Enzym verbessert das Gedächtnis

Heidelberger Wissenschaftler haben ein DNA-modifizierendes Enzym im Gehirn entdeckt, dessen Erhöhung die kognitive Leistung verbessern kann.

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Heidelberger Wissenschaftler haben ein DNA-modifizierendes Enzym im Gehirn entdeckt, dessen Erhöhung die kognitive Leistung verbessern kann.

Die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses nimmt mit zunehmendem Alter ab – zudem gibt es verschiedene neurodegenerative Krankheiten, die die Speicherleistung des Denkapparats auch in jüngeren Jahren beeinträchtigen können.

Ein bestimmtes Enzym kann das Gedächtnis verbessern – zumindest bei Mäusen. Das haben Forscher um Hilmar Bading vom Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften der Universität Heidelberg nun demonstrieren können (doi: 10.1038/mp.2015.175, erschienen in Molecular Psychiatry). Dazu spritzen sie jungen Mäusen Viren, welche die Herstellung des Enzyms Dnmt3a2 beschleunigen.

Labormaus.

(Bild: Rama / Flickr / cc-by-sa-2.0)

Dnmt3a2 ist ein "epigenetischer Regulator". Er modifiziert die DNA so, dass sie bestimmte Proteine verstärkt herstellt, die ihrerseits die Erinnerung beeinflussen. Das zeigte sich an verschiedenen Langzeitgedächtnistests, beispielsweise der klassischen Pawlowschen Konditionierung.

In einer früheren Studie hatten die Wissenschaftler diesen Zusammenhang auch an älteren Mäusen festgestellt. "Jetzt haben wir festgestellt, dass eine Erhöhung des Dnmt3a2-Levels im Gehirn jüngerer Mäuse auch deren kognitive Fähigkeiten steiger", so Bading.

Ansicht eines Proteins.

(Bild: Thomas Splettstoesser / Wikipedia / cc-by-sa-3.0)

Das Enzym spielt aber nicht nur eine entscheidende Rolle beim Erinnern, sondern auch beim Vergessen. "Wir haben festgestellt, dass Mäuse mit einem erhöhten Dnmt3a2-Level im Gehirn die Verbindung zwischen einem bestimmten Ort und einem schmerzhaften Stimulus deutlich effizienter auslöschen konnten", sagt Studienleiter Bading.

Auf diese Weise ließen sich womöglich auch posttraumatische Belastungsstörungen (Posttraumatic Stress Disorder, PTSD) bei Menschen besser behandeln. Bei diesen werden neue Ereignisse mit für den Betroffenen schrecklichen Vorgängen in der Vergangenheit verknüpft. Traumata treten so immer wieder auf und können auch psychosomatische Folgen haben. Das "Löschen" belastender Assoziationen im Gehirn Betroffener wäre hier enorm hilfreich.

(Bild: Allan Ajifo / Flickr / cc-by-2.0)

Die Dnmt3a2-Ergebnisse könnten auch bei der Herstellung neuer Medikamente gegen verschiedene Alterserkrankungen helfen, die mehr und mehr Menschen plagen. "Sie könnten zum Beispiel zur Entwicklung von neuen Medikamenten zur Verbesserung der Gedächtnisleistung beitragen, beispielsweise bei Patienten mit Altersdemenz oder mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer", sagt Pading.

Denkbar wäre auch die Behandlung von Angststörungen mit dem neuen Ansatz. Dabei ließen sich neue Medikamente, die die Produktion oder Aktivität des Enzyms steigern, mit der Konfrontationstherapie kombinieren, sagen die Forscher. Bading warnte jedoch auch vor einem möglichen Missbrauch seiner Forschungsergebnisse – "etwa wenn sie benutzt werden sollten, um bei gesunden Menschen mentale Prozesse und intellektuelle Fähigkeiten zu steigern", schreibt die Hochschule in einer Mitteilung.

Bislang ist aber noch gar nicht geklärt, ob und wann die Technik auch beim Menschen angewendet werden kann. Bis sind noch zahlreiche Sicherheitstests notwendig. (bsc)