Die Wirkung des Tastendrucks

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Die Wirkung des Tastendrucks

Unter Leitern geht man nicht hindurch, an schwarzen Katzen nicht vorbei, auf die Bühne nicht ohne "Toi, Toi, Toi" und am Freitag dem 13. bei Triskaidekaphobie nicht vor die Tür.

Gut, dass der nüchterne und gebildete Bürger nicht zum Aberglauben neigt; insbesondere der technisch bewanderte ist über jede esoterische Anwandlung erhaben und glaubt nur an Ursache und Wirkung innerhalb der real existierenden Leiterbahnen und Codezeilen sowie der physikalischen Grundlagen von Mensch, Natur und Technik. Eine Taste ist eine Taste ist eine Taste, und ein Druck darauf hat eine und genau eine Wirkung, ganz gleich, welchen Budenzauber man drum herum veranstaltet.

Nur schlichte Gemüter neigen zu schamanischen Ritualen. Wenn der Windows-PC nicht mehr reagiert, glauben sie, es helfe, besonders energisch auf die Tasten Steuerung, Alt und Entfernen zu drücken. Vielleicht registriert die Elektronik die Dringlichkeit der Lage, so der primitive Glaube. In Zeiten piepsender Modems, als die Seiten noch langsam oder zuweilen gar nicht luden, soll es geholfen haben, die Leitung durch einen Ping auf die IP der gewünschten Seite kräftig durchzupusten.

Stockt ein Fortschrittsbalken bei der Installation, suchen ähnlich gestrickte Nutzer, durch langsam kreisende Bewegungen der Maus die positive Energie ihres Oms auf den Rechner zu übertragen. Die heilende Kraft des dritten Reiki-Grades wird ihn beruhigen. Entdeckt der Fahrstuhl die neue Langsamkeit, während man selbst in Eile ist, müssen andere Riten her. In spiritueller Trance hämmert der Gehetzte wie auf die zeremonielle Trommel gegen den Rufknopf in der Hoffnung, den Lift auf die eigene, angeheizte Bewusstseinsebene sowie das Stockwerk, in dem es kocht, zu levitieren.

Humbug! Alles irrationale Übersprungshandlungen! Ganz anders geht der aufgeklärte Mensch vor. Getränkeautomaten und Röhrenfernseher reagieren positiv auf Schläge und Fußtritte, weil der Fachmann um die Einzelheiten klemmender Mechanik und wackelnder Kontakte weiß. Ursache: verkantete Flasche, Wirkung: Cola at your fingertips.

Konkrete, positive Erfahrungen führen auch zum Dreifachklick. Der anfängliche Einfachklicker merkt, dass die Strategie ihn im Web weiterbringt, an anderer Stelle, beispielsweise auf dem Desktop, aber nicht. Also klickt er fortan auf alles doppelt, was im Web gegenüber dem Einfachklick selten schadet, aber in nahezu allen Fällen hilft. Beim Start-Knopf führt die Methode nicht zum gewünschten Ergebnis, und der Weg zum dritten Klick ist so kurz: Der Dreifachklick ist geboren. Nach der beschriebenen Schaden-Nutzen-Logik wird dieser fortan zur bevorzugten Klick-Strategie.

Wie gesagt: Der technisch beschlagene Mensch weiß, was er tut. In seiner Welt zählen Ursache und Wirkung. Aberglauben gibt es dort nicht, höchstens kreativen Umgang mit der Technik. (akr)