wählen Sie im oberen Feld den Ordner i386 aus, der die Installationsdateien bereitstellt. Auf der Festplatte Ihres PC finden Sie ihn meist direkt auf Laufwerk C: oder unter C:\Windows. Einen gültigen Quellordner bestätigt das Programm, indem es die Build-Nummer der enthaltenen Windows-XP-Version zeigt und signalisiert, ob das Service Pack 2 schon integriert ist.

Der Zielordner sollte sich auf einem Laufwerk mit mindestens 1,5 GByte freiem Speicher befinden. Das Skript kann die kopierten Installationsdateien mit dem Service Pack 2 auffrischen, bevor es das ISO-Image erstellt. Das empfiehlt sich nicht nur für ältere Quelldateien. Mit dem Schalter „OEM-Dateien mit SP-Dateien überschreiben“ ersetzt das Programm einige Installationsdateien, die der PC-Hersteller modifiziert hat, mit Microsofts Original-Versionen aus dem Service Pack. Damit lässt sich vermeiden, dass sich die fertige CD während der Installation über fehlende Dateien beschwert.

Unter dem Soft-Link steht Microsofts circa 280 MByte großes Installationspaket für das Service Pack 2 zum Download bereit. Wer Microsofts Sicherheits-Check-CD zur Hand hat, die c't 23/05 beilag, findet das Service Pack unter \updates\windowsxpsp2\. Aktivieren Sie die Service-Pack-Option und wählen Sie die ausführbare Datei des Installationspakets aus.

Wenn alle Eingaben plausibel sind, gibt das Skript den Startknopf frei. Nach einem Klick darauf können Sie sich zurücklehnen, alles Weitere läuft vollautomatisch ab. Als Erstes kopiert das Skript die Installationsdateien in das Unterverzeichnis cdroot im angegebenen Zielordner. Im sich öffnenden DOS-Fenster lässt sich der Fortschritt des xcopy-Befehls beobachten.

Anschließend packt das Skript das Service Pack im Zielordner unter \sp2 aus und startet die Integration in die kopierten Installationsdateien. Den Erfolg lässt sich das Service Pack vom Anwender mit einem Mausklick bestätigen. Ist die OEM-Option gewählt, kopiert das Skript anschließend den Inhalt des Service-Pack-Ordners \spfiles\i386\ic in den Zielordner i386 und überschreibt damit die Änderungen des PC-Herstellers.

Damit die selbst erstellte Windows-CD startet, muss sie mit dem nötigen Bootcode versehen sein, der sich auf manuellem Wege etwa aus einer Original-CD extrahieren lässt. Unser Skript schneidet den 2048 Byte langen Code mit Hilfe von dd aus Microsofts Systemdatei spcmdcon.sys aus, die sich im i386-Ordner findet.

Die letzte fehlende Zutat sind ein paar Dateien im Wurzelverzeichnis der Windows-CD, anhand derer das Installationsprogramm die Windows-Version identifiziert. Das Skript legt vorsorglich alle mit „win51“ beginnenden Markierungsdateien für Windows XP Home und Professional an, sodass die CD mit jeder Variante funktioniert. Zum Schluss übernimmt das Programm mkisofs die Aufgabe, aus dem vorbereiteten Ordner cdroot die ISO-Datei zu erstellen.

Die meisten Brennprogramme bieten eine spezielle Funktion, die ISO-Dateien auf CD schreibt. Bei Nero 6 ist die Menüfunktion „Rekorder/Image brennen“ zuständig. Ziehen Sie die Image-Datei nicht einfach in ein neues CD-Projekt, sonst erhalten Sie eine Daten-CD, die als einzige Datei das ISO-Image enthält.

Bei der Neuinstallation verlangt Windows nach einem Lizenz-Schlüssel. Diesen 25-stelligen CD-Key verrät ein Aufkleber, der die Unter- oder Rückseite Ihres Notebooks oder PC schmückt.

Den für eine Neunstallation nötigen Produktschlüssel lesen Sie von einem Aufkleber ab, der meist die Rück- oder Unterseite der Komplett-PCs und Notebooks ziert.

Bevor Sie sich daranmachen, die Vorinstallation von der Platte zu fegen, sollten Sie ein Image der Systempartition anfertigen, sodass Sie den Ausgangszustand leicht wiederherstellen können, falls die Neuinstallation nicht zum gewünschten Ergebnis führt.

Suchen Sie die Website des PC-Herstellers auf und laden Sie alle nötigen Gerätetreiber herunter. Diese müssen Sie nach der Neuinstallation manuell einrichten. Besonders bei Notebooks sind oft auch zusätzliche Programmpakete wichtig, die etwa Energiespar-Optionen oder spezielle Steuertasten aktivieren. Bei Notebooks sind Sie zudem auf die Grafik-Treiber des Geräteherstellers angewiesen. Generische Treiberpakete, wie sie ATI und Nvidia anbieten, sind für die Mobilvarianten der Chips in der Regel nicht geeignet. Für eine Installation in einem virtuellen PC sind die Zusatztreiber verzichtbar, dafür bringt Windows selbst alles Nötige mit.

Während der Skript-Entwicklung haben wir aus den i386-Ordnern verschiedener Komplettsysteme und Notebooks erfolgreich Windows-CDs erstellt, mit denen sich ein frisches Windows in eine virtuelle Maschine einspielen ließ. In wenigen Fällen vermisste das Windows-Setup trotz Modifikation einzelne Systemdateien - das kann man aber getrost ignorieren. Nur mit einem Dell-System als Quelle hatten wir keinen Erfolg. Das Image passte nicht auf CD, und eine DVD blieb während der Installation hängen.

Sie können auch eine ältere Windows-XP-CD ohne viel Handarbeit mit dem Service Pack 2 auffrischen. Geben Sie als Quelle einfach den Buchstaben des Laufwerks an, in dem die CD liegt, damit das Skript den gesamten Inhalt kopiert, aktualisiert und in das ISO-Image überträgt.

[1] Sven Ahnert, Der PC im PC, Virtuelle Rechner mit VMware, c't 20/05 S. 100

[2] Karsten Violka, Linux als Umzugshelfer, Betriebssystem mit Knoppix per Netzwerk klonen, c't 13/05, S. 214

[3] Skriptsprache AutoIt

[4] Kai Mielke, Woher, wofür? Verschärfte Aktivierungsprüfung für Windows XP wirft Rechtsprobleme auf, c't 8/05, S. 176

[5] Kai Mielke, Lizenzgestrüpp, Rechtsunsicherheiten beim Umgang mit Standardsoftware, c't 22/04, S. 210

[6] Thomas Heymann, Bundles, Bytes und Paragrafen, Rechtsfragen der Softwarenutzung, c't 8/00, S. 104

Soft-Link

Beim Basteln mit einem Windows-Betriebssystem, das zu einem Rechner mitgeliefert wurde, hat man es mit einem urheberrechtlich geschützten Werk zu tun. Mit dem Kauf des Rechners hat man zugleich das Recht erworben, die beigelegte Software bestimmungsgemäß zu nutzen - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Bei der Frage, was denn zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines vorinstallierten Windows XP gehört und was nicht, beginnt ein Bereich hoch umstrittener Einzelprobleme. Vieles, was man mit Software anstellen kann, ist von Gesetzes wegen deren Urhebern vorbehalten und darf nur mit Erlaubnis derselben geschehen. Einige Handlungen sind allerdings notwendig, um das Betriebssystem seiner Bestimmung entsprechend zu nutzen. Weil der Käufer das Recht dazu erworben hat, braucht er für alles, was beispielsweise zum Hochfahren seines Windows gehört, keine Extragenehmigung. Eine Sicherheitskopie für Archivierungs- und Wiederherstellungszwecke darf er ebenfalls ohne weiteres anfertigen. Darüber hinaus braucht er auch keine besondere Erlaubnis, um Fehler seines Betriebssystems zu beseitigen. Falls nötig, darf er dafür sogar Werkzeuge wie Disassembler einsetzen, um erforderliche Code-Reparaturen vorzunehmen.

Ob es auch als Entfehlerungsmaßnahme durchgehen kann, wenn man ein verdongeltes, nur vorinstalliert oder als Recovery-CD vorliegendes Windows in ein unabhängig installierbares und technisch gesehen überall einzusetzendes System verwandelt, darüber lässt sich streiten. Vielfach sind schlampig konfektionierte Recovery-CDs aufgefallen, die für eine Systemwiederherstellung kaum geeignet waren. In solchen Fällen wäre die Selbsthilfe in Form einer Do-it-yourself-Installations-CD wohl rechtlich unbedenklich. Wann immer so eine Maßnahme geeignet ist, dem rechtmäßigen Nutzer den künftigen reibungslosen Einsatz des Systems zu ermöglichen, wird man auch rechtlich nichts dagegen einwenden können.

Ganz sicher jenseits der erlaubten bestimmungsgemäßen Nutzung bewegt sich derjenige, der zwei Kopien seines Windows-Exemplars gleichzeitig auf verschiedenen Rechnern einsetzt. Wie ist aber eine Doppelinstallation zu beurteilen, die auf zwei Partitionen desselben Rechners angelegt wird und per Bootmenü ein Umschalten zwischen diesen beiden quasi-eigenständigen PCs im PC erlaubt? Microsoft will von dergleichen nichts wissen und erklärt nur eine einzige Installation für legal, und zwar nur auf dem Rechner, zu dem das Betriebssystemexemplar mitgeliefert wurde.

Eine solche Einschränkung ist rechtlich allerdings fragwürdig, sofern der Kunde keinen zusätzlichen Vertrag geschlossen hat, der solches verbietet. Man müsste schon schwere juristische Klimmzüge unternehmen, um den Betrieb eines Dual-Boot-Systems nicht mehr als bestimmungsgemäße Windows-Nutzung zu betrachten.

Auch der „Umzug“ eines mitgelieferten Windows-Exemplars von einem alten Rechner auf einen neuen dürfte als legal gelten. Das Urheberrecht liefert dem Softwarehersteller keine Handhabe, dem Endanwender vorzuschreiben, auf welchem Rechnerexemplar er seine Software einzusetzen hat. Wenn Microsoft dergleichen Umzugspraxis allerdings durch die technische Hintertür - sprich: durch das Verweigern einer dafür benötigten neuen Windows-Aktivierung - hintertreibt, wird es schwierig. Es gibt dann zumindest keinen einfachen rechtlichen Hebel, den man ansetzen könnte, um eine Aktivierung zu erzwingen [4].

Bei vielen zivilrechtlichen Fragen ist es so, dass sie erst gestellt werden, wenn ein Geschädigter Ansprüche anmelden kann: „Wo kein Kläger, da kein Richter“, sagt das Sprichwort. Solange jemand im stillen Kämmerlein an seinem Windows-Exemplar herumbastelt, wird dies niemand anderen interessieren. Wenn er allerdings den Rechner mit einer manipulierten Windows-Version (oder gar diese Windows-Version allein) weiterverkaufen will, begibt er sich auf rechtliches Glatteis. Mit dem Kauf des Rechners hat er immerhin kein Verbreitungsrecht für Bastel-Windows-Versionen erworben.

In diesem Zusammenhang ist oft auf sehr irreführende Weise von so genannten OEM-Lizenzen die Rede. Es heißt dann beispielsweise, die Lizenz (und somit quasi das urheberrechtliche Herz des Betriebssystems) sei ausschließlich an die Seriennummer respektive an den Aufkleber, auf dem diese steht, gebunden.

Das ist definitiv falsch. Das Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung - und nichts anderes bedeutet „Lizenz“ - ist weder an den Key noch an den Aufkleber allein gebunden, sondern an das komplette Windows-Exemplar, bestehend aus vorinstalliertem Festplatteninhalt, Recovery-Datenträger, Zertifikat und Key sowie Begleitheft. Ohne Erlaubnis des Urhebers ist es nicht zulässig, den solchermaßen definierten Umfang des Produkts aufzulösen, aufzuteilen, nach Belieben neu zu konfektionieren und weiterzuverkaufen [5].

Die gefürchtete EULA-Klauselwüste (End User Licence Agreement), die jedem PC mit vorinstalliertem Windows beiliegt und die man bei jeder Neuinstallation per Zwangs-Mausklick abnicken muss, hat übrigens keine vertraglich bindende Kraft - auch wenn Microsoft das gern so sehen möchte. Ein Käufer eines Komplett-PC hat vor dem Kauf in der Regel keine Kenntnis von ihrem Inhalt. Sie wird somit auch nicht zum Bestandteil des Kaufvertrags, sondern bleibt eine einseitige Willenserklärung der Urheber, die als Verständnis- und Auslegungshilfe heranzuziehen ist, wenn es etwa um die Frage geht, wozu das Betriebssystemexemplar geeignet und bestimmt ist. [6]. (kav)