IT-Trends 2016: Mobile Workforce Management

Immer mehr Menschen arbeiten mobil. Zu den Unternehmen, die sich auf "Mobile Workforce Management" spezialisiert haben, gehört die mobileX AG. Mit CEO Hannes Heckner sprachen wir über Kosteneinsparungen, das Potenzial von Wearables und VR-Anwendungen.

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IT-Trends 2016: Mobile Workforce Management
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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Nutzung von Smartphones und Tablets gehört längst zum Alltag. Auch aus dem beruflichen Umfeld sind mobile Endgeräte nicht mehr wegzudenken. Unternehmen mit vielen Außendienstmitarbeitern benötigen zudem intelligente Tools für administrative Aufgaben wie Auftragsplanung und -abwicklung.

Einer der größten Spezialisten für das sogenannte "Mobile Workforce Management" (MWFM) in Deutschland ist die Münchner mobileX AG. Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden Hannes Heckner über Kosteneinsparungen, das Potenzial von Wearables beim MWFM sowie Virtual-Reality-Anwendungen.

Herr Heckner, was ist denn ein typischer "Use Case" für Mobile Workforce Management?

Hannes Heckner ist Gründer und Geschäftsführer der Münchner mobileX AG.

Heckner: Das könnte zum Beispiel ein wachsendes Service-Unternehmen sein, bei dem die Techniker bisher noch selbst die Termine mit den Kunden vereinbaren und die Serviceberichte auf Papier ausfüllen. Das Unternehmen führt nun eine zentrale Disposition ein und stattet die Techniker mit mobilen Endgeräten aus. Damit geht die Terminvereinbarung auf die Disponenten über, die die Einsätze nach der Qualifikation und Verfügbarkeit der Kollegen und unter Berücksichtigung des Wunschtermins des Kunden vereinbaren. Die Techniker können sich dadurch voll auf ihren Einsatz und Service beim Kunden vor Ort konzentrieren. Serviceberichte und Rückmeldungen füllen sie in elektronischer Form aus und übermitteln sie anschließend an das Backoffice.

Können Sie konkrete Beispiele mit vielen Nutzern nennen, die Ihre Produkte derzeit verwenden?

Heckner: Bei der Strabag Property and Facility Services - kurz Strabag PFS - beispielsweise nutzen über 100 Disponenten unser Tool zur Einsatzplanung, um die Einsätze der 1800 Techniker im Bereich Facility Management zu planen und zu disponieren. Jährlich plant das System etwa eine Million Einsätze. Die Techniker nutzen unsere mobile Lösung, um ihre Aufträge zu erhalten, auf Informationen dazu aus dem SAP-System zuzugreifen und ihre Arbeit in Form von Serviceberichten zu dokumentieren.

Bei ThyssenKrupp Aufzüge nutzen 1200 Servicetechniker unsere mobile Lösung bereits seit 2008, um Aufzugsanlagen zu warten. Dabei greifen sie auch auf einen bebilderten Ersatzteilkatalog mit Explosionszeichnungen und Einbauanleitungen zu. Materialverbrauch und Bestellungen werden direkt an die Warenwirtschaft übergeben, sodass der Logistikprozess optimiert werden konnte.

Welche Vorteile hat ein Kunde noch, wenn er Mobile-Workforce-Management-Tools einsetzt?

Heckner: Der Einsatz von Mobile Workforce Management ermöglicht Unternehmen eine Optimierung ihrer gesamten Service- und Instandhaltungsprozesse. Durch die Einführung einer IT-gestützten Einsatzplanung in Verbindung mit einer mobilen Lösung für die Techniker oder Monteure im Feld fallen Medienbrüche weg, die Datenqualität verbessert sich und Fakturazyklen verkürzen sich von Wochen oder Monaten auf wenige Tage. Die Kundenzufriedenheit steigt, da Termine professioneller vergeben und eingehalten werden können. Die Fahrtzeiten zum Kunden verkürzen sich durch die Tourenoptimierung im Dispositionstool.

Für das Unternehmen steigt nicht zuletzt die Transparenz über die Auslastung der Mitarbeiter und den Zustand seiner Anlagen und Maschinen. Darauf basierend lässt sich eine strategische Planung für die Zukunft erstellen. Die Einsparungen im Serviceprozess durch den Einsatz von MWFM liegen bei 20 bis 30 Prozent. Die jährliche Ersparnis bei Strabag PFS beispielsweise beläuft sich dadurch auf geschätzte eine Million Euro jährlich.

Spielen Wearables wie etwa die Apple Watch oder Datenbrillen eine Rolle in MWFM-Konzepten?

Heckner: Anwendungen für Wearables stellen im Servicebereich im Gegensatz zum Consumer-Markt bisher noch die Ausnahme dar. Doch auch hier gibt es Potenzial. In Zukunft könnte der Servicetechniker zum Beispiel einen Impuls über seine Smartwatch erhalten, wenn er zu einer dringenden Störung gerufen wird, statt wie bisher eine SMS oder einen Anruf auf seinem Mobiltelefon zu erhalten. Wearables können so durch schnellere Reaktions- und Reparaturzeiten die Kundenzufriedenheit erhöhen.

Spezielle Datenbrillen für den professionellen Bereich können Servicetechnikern oder Monteuren echten Nutzen bringen. Sie zeigen dem Anwender zusätzliche Informationen in Form von Kartenmaterial, Explosionszeichnungen und Bildern und ermöglichen ihm dadurch eine professionellere und schnellere Erfüllung seiner Aufgaben.

So kann zum Beispiel ein Monteur im Bereich der Versorgungsindustrie auf seiner Datenbrille den Verlauf der Gas-, Wasser- oder Stromleitung durch den Zugriff auf ein Geoinformationssystem buchstäblich sehen, auch wenn die Leitung fünf Meter unter der Oberfläche liegt. Auch im Bereich des Anlagenbaus sind verschiedene Szenarien denkbar. So könnte sich ein Aufzugsmonteur die Explosionszeichnung des Fahrstuhls über die Datenbrille anzeigen lassen und hätte beide Hände für die Reparatur frei.

Welche Potenziale ergeben sich durch die sogenannte Industrie 4.0 für Ihr Unternehmen?

Heckner: Dieser Megatrend wird im mobilen Bereich eine große Rolle spielen. Im Zählerwesen ist es heute schon gang und gäbe, dass der Monteur die Ablesung im sogenannten Walk-by vornimmt, das heißt, im Nahfunkfeld alle Geräte, die sich melden, ausliest. Denkt man diesen Gedanken weiter, wird das mobile Gerät des Technikers zukünftig mit der Maschine Kontakt aufnehmen, selbst wenn er nicht vor der Maschine steht. M2M-Lösungen und Smart Metering sind hier Trends, die sich in den nächsten Jahren durchsetzen werden. Allerdings ist es noch ein langer Weg, bis alle Geräte über einen gemeinsamen Standard verfügen beziehungsweise damit aufgerüstet sind und untereinander kommunizieren können.

Wie groß ist denn der Markt für Mobile-Workforce-Management-Lösungen generell?

Heckner: Leider gibt es keine unabhängigen Analysten, die den deutschen MWFM-Markt im Speziellen untersuchen oder weltweite Zahlen auf Deutschland runterbrechen. IHS prognostizierte 2014 ein weltweites Wachstum bis 2018 von 1,5 Milliarden US-Dollar. Gartner nannte im letzten Magic Quadrant zum weltweiten Field Service Management-Markt von 2014 ein jährliches Umsatzvolumen von 1,3 Milliarden US-Dollar.

Gibt es Anknüpfpunkte zur stark wachsenden mobilen Crowdworking-Gemeinde?

Heckner: Ein anonymes Zusammenarbeiten mit einer großen Anzahl von Dienstleistern ist in unserer Branche aufgrund von vertraulichen Kundendaten, SLAs und der Integration in Backend-Systeme nicht möglich. Was wir jedoch anbieten, ist die Integration von festen Fremddienstleistern in unserem Dispositionstool. Damit können die Disponenten auch die Serviceeinsätze ihrer Subunternehmer steuern.

Auf welchen Plattformen laufen Ihre Produkte?

Heckner: Wir unterstützen derzeit mobile MS- und Android-Endgeräte. Im Frühjahr nächsten Jahres werden wir eine Multiplattform-Lösung für Android und iOS auf den Markt bringen. Damit werden Servicetechniker, die zum Beispiel ein Android-Smartphone und ein iPad verwenden, unsere Lösung auf beiden Geräten nutzen können. (pmz)