Qualitätssicherung für die Software im Auto mit Automotive SPICE 3.0

Automotive SPICE 3.0 wurde im Juli diesen Jahres von einem Arbeitskreis des VDA veröffentlicht. Große Erwartungen wurden an diese neue Hauptversion gestellt. Aber was ist darin nun wirklich neu? Für wen stellt die neue Version eine große Umstellung dar? Oder bleibt doch vieles beim Alten?

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Bernd Hindel
  • Bernhard Sechser
Inhaltsverzeichnis

Automotive SPICE® 3.0 wurde im Juli diesen Jahres vom Arbeitskreis 13 des VDA (Verband der Automobilindustrie) veröffentlicht. Große Erwartungen wurden an diese neue Hauptversion gestellt. Aber was ist darin nun wirklich neu? Für wen stellt die neue Version eine große Umstellung dar? Oder bleibt doch vieles beim Alten?

Seit Beginn dieses Jahrtausends wird zunehmend mehr Software in unseren Autos verbaut. Das war und ist für die Automobilhersteller eine Herausforderung – zumal die meiste Software nicht vom Hersteller selbst stammt, sondern von Zulieferern. Das veranlasste die HIS (Hersteller-Initiative Software) der deutschen Automobilhersteller (Audi, BMW, Daimler, Porsche und Volkswagen) am Anfang des letzten Jahrzehnts, sich auf ein Reifegradmodell für die Softwareentwicklung zu einigen, mit dem sie die Entwicklungsprozesse der Zulieferer beurteilen und verbessern können.

Die Wahl fiel auf die ISO/IEC 15504, bekannt auch unter dem Projektnamen SPICE (Software Process Improvement and Capability dEtermination). Dieser Standard definiert ein allgemein verwendbares Modell zur Prozessbewertung und erlaubt unter anderem das Erstellen branchenspezifischer Ableitungen. Die HIS-Unternehmen zusammen mit anderen Herstellern wie Jaguar/Land Rover, Ford, Fiat und Volvo machten sich daran, Automotive SPICE® nach dem Vorbild der ISO/IEC 15504 zu definieren. Diese Gruppe veröffentlichte mehrere Versionen in den Jahren 2005 bis 2010, zuletzt die Version 2.5 des Prozess-Assessment-Modells (PAM). Inzwischen kümmert sich die Arbeitsgruppe 13 des VDA um die Weiterentwicklung. Dieser Arbeitsgruppe gehören heute neben den Herstellern auch Zulieferer wie Bosch, Continental, Knorr-Bremse und ZF an.

Nachdem die ISO (International Organization for Standardization) im November 2013 begonnen hat, die ISO/IEC 15504 durch die ISO/IEC-330xx-Serie abzulösen, war jeder darauf gespannt, was sich bei Automotive SPICE® 3.0 ändern würde.

Bestandteile der ISO/IEC 15504 (Abb. 1)

(Bild: ISO/IEC 33020:2015 )

Im März 2015 wurden die Teile 2 und 7 der ISO/IEC 15504 außer Kraft gesetzt (Abb. 1). Sie beschrieben unter anderem, wie eine Beurteilung im Allgemeinen beziehungsweise für eine Organisation erfolgen soll. In der neuen Normenreihe wird auf diese Themen nun in den Veröffentlichungen ISO/IEC 33001, 33002, 33003, 33004 und 33020 eingegangen (Abb. 2).

Darin sind die wichtigsten Neuerungen eine neue Definition der Prozessattribute und der generischen Praktiken für die Reifegradstufen 4 und 5. Da Assessments in der Automobilindustrie sich aber fast ausschließlich auf die Projektebene bis Level 3 begrenzen, dürfte das zunächst keine große Auswirkungen haben.

Bestandteile der ISO/IEC 330xx (Abb. 2)

(Bild: Automotive SPICE® PAM v3.0, © VDA QMC)

Weiterhin erlaubt die neue ISO/IEC 33020 ein detaillierteres Rating bei der Bewertung "Partially achieved" (teilweise erreicht) und "Largely achieved" (weitgehend erreicht) (Abb. 3). Statt vier ungleichmäßig verteilter Abstufungen (0-15 % (N), >15-50 % (P), >50-85% (L), >85-100% (F)) sind nun sechs weitgehend gleichmäßig verteilte Stufen entstanden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser optional anwendbare Detaillierungsgrad gegenüber dem gewohnten und bewährten Schema durchsetzen wird.