Geschönter Energieverbrauch bei 4K-Fernseher von Samsung

Samsungs Flachbildfernseher UE55JU6050U, ein echter Preiskracher unter den UHD-TVs, hält nicht alle Versprechen des Herstellers. So liegt der Energiebedarf in der Praxis deutlich höher, als es das Energielabel vorgibt.

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Geschönter Energieverbrauch bei 4K-Fernseher von Samsung
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Samsungs 55-Zöller UE55JU6050U zeigt Ultra-HD-Auflösung, bietet eine Bildschirmdiagonale von 1,40 Meter und wird aktuell bei Saturn & Co. für 700 bis 750 Euro angeboten. Da dürfte der ein oder andere schnell zugreifen – zumal nicht nur der Preis, sondern auch die weiteren Daten für das große LCD-TV sprechen. Wir haben uns den Fernseher im Labor genauer angeschaut und dabei einige Entdeckungen gemacht.

So beziffert Samsung den Energiebedarf des 55-zölligen Fernsehers im Energielabel auf 83 Watt. Der Wert bestätigte sich in unserem Test zwar (85 Watt bei 225 cd/m2) – allerdings nur, solange wir die Finger vom Bildmenü ließen. Als wir kurzzeitig die Helligkeitseinstellung veränderten um den Helligkeitsregelbereich zu ermitteln (er reicht von 18 bis 318 cd/m2), stieg der mittlere Energiebedarf auf 120 Watt.

Grund: Beim Samsung-Fernseher ist im Standard-Modus eine Funktion namens "bewegungsgesteuerte Beleuchtung" aktiv. Die im Englischen auch auch "Motion lighting" genannte Einstellung reduziert die Leuchtdichte automatisch, wenn Bewegung in die Darstellung am Schirm kommt – also etwa beim Fernsehgucken. Zeigt das Display dagegen Standbilder an, wird die Leuchtdichte hochgeregelt – und fällt bei Bewegtbildern nach kurzer Zeit wieder ab.

Energiemessung nach IEC (3 Bilder)

Das Samsung-TV regelt im Werkspreset (Standard-Modus) bei Videos die Helligkeit runter; dadurch sinkt auch die Leistungsaufnahme, im MIttel waren es 85 Watt.

Die Trickserei wurde bereits vor einiger Zeit bekannt und wir konnten sie im Labor sowohl bei älteren Samsung-Fernsehern als auch bei unserem aktuellen 4K-Modell nachweisen: Im Test variierte die Schirmleuchtdichte am UE55JU6050U mit und ohne aktive "bewegungsgesteuerte Beleuchtung" bei einem genormten Testbild zwischen 225 cd/m2 und 198 cd/m2. Die Leistungsaufnahme hängt im Wesentlichen von der Schirmhelligkeit ab: je dunkler, desto geringer der Energiebedarf. Samsung preist diesen Mechanismus deshalb als Energiesparfunktion, bietet im System-Menü aber zugleich einen dreistufigen Energiesparmodus an, der die Schirmhelligkeit unabhängig vom Bildinhalt reduziert.

Uns erschließt sich der Sinn der bewegungsgesteuerten Beleuchtung nicht: Warum sollte die Darstellung bei bewegten Bildern, also beim Video- und Fensehgucken, dunkler sein als bei Standbildern? Warum wird die Funktion sofort deaktiviert, wenn man Kontrast, Helligkeit, Backlight oder Gamma im Bildmenü des UE55JU6050U verändert? Und warum lässt sich die vermeintliche Energiespar-Funktion nur im Standard-Modus, nicht aber in den anderen Bildpresets aktivieren?

Weitreichende Auswirkung hat die vermeintliche Energiespar-Funktion auf die Leistungsmessung gemäß IEC-Norm 62087. Die genormte Prüfvorschrift und die dazu passenden DVDs und Blu-ray Discs dienen der Vereinheitlichung von Energiemessungen. Sie werden von Testlaboren weltweit für die Leistungsmessung von Flachbildfernsehern genutzt; bislang auch im c't-Labor.

Gemäß IEC ermittelt man den Energiebedarf eines TV im Werkspreset mit Hilfe eines mindestens zehnminütigen genormten Videos. Die Schirmleuchtdichte und den Helligkeitsregelbereich des Displays misst man dagegen an einem schwarzweißen Standbild.

Und hier kommt die "bewegungsgesteuerte Beleuchtung" ins Spiel: Die Leuchtdichte im Standard-Preset wird am Standbild ermittelt, die Leistungsaufnahme dagegen am Bewegtbild – die beiden Werte passen bei Samsung aber nur zusammen, wenn der Fernsehzuschauer nichts im Bildmenü verändert und dabei die "bewegungsgesteuerte Beleuchtung" deaktiviert hat. Den auf dem Energielabel angegebenen Daten sollte man deshalb mit Vorsicht begegnen. Die im Werkspreset aktive Funktion der "bewegungsgesteuerte Beleuchtung" findet man übrigens in vielen Samsung-Fernsehern.

In Sachen Bildqualität konnte uns der Samsung-Frenseher im Test nicht überzeugen: Er nutzt ein lahmes 50-Hz-Panel und ist etwas kontrastarm. Immerhin sind seine Farben ansehnlich und sie bleiben es auch, wenn man schräg von der Seite auf den Schirm schaut. Die Schirmausleuchtung ist dagegen sehr ungleichmäßig und ein schwarzer Schirm wirkt fleckig bunt statt schwarz.

Man sollte dem 4K-Display übrigens keine Standardauflösung zumuten: PAL-Signale werden durch die nötige Hochrechnerei meist mit unschönen Artefakten wiedergegeben. Erst bei HD-Inhalten profitiert die Darstellung von der ultrahohen Displayauflösung – richtig schick wirds mit zugespielten 4K.

Vom Start weg sind knapp 700 MByte im TV durch vorinstallierte Apps belegt. Große Spiele wie Dungeon Hunter 4 würden aber eh nicht in den 1,01 GByte kleinen Speicher passen.

Die Internetfunktionen erreicht man über Samsungs SmartHub, der sich als Leiste unten über das Fernsehbild legt. Hier findet man unter anderem Apps von Video-on-Demand-Diensten wie Netflix, Amazon oder Maxdome sowie YouTube und Mediatheken. Einige Apps sind fest vorinstalliert, lassen sich also nicht entfernen. Was sehr schade ist, denn der Speicherplatz im Gerät für eigene Apps ist knapp bemessen. Zwei der VoD-Apps bereiteten im Test zunächst Probleme, eines davon blieb bestehen.

  • Einen ausführlichen Testbericht zum UE55JU6050U lesen Sie im Artikel "Weichzeichner" in c't 1/16

(uk)