One Laptop per Child in Turbulenzen

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Von
  • Florian Müssig

Zumindest über mangelnde Aufmerksamkeit konnte die Organisation One Laptop per Child (OLPC) in den letzten Wochen nicht klagen - wohl aber darüber, dass die Zukunft ihres Bildungsprojekts nach dem Ausstieg von Intel unsicherer denn je ist.

OLPC-Chef Nicholas Negroponte interpretiert den Vorgang als Rauswurf und liefert die Begründung, dass Intel aktiv versucht hätte, OLPC-Projekten zu schaden. Das bekräftigt ein hochrangiger Mitarbeiter des peruanischen Bildungsministeriums, nach dessen Aussage Intel vorstellig wurde, um vor fehlerhafter OLPC-Hardware zu warnen - nachdem Peru Anfang Dezember rund 270 000 XO-Laptops bestellt hatte.

Intel sieht das natürlich anders. Laut Unternehmenssprecherin Agnes Kwan gibt es keine Basis für eine Zusammenarbeit mehr, weil OLPC von Intel verlangt hat, den Verkauf des Classmate PC zu stoppen.

Im Juli 2007 bekam Intel einen Vorstandsposten bei OLPC, nachdem der Chipriese mit seinem Konkurrenzprodukt Classmate PC gehörig Druck gemacht hat. OLPC muss seinen XO-Laptop, der derzeit knapp 200 US-Dollar kostet, millionenfach verkaufen, damit die Kalkulation aufgeht [1]. Doch von diesem Ziel war die Organisation weit entfernt. Mit dem Einstieg von Intel hatte man ein Problem weniger; der Friedensschluss zwischen OLPC und Intel hielt allerdings nicht einmal ein halbes Jahr.

Ab sofort muss OLPC nicht nur wieder allein um Stückzahlen kämpfen, sondern sich auf ein Neues gegen Intels Bildungsinitiativen [2] und den Classmate PC stemmen. Zudem gehen OLPC bereits von Intel versprochene Zahlungen von einigen Millionen US-Dollar durch die Lappen. Auf die Entwicklungs- und Schwellenländer als einzige Auftraggeber zu setzen, wie es OLPC ursprünglich plante, dürfte in Zukunft erst recht nicht genügen.

Der Verkauf soll unter anderem durch den Vertrieb des XO in Industriestaaten angekurbelt werden - allerdings mit Auflagen. OLPC startete letztes Jahr die Initiative „Give 1 Get 1“ für Kanada und USA: Für 399 US-Dollar konnten dort Bürger einen XO kaufen und einen spenden. Das Programm hatte OLPC bis Ende letzten Jahres verlängert, und es würde verwundern, wenn das die letzte Aktion dieser Art gewesen wäre.

Walter Bender, der Software und Inhalte bei OLPC verantwortet, öffnete in einem Interview mit Technology Review nach der Trennung von Intel einen neuen Weg, indem er eine Lizenzierung der XO-Technik zumindest für möglich hielt. Soll heißen, wenn es mit dem Verkauf des XO nicht klappt, sollen wenigstens die Ideen fortbestehen.

[1] Jürgen Rink, Kinderleicht lernen für alle, Das Projekt „One Laptop Per Child“ geht in die kritische Phase, c't 7/07, S. 138

[2] Jürgen Rink, Entwicklungsmarkt, Intels Antwort auf den 100-Dollar-Laptop, c't 16/07, S. 110 (jr)