BND-Skandal: Auch ein deutscher Diplomat überwacht

Eine vom BND für die Kontrolleure im Bundestag zusammengestellte Liste der Überwachungsziele alarmiert die Parlamentarier: Demnach wurde bis 2013 auch ein deutscher Diplomat überwacht. Hinzu kommen einige befreundete Staaten und Organisationen.

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BND-Skandal: Auch ein deutscher Diplomat überwacht

(Bild: Christine und Hagen Graf, CC BY 2.0)

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Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat nicht nur Zielpersonen und -organisationen in befreundeten Staaten überwacht, sondern in mindestens einem Fall auch einen deutschen Diplomaten. Das berichtet der RBB und beruft sich dabei auf eine Auswertung der Selektorenliste, die der BND dem Bundestag vorgelegt hat. Die Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne) und Uli Grötsch (SPD) haben in dieser Auflistung der Suchbegriffe Daten zu Hansjörg Haber gefunden, dem gegenwärtigen EU-Botschafter in der Türkei. Das ist brisant, weil Haber als Deutscher auch nach enger Definition vom Grundgesetz geschützt wird und der BND eine Genehmigung der G10-Kommission für solch eine Überwachung benötigt.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Ströbele und Grötsch wollen ihre Erkenntnisse demnach am heutigen Mittwoch im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags vorstellen. Unklar sei noch, in welchem Amt Haber gearbeitet hat, als er vom BND überwacht wurde. So sei er für die Europäische Union in Georgien tätig gewesen, danach in Brüssel und schließlich als deutscher Botschafter in Kairo. Seine Ehefrau ist gegenwärtig Staatssekretärin im Bundesinnenministerium und war davor Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Nicht nur, aber vor allem bei dieser Zielperson dürfte der der BND Schwierigkeiten haben, sie mit seinem Auftragsprofil zu begründen, fasst der RBB zusammen.

Andere kritische Selektoren, die die beiden Abgeordneten gefunden haben, richten sich unter anderem gegen Laurent Fabius – den französischen Außenminister. Mindestens bis 2013 – als das Kanzleramt als Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen eingeschritten war – seien außerdem der Internationale Strafgerichtshof, das UN-Kinderhilfswerk UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation WHO überwacht worden. Weiterhin fänden sich Selektoren zur US-Bundespolizei FBI, dem staatlichen US-Auslandssender Voice of America sowie zahlreiche europäische und US-amerikanische Unternehmen, darunter auch Rüstungskonzerne wie Lockheed.

Die abschließende Prüfung der Selektorenliste werde aber noch Monate dauern, so der RBB. Für weitere Irritationen sorge aber bereits, dass in einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel BND-Überwachungsziele genannt werden, die in der Liste der Abgeordneten nicht auftauchen. Dabei handle es sich etwa um das Internationale Rote Kreuz und den Vatikan. Die Geheimdienstkontrolleure wüssten gegenwärtig nicht, woher diese Informationen stammen und ob sie zutreffen. Dann läge der Verdacht nahe, dass die Liste, die der BND für die Kontrolleure zusammengestellt hat, unvollständig ist. (mho)