Drohnen: Global Hawk über Deutschland ohne Kontrolle durch nationalen Beobachter

Das Verteidigungsministerium will auf eine Kontrolle verzichten, ob US-Drohnen beim Flug über Deutschland ihre Überwachungstechnik aktiviert haben. Das verärgert die Linksfraktion.

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Drohnen: Global Hawk über Deutschland ohne Kontrolle durch nationalen Beobachter

(Bild: heise online / Detlef Borchers)

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  • Detlef Borchers

Die bis zum 31. Januar 2016 befristete Überfluggenehmigung für Global Hawk-Drohnen kommt ohne Kontrollen darüber aus, ob die signalerfassenden Systeme der Drohne über Deutschland ausgeschaltet sind. Das geht auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Die USA hätten zwar der Möglichkeit zugestimmt, dass ein deutscher Kontrolleur den Flug überwache. "Da jedoch die schriftliche Bestätigung seitens der USA als ausreichend bewertet wurde, ist ein nationaler Beobachter nicht entsandt worden", antwortete die Bundesregierung. Nach ihrer Auskunft gibt es drei Bundeswehr-Piloten, die eine Global-Hawk-Lizenz haben, einer davon mit Lehrberechtigung.

Die Tatsache, dass diese Experten nicht eingebunden sind, ist nach Ansicht der Linksfraktion skandalös. Eine schriftliche Bestätigung der US-Regierung reiche keinesfalls aus, erklärt der Abgeordnete Andrej Hunko und schreibt von einer "Provokation gegenüber Russland". Bislang scheiterten die geplanten Überflüge an Frankreich. Dort ist laut Bundesregierung das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Die Global-Hawk-Drohnen werden nach Darstellung der Bundesregierung im italienischen Sigonella von dort stationierten Piloten gestartet und gelandet. Auf der Einsatzflughöhe von 15.000 Metern übernimmt ein Pilot der kalifornischen Beale Air Force Base das Kommando und steuert die Drohne über Frankreich sowie über den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Versagt die einstrahlige Großdrohne, stehen zur Notlandung die Militärflugplätze Nörvenich und Schleswig bereit. Über der Ostsee wird SIGINT-Technik des Fernaufklärers eingesetzt. Ziel der drei- bis fünfmal im Monat geplanten Aufklärungsflüge ist es, ein sichtbares Zeichen der transatlantischen Bindung zu setzen und "eine Destabilisierung in Zentral- und Osteuropa zu verhindern".

In ihrer Anfrage begehrte die Linke auch Auskunft zum Euro-Hawk-Projekt, bei dem ein Global-Hawk-Vorläufer eingesetzt wird. Nach Auskunft der Bundesregierung laufen die Vorbereitungen, mit dem Ziel, dass der Testflieger mit dem in Deutschland entwickelten SIGINT-Modul je nach Wetterverhältnissen vom ersten Quartal 2017 an in die Luft gehen kann. Allerdings gibt es derzeit keinen deutschen Soldaten mehr, der eine Berechtigung zum Flug dieser Maschine besitzt. Darum soll der Auftragnehmer, der entsprechende Piloten stellen kann, als luftfahrttechnischer Betrieb zertifiziert werden.

Zudem müssten Soft- und Hardware geändert, technische Dokumentationen aktualisiert sowie Risiken und Gefährdungen analysiert werden. Die Preisverhandlungen mit dem Auftragnehmer seien noch nicht abgeschlossen. Außerdem müsse das Projekt Mitte des Jahres 2016 gebilligt werden, erklärte die Bundesregierung.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein sei der November 2016. Zu diesem Datum erwartet das Verteidigungsministerium eine definitive Aussage darüber, ob die als Nachfolgesystem ins Auge gefasste Drohne MQ-4C Triton überhaupt eine Lufverkehrszulassung haben kann. Die Global Hawks, die Deutschland überfliegen sollen, sollten übrigens eine italienische Zulassung bekommen. Bislang scheiterte dies, weil der Hersteller Northrop Grumman bei der "zeitgerechten Bereitstellung von zulassungsrelevanten Unterlagen" in Verzug ist, wie es in der Regierungsantwort heißt. (anw)