Bildgebend

Ab 94 cm Bildschirmdiagonale finden sich auf dem Markt TV-Geräte sowohl mit WXGA- als auch mit Full-HD-Panels - letztere meist zu einem deutlich höheren Preis. Führt die Mehr-Investition tatsächlich zu einem gesteigerten Fernsehvergnügen, oder machen sich die prestigeträchtigen Pixel-Angaben womöglich nur auf dem Prospekt gut?

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Carsten Meyer
  • Peter Nonhoff-Arps
Inhaltsverzeichnis

Schenkt man der Werbung Glauben, ist „HD ready“ bereits wieder von gestern, weil sich der visuelle Hochgenuss angeblich erst mit einem 1080-Zeilen-Panel einstellt. Für solche Geräte hat sich inzwischen die Bezeichnung „Full HD“ etabliert, die auf die derzeit höchste HDTV-Auflösung mit 1920 x 1080 Bildpunkten (1080i) anspielt. Im Unterschied zum „HD ready“-Logo (min. 720 Zeilen) stammt „Full HD“ (bisweilen auch „True HD“) aber nicht von der EICTA (European Information, Communications and Consumer Electronics Industry Technology Association), sondern von den TV-Herstellern selbst - eine Marketing-Schöpfung ohne jeden standardisierenden Charakter, aber eindeutig mit Buzzword-Potenzial.

Letztlich besagt die Angabe nur, dass ein Gerät mit einem 1080-Zeilen-Panel ausgestattet ist, aber keineswegs, wie es die Bilder verarbeitet und darstellt. Manch ein (älteres) Modell nimmt bei 1080i-Material immer noch den qualitätsmindernden Umweg über einen 720-Zeilen-Deinterlacer, weil die für 1080i-Darstellung nötige Rechenleistung bis vor kurzem einfach noch nicht zur Verfügung stand.

Drei der acht Geräte im Test-feld, namentlich der Philips 37PF9731D, der Sony KDL-40X2000 und der Toshiba 37WL67Z besitzen ein aktuelles 1920 x 1080-Panel und entsprechen somit der „Full HD“-Nomenklatur. Die anderen fünf - Grundig Lenaro LXW94, Metz Milos 37, LG 3725R-ZH, Loewe Xelos A37 und Viewsonic N3760w - bescheiden sich mit einem WXGA-Panel, das 1366 x 768 Bildpunkte auflöst. Mit dieser wohl historisch bedingten, weder zur 720p- noch zur 1080i-Darstellung so richtig passenden Auflösung muss man sich leider abfinden - eine pixelgenaue Darstellung ist hier schon rechnerisch nicht möglich.

Wer nun denkt, dass 1080 HDTV-Zeilen auf 1080 Bildschirm-Zeilen viel besser passen, vergisst dabei den sogenannten Overscan, der bei nicht professionellen Sichtgeräten leider die Regel ist: Auch die „Full HD“-Fernseher skalieren das angelieferte 1080i-Bild um einige Prozent hoch, damit sie den Bildrand - der oft mit Artefakten und Störungen des Filmabtasters verseucht ist - abschneiden können. Mit der wünschenswerten pixelgenauen Abbildung hapert es also auch hier.

Immerhin: Die meisten Scaler- und Deinterlacer-Chips arbeiten inzwischen so gut, dass man nur mit der Nase auf der Mattscheibe etwas vom „unrunden“ Rechenvorgang mitbekommt: Schräge Linien verlaufen nicht ganz gleichmäßig, und bei bestimmten Mustern macht sich ein leichtes Moiré bemerkbar. Was sich im Testbild noch erahnen lässt, fällt bei Kameraaufnahmen allerdings nicht mehr auf.

Nicht nur für die pixelzählende Kundschaft ist natürlich die Frage spannend, ob der rechnerische Auflösungsvorteil der Full-HD-Modelle sich tatsächlich in einem besseren Bild manifestiert und ob der Mehrpreis, der für diese Geräte aufgerufen wird, sich gegenüber dem Familienrat rechtfertigen lässt. Eine überschlägige Rechnung liefert ein erstes Indiz: Die theoretische Auflösung des normalsichtigen Auges beträgt 1 Winkelminute oder umgerechnet auf zwei Meter Betrachtungsabstand „1 Fliegenschiss“ (0,6 mm). Das entspricht erstaunlich exakt dem Pixelabstand eines 94-cm-Geräts mit WXGA-Panel (Schirmfläche 82 cm x 46,5 cm).

Ohne das Testergebnis vorwegnehmen zu wollen: Tatsächlich fiel es selbst den geübten Testern schwer, aus „normaler“ Seh-Entfernung die Full-HD-Modelle auszumachen - vorausgesetzt natürlich, dass die Scaler- und Deinterlacer-Chips in den Geräten nicht von gestern sind (will meinen: aus einer älteren, weniger leistungsfähigen Generation) und ihre Aufgabe ordentlich erledigen. Bestenfalls bei eingehender Betrachtung statischer Testbilder konnten wir ohne längeres Rätselraten die drei Full-HD-Modelle identifizieren. Aus drei Metern Entfernung egalisierten sich die Unterschiede auch hier - von unrühmlichen Ausnahmen bei den WXGA-Modellen einmal abgesehen, aber dazu später.

Wichtiger als die Auflösung erscheinen uns die Schnelligkeit des Panels, sein Kontrastverhalten sowie die Farb- und Hauttonwiedergabe. Die Schnelligkeit sollte man nicht unterbewerten: In der Vergangenheit traten bei Flachdisplays immer wieder unschöne Wisch-Effekte und Bewegungsunschärfen (Motion Blurring) auf [1].

Das Kontrastverhalten ist ein weiterer komplexer Punkt, der nicht nur den erreichbaren Maximalkontrast, sondern auch die Blickwinkelabhängigkeit und die Graustufenauflösung umfasst. Lassen Sie sich von exorbitanten Kontrast-Angaben nicht blenden, wenn der Zusatz „dynamisch“ dabeisteht; derlei Geräte regeln bei dunklem Bildinhalt einfach die Hintergrundbeleuchtung zurück, was bei schnellen Szenenwechseln nerven kann. Bei LCDs kommt eine erhebliche Blickwinkelabhängigkeit zum Tragen: Schlechte Geräte zeigen hier schon bei leicht seitlichem Aufblick bräunlich oder bunt schimmernde Dunkelflächen und verlieren an Farbsättigung. Das kann bereits in geselliger Runde auffällig werden. Wenn ein Gerät Graustufen in sehr hellen und sehr dunklen Bereichen nicht ordentlich auflöst, kommt es zu auswaschenden Lichtern und absaufenden Schatten: Braut und Schornsteinfeger haben dann keine Zeichnung mehr in ihrer Kleidung und wirken wie mit einem dicken Pinsel gemalt.

Mit Ausnahme des Sony, der mit einem „Wide Gamut“-Panel (mit erweitertem Farbraum) ausgestattet ist, geraten bei den getesteten LCDs Rot-Töne durchweg deutlich zu orange und sattes Grün bisweilen gelblich. Trotzdem waren wir von den gelieferten Hauttönen angenehm überrascht, derbe Ausrutscher mit schweinchenrosa Teints und grünlichen Kinnschatten leistete sich diesmal kein Gerät.

Besonders kreativ geben sich die TV-Hersteller bei den diversen Bildverbesserungs-Algorithmen. Nicht alles, was sich auf dem Prospekt-Papier beeindruckend liest, liefert dabei auch bessere Bilder. Oft wirken sich die vermeintlichen Optimierer nicht sichtbar oder gar negativ auf die Bildqualität aus, wenn etwa die Kontrastautomatik Schatten in undurchdringliches Schwarz abgleiten lässt oder die Rauschunterdrückung auch Fältchen und Poren der abgebildeten Personen zuspachtelt, was Gesichtern etwas Maskenhaftes verleiht.

Egal, was der Hersteller mit seinen jeweiligen Gimmicks verspricht: Abschaltbar sollten sie schon sein - und sei es nur, damit man sich von ihrer Wirkung überzeugen kann. Uns drängt sich so langsam der Eindruck auf, dass die bisweilen unübersichtlich vielen Einstelloptionen dem Nutzer weismachen wollen, die bei einigen Geräten weniger überzeugende Bildqualität hätte nur etwas mit einer nicht so ganz optimalen Einstellung zu tun: „Da muss ich irgendwann noch mal in Ruhe ran“, denkt der Kunde und findet sich mit der bescheidenen Darstellung ab.

Wir hatten diese Ruhe und probierten alles aus, was die Menüs hergaben. Das konnte im Falle des Toshiba nervenaufreibend sein, bei dem man sogar die Gamma- und Helligkeitswerte der einzelnen Farbkanäle nachjustieren kann, oder frustrierend wie beim ViewSonic, dem wir im HD-Betrieb nicht einmal die übersättigten Farben abgewöhnen konnten - der Farbsättigungsregler ist hier einfach außer Betrieb. Ansonsten testeten wir die HD-ready-Konformität, die Bild- und Tonqualität bei HDTV-, PAL- und DVD-Wiedergabe und natürlich die Bedienung.

Alle Geräte sind mit einer VGA-Buchse für den (analogen) Anschluss an eine PC-Grafikkarte ausgestattet. Die Fähigkeiten des Testfelds bezüglich Auflösung und Darstellungsqualität am PC sind breit gestreut, und immer noch finden sich diesbezüglich echte Nieten darunter - offensichtlich gehen die Hersteller davon aus, dass die Kundschaft die Monitornutzung nicht priorisiert. Fünf der acht Geräte akzeptierten immerhin den WXGA-Breitbild-Modus vom PC, während die Full-HD-Modelle sich durchweg außerstande sahen, hier die volle Panel-Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten darzustellen (siehe Tabelle „PC-Auflösungen“).

Immerhin konnten wir sämtliche Geräte auch über einen HDMI-DVI-Adapter an einer Grafikkarte mit Digitalausgang betreiben, was sich aber nur für die Fullscreen-Medienwiedergabe im 720p-Modus empfiehlt - beim Desktop schneidet der HDTV-Overscan (sowohl bei 720p als auch bei 1080i) die Windows-Taskleiste ab [2], und mit 1080i-Auflösung zittern horizontale Linien etwas (Sony) bis unerträglich (Loewe).

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 26/2006.

[1] Stefan Porteck, Schlierenfrei, Scharfe Bewegtbilder auf Flachbildschirmen, c't 18/06, S. 118

[2] Carsten Meyer, Bildschirmfüllend, HDTV-Fernseher am PC betreiben, c't 15/06, S. 200 (cm)