NSA-Ausschuss: Opposition macht Koalition neue schwere Vorwürfe

Neuer Eklat im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags: Die Regierungsfraktionen brechen eine öffentliche Befragung eines BND-Referatsleiters ab, als er gerade Einblicke in den Umgang mit Selektoren gewährte.

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NSA-Ausschuss: Opposition wirft Koalition "Gezocke" und "Gemeinheit" vor

(Bild: dpa, Jochen Lübke)

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Oppositionspolitiker haben Vertretern der großen Koalition am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags vorgeworfen, gegen den "Öffentlichkeitsgrundsatz" verstoßen zu haben. Zuvor hatte die Obfrau der CDU/CSU-Fraktion, Nina Warken, nach einer gut einstündigen öffentlichen Vernehmung eines Referatsleiters des Bundesnachrichtendiensts (BND) aus heiterem Himmel beantragt, den Zeugen nun in geheimer Sitzung weiter zu befragen. Der Ausschuss stimmt mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen dafür.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Der angehörte H. K., der dem BND-Referat für Technische Aufklärung vorsteht, hatte in seiner bereits zweiten Befragung im Ausschuss erläutert, wie Selektoren in dem Auslandsgeheimdienst gehandhabt werden. Demnach war erst der im August 2013 mit einer Sonderprüfung beauftragte "Dr. T." buchstäblich über die illegitimen und rechtswidrigen Suchmerkmale der NSA "gestolpert", die gegen deutsche Interessen verstießen. Bis dahin habe bei den Routinechecks in seinem Referat "keiner geschaut, ob etwas Zusätzliches drin ist, was nicht hinein gehört".

Bei dem Auftrag für die spezielle Prüfung sei es um Selektoren "mit gewissem Deutschlandbezug" gegangen, "die wir nicht erkannt haben", führte H. K. aus. Die NSA-Selektoren seien an sich nur am Horchposten Bad Aibling gesteuert worden, nicht an anderen BND-Außenstellen. Es habe aber auch in den Niederlassungen "Abgleiche" mit der zentralen Selektorendatenbank am Stammsitz in Pullach gegeben. Zudem sei es auch vorstellbar, dass Nachrichtenbearbeiter gezielt NSA-Zielvorgaben gleichsam als eigene übernommen und "nachgesteuert" hätten. Derlei Listen habe sich aber maximal der Gruppenleiter angeschaut.

Da H. K. das vergangene halbe Jahr krank gemeldet war, stand er dem Ausschuss insgesamt auch beim zweiten Termin nur für zwei Stunden zur Verfügung. Der SPD-Obmann Christian Flisek unterstützte daher das Begehr Warkens angesichts dieser Einschränkung, da man "schnellstmöglich Klarheit" über offen gebliebene Fragen "in eingestufter Sitzung" erzielen wolle. An einem anderen Tag könnte sich die Opposition H. K. dann auch weiter öffentlich vorknöpfen.

Es gebe aktuell "massenhaft Fragen, die "diesem interessanten Zeugen" öffentlich gestellt werden müssten, hielt der grüne Obmann Konstantin von Notz dem Ansinnen der Koalition vergeblich entgegen. Sein Parteikollege Hans-Christian Ströbele beklagte "ganz neue Moden" der Regierungsfraktionen, um die Opposition zu blockieren. "So ein Gezocke" habe man sich nicht ausgedacht, als die Regeln für den Ausschuss erarbeitet worden seien. Er habe mit "dieser Gemeinheit" der Koalition auch nicht gerechnet, die bei der letzten Sitzung mit H. K. 80 Prozent der verfügbaren Zeit für sich in Anspruch genommen habe. (anw)