CES 2016: Eine Alternative für Braille-Lesegeräte

Lesegeräte, die Braille-Schrift für Blinde darstellen, sind klobig und teuer. Ein US-Forscherteam zeigt auf der CES einen Ansatz, der günstigere und handlichere Lesegeräte verspricht – und vor allem: Mehrzeilige.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
CES 2016: Eine Alternative für Braille-Lesegeräte

Designstudie: So könnte der Braille-Leser mit Polymer-Aktuatoren aussehen.

(Bild: heise online/vbr)

Lesezeit: 3 Min.

"A Better Life, A Better World" steht auf dem Banner über der Halle. Während man sich fragen muss, ob ein riesiger OLED-Fernseher nun unbedingt die Welt zu einer besseren macht, sind auf der CES tatsächlich auch technische Entwicklungen zu sehen, die wirklichen Fortschritt versprechen. Zum Beispiel, wenn es um Barrierefreiheit und den Informationszugang für Behinderte geht.

Das Startup Polymer Braille zeigt auf der CES ein Konzept für die nächste Generation von Braille-Lesegeräten für Blinde. Bisher bestehen die Lesegeräte aus einer Zeile, auf der Braille-Schrift mittels kleiner Metallstifte dargestellt wird. Durch einen piezoelektrischen Effekt werden die Metallstifte angehoben und lassen sich dann als Braillepunkte ertasten. Diese sogenannten Braillezeilen gibt es mit unterschiedlich vielen Zeichen. Weil sie aber teuer sind, können sich viele Sehbehinderte auf der Welt keine leisten – und lernen nie lesen und schreiben.

Links der Prototyp eines mehrzeiligen Braille-Lesegeräts. Rechts oben herkömmliche Braille-Module, darunter die Polymere auf Trägerfolie.

(Bild: heise online/vbr)

Bauartbedingt sind die Lesegeräte in der Regel einzeilig. Die herkömmlichen Zeichenmodule sind L-förmig. Will man damit mehrere Zeilen darstellen, müsste man die L-Module stapeln und das Gerät wird mit jeder Zeile ein paar Zentimeter höher. Polymer Braille entwickelt für dieses Problem eine Lösung: Mit einem Aktuator aus elektroaktivem Polymer, die sich unter elektrischer Spannung verformen, lassen sich Braillezeichen platzsparender darstellen. So sind Lesegeräte für Blinde machbar, die wie ein E-Book-Reader ganze Seiten inklusive eingebundener Grafiken darstellen.

Gegründet wurde Polymer Braille von einem Doktoranden der North Carolina State University, der durch einen Unfall seinen Augenlicht verloren hat. Seit 2005 forscht Peichun Yang mit seinen Kollegen an neuen Möglichkeiten für ein Braille-Lesegerät, 2009 wurde das Unternehmen gegründet. Mit den Polymer-Aktuatoren seien ganzseitige Brailleleser zu geringeren Kosten als bei bisherigen Geräten machbar, erklärte CTO Wallace Shepherd Pitts in Las Vegas. Auf der CES zeigte Polymer Braille einen mehrzeiligen Prototyp und eine Designstudie, wie so ein neues Braille-Lesegerät aussehen könnte.

Die Forscher von der North Carolina State sind nicht die ersten, die sich an einer Alternative zur Braillezeile versuchen. Eine Designstudie aus Südkorea hat kurz für Aufsehen gesorgt, wurde aber nicht umgesetzt. Mit EU-Fördermitteln wurde in England der "Anagraphs" entwickelt, auf dem Braillepunkte durch das punktuelle Erhitzen einer Paraffinwachsschicht dargestellt werden. Auf dem Markt ist das Gerät nicht. Auch das "Blitab" könnte eine Lösung sein: das Wiener Startup hat ein fertiges Konzept – kleine Bläschen in einer Flüssigkeitsschicht stellen die Braillepunkte dar – und kann einen Prototyp vorweisen. (vbr)