Weichenstellung für die TV-Zukunft

Die Rundfunkgebühr soll laut Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zum 1. Januar 2009 um 5,6 Prozent auf 17,98 Euro je Gerät und Monat angehoben werden. Damit werden ARD, ZDF und Arte in die Lage versetzt, künftig hochaufgelöste Fernsehbilder auszustrahlen; ein schneller Abschied vom PAL-Fernseher ist jedoch nicht geplant.

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Von
  • Nico Jurran

Mit ihrer Empfehlung, die „GEZ-Gebühr“ um 95 Cent anzuheben, blieb die Rundfunkgebührenkommission zwar um rund 50 Cent unter den Bedarfsmeldungen der Öffentlich-Rechtlichen für die Jahre 2009 bis 2012. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder, zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass die Empfehlung keinen großen Streit hervorrufen werde. Sein baden-württembergischer Amtskollege Günther Oettinger forderte die Bundesländer auf, die nötige Zustimmung zum entsprechenden Staatsvertrag zu geben.

Den größten Posten beim „Entwicklungsbedarf“ stellt das hochaufgelösende Fernsehen (HDTV) dar; Arte meldete sogar nur in diesem Bereich Mehrbedarf an. Allerdings nimmt sich der Antrag des deutsch-französischen Senders mit einer Gesamtsumme von 12,1 Millionen Euro bescheiden aus gegenüber den 140 und 134,4 Millionen Euro, die ARD und ZDF wollten.

Arte nimmt schon in diesem Jahr den HDTV-Regelbetrieb auf, während die großen öffentlich-rechtlichen Sender erst zu den Olympischen Winterspielen 2010 starten wollen [1]. Immerhin ist zuvor eine „ausführliche Testphase“ geplant. Im 16. Bericht der KEF [2] ist aber auch nachzulesen, dass es im Regelbetrieb einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden großen Sendeanstalten geben wird: So will nur die ARD ihr Hauptprogramm vom ersten Tag an vollständig in HD zeigen, während das ZDF nach eigenen Angaben auch hochgerechnetes Standardmaterial (SDTV) ausstrahlen möchte – so wie dies heute bereits ProSieben und Sat.1 machen.

Laut KEF-Bericht wird auf die ARD seitens der Display-Hersteller ein „erheblicher Druck“ ausgeübt, HDTV zügig einzuführen. Immerhin würde „zunehmend mit Flachdisplays“ Umsatz gemacht, „die durch das ’HD ready’-Logo als (begrenzt) HDTV-fähig gekennzeichnet sind“. Auf den 332 Seiten des Berichts ist aber kein Hinweis darauf zu finden, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch dafür kritisiert werden, im Zeitalter von „Full HD“ mit 1920 x 1080 Bildpunkten die Öffentlich-Rechtlichen nur in 720p mit 1280 x 720 Pixel ausstrahlen zu wollen [3].

Die Investitionsmaßnahmen beziehen sich bei der ARD sowohl auf zentral genutzte Technik (wie die Sendeabwicklung für „Das Erste“ in Frankfurt) als auch auf die Landesrundfunkanstalten. Bei der Berechnung der Kosten für die Programmproduktion selbst wurden laut ARD nur die Mehrkosten gegenüber bisher üblicher Fernsehtechnik von bis zu drei Prozent in Ansatz gebracht. Das ZDF kam in seinem Antrag hier auf durchschnittlich fünf Prozent, wovon der Sender aber als Folge eines an der erwarteten Kostenentwicklung orientierten Stufenkonzeptes nur die Hälfte zum Ansatz brachte. Dennoch kam das ZDF auf eine Summe von 70 Millionen Euro, während die ARD nur 30 Millionen veranschlagte.

Die Quittung folgte prompt: Während die Kommission den angemeldeten Bedarf für die HDTV-Einführung bei der ARD nur leicht von 140 auf 133,4 Millionen Euro kürzte, zog sie beim ZDF von den beantragten 134,4 Millionen Euro auf Grundlage eigener Schätzungen satte 35 Millionen Euro ab, sodass dem Sender „nur“ 99,4 Millionen Euro bleiben.

Bezüglich der HDTV-Ausstrahlung äußerte sich die ARD in ihrem Antrag lediglich zur Satellitenverbreitung: So will sich der Sender zunächst mit dem ZDF einen Satellitentransponder teilen, ab Ende 2010 soll dann ein erster und ab Ende 2011 ein zweiter Satellitentransponder alleine genutzt werden. Keine Erwähnung findet im Bericht die Verbreitung via Kabel, obwohl laut Verband Privater Kabelnetzbetreiber (ANGA) dessen Marktanteil beim Fernsehempfang in Deutschland bei 54 Prozent liegt.

ARD und Arte planen, die analoge Satellitenverbreitung ihrer Programme 2011 einzustellen, das ZDF will 2012 nachziehen. Da aber Millionen Fernseher und Settop-Boxen in den Haushalten nicht HDTV-fähig sind, will man die Programme neben HDTV auch weiterhin in PAL-Auflösung (digital) senden. Vage blieben die Aussagen über die Dauer der Simulcast-Phase. Die ARD teilte zunächst nur mit, dass sie von mindestens zehn Jahren ausgehe. Die Kommission verlangte hingegen eine genauere Eingrenzung und erklärte in ihrem Bericht selbst, dass die SDTV-Ausstrahlungen wohl „mit dem Jahr 2018 zu Ende gehen werden“.

Während die Sender ihre Anträge bezüglich der HDTV-Entwicklung im Großen und Ganzen durchbekamen, erlebten ARD und Deutschlandradio beim digitalen Hörfunk-Sendestandard DAB (Digital Audio Broadcasting) eine Schlappe: Die für dessen Weiterentwicklung beantragten 140 beziehungsweise 48,4 Millionen Euro strich die KEF auf 22,5 Millionen Euro zusammen. DAB ist damit in Deutschland endgültig gescheitert, der noch bewilligte Betrag darf als Grabpflegezuschuss betrachtet werden: Er dient unter anderem dazu, die bereits gestarteten Sender „weiter in Betrieb zu halten“.

Grundsätzlich ist die KEF aber der Überzeugung, dass der „Misserfolg der Digitalisierung des terrestrischen Hörfunks mittels DAB“ nicht bedeuten müsse, dass der terrestrische Hörfunk analog bleibt. Um einen „erfolgreichen Neustart der Digitalisierung“ zu ermöglichen, bewilligte die Kommission ein Projektbudget in Höhe von insgesamt 42 Millionen Euro für die Jahre 2009 bis 2012. Voraussetzung für die Inanspruchnahme sei aber, dass die Kommission ein neu zu beantragendes Entwicklungsprojekt zum Digitalen Hörfunk anerkennt, und „dass das Projekt auf einem deutschlandweiten Konsens auch mit privaten Programmanbietern und Herstellern von Endgeräten beruht“. Bedenkt man, dass es schon bei DAB nicht klappte, alle unter einen Hut zu bringen, darf man von einem hoffnungslosen Unterfangen ausgehen.

[1] Nico Jurran, HDTV-Entwicklungsland, Deutschland fällt beim hochauflösenden Fernsehen zurück, c't 22/07, S. 30

[2] als PDF-Datei abrufbar unter www.kef-online.de/inhalte/bericht16/kef_16bericht.pdf

[3] Nico Jurran, Das bessere HDTV?!, Vor- und Nachteile der Formate 720p und 1080i, c't 22/07, S. 174 (nij)