Echolot-Brille für Blinde

Kalifornische Forscher arbeiten an einer Brille, mit der sich Sehbehinderte im Raum zurechtfinden können.

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Kalifornische Forscher arbeiten an einer Brille, mit der sich Sehbehinderte im Raum zurechtfinden können.

Eine Forschergruppe am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena um Noelle Stiles und Shinsuke Shimojo hat eine Computerbrille entwickelt, die Sehbehinderten mehr Bewegungsfreiheit im Alltag verschaffen soll.

Das Gerät enthält eine Minikamera, deren Aufnahmen an einen kleinen Computer weitergeleitet werden. Dieser setzt über eine spezielle Software die Bilder in Tonsignale um, die der Träger wiederum über Kopfhörer ins Ohr übertragen bekommt.

Funktionsweise von vOICe.

(Bild: CalTech)

Das "vOICe" betitelte System – "OIC" steht dabei für "Oh I see!", zu Deutsch: "Oh, ich sehe!" – soll den Forschern um Stiles und Shimojo zufolge schnell erlernt werden können. Sie hoffen, dass sich im Gehirn des Trägers Muster aufbauen, die die Töne dem natürlichen Lokalisierungssinn zuordnen. Auch ohne Training soll das System bereits die Orientierung verbessern helfen, wie sich in Versuchen mit Probanden zeigte – um immerhin 33 Prozent.

Die Software zerlegt die Videoaufnahmen in einzelne Bildpunkte, denen jeweils bestimmte Töne zugeordnet werden. Aus Helligkeit und Position im Raum (etwa einem Hindernis) werden Lautstärke und Tonhöhe. Auch der Stereoeffekt (lauter im rechten Ohr, lauter im linken Ohr) kommt zur Lokalisierung von Objekten zum Einsatz. Geeignete Klänge wurden zuvor mit Versuchspersonen getestet – sowohl Blinden als auch Sehenden.

Der Brillen-Prototyp.

(Bild: Caltech)

Technisch erinnert vOICe an eine Art Echolot – wobei der Träger hier nicht selbst ein Signal in den Raum senden muss, dessen Veränderung er dann analysiert. Denn das erledigen Kamera und Software – man muss nur lauschen. Durch die Kopfhörer werden allerdings Klänge der Außenwelt abgeblockt. Aus diesem Grund denken die Forscher über die Verwendung von Knochenleitungslautsprechern nach.

Das "vOICe"-System findet seine Inspiration unter anderem im Alltag des blinden Amerikaners Daniel Kish. Dieser verwendet seit seiner Kindheit ein eigenentwickeltes Pseudo-Echolot-System, das an die Navigation von Fledermäusen erinnert.

Forscher Shinsuke Shimojo mit dem Gerät.

(Bild: CalTech)

Dabei gibt er Klick- und Schnalzlaute von sich, die dann von Oberflächen und Gegenständen reflektiert werden. Aus den ans Ohr zurückkommenden Signalen baut sein Gehirn dann eine Art "Bild" der Umgebung auf, was sich tatsächlich in Aktivitäten des Sehzentrums nachweisen lässt, wie Forscher mittels bildgebender Verfahren feststellten. Kish fährt Fahrrad, geht in Wäldern spazieren, klettert auf Bäume, nutzt keinen Blindenstock und führt ein selbstbestimmtes Leben.

Smart-Glass-Systeme, die Blinden helfen, gibt es schon seit einigen Jahren. So bietet das israelische Unternehmen OrCam ein System an, das Schrift erkennt und Sehbehinderten vorlesen kann. Zudem lassen sich Gegenstände und Personen identifizieren. Eingespeist werden die Informationen über eine kleine Hörkapsel. (bsc)