Algorithmen für intelligente Beschichtungen

Könnte ein Material, in dem winzige Sensoren enthalten sind, die Bedingungen an jedem beliebigen Punkt eines Bauwerk erfassen? Forscher haben Algorithmen entwickelt, die das möglich machen sollen.

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  • TR Online

Könnte ein Material, in dem winzige Sensoren enthalten sind, die Bedingungen an jedem beliebigen Punkt eines Bauwerk erfassen? Forscher haben Algorithmen entwickelt, die das möglich machen sollen.

Die Welt ist voller komplexer Bauwerke wie Brücken, Straßen, Windräder, Kraftwerke und mehr, und sie alle muss man sorgfältig im Auge behalten, um ihre Stabilität sicherzustellen.

Heute erledigen das zu großen Teilen Ingenieure vor Ort. Insbesondere bei Objekten wie Straßen, die sich über hunderte oder tausende Kilometer hinziehen, oder bei weit abgelegenen Bauten wie Offshore-Windrädern kann das aber sehr aufwendig sein.

Aus diesem Grund wäre es sehr nützlich, wenn sich die Kontrollen auf Entfernung erledigen ließen.
Tatsächlich gibt es bereits mehrere Lösungen dafür. So können an einem Objekt angebrachte oder darin integrierte Glasfasern messen, welche Kräfte darauf einwirken; mit zusätzlichen Sensoren erfassen sie auch Daten wie Temperatur, Säuregehalt oder Rissbildung.

Allerdings können derartige Systeme nicht das gesamte Objekt überwachen – sie verraten zum Beispiel nicht die Temperatur an einem beliebigen Punkt. Hier ist eine ambitioniertere Lösung gefragt.

Ein Traum dafür wäre eine intelligente Beschichtung. Dabei würde es sich um ein "programmierbares Material" handeln, das ein ganzes Objekt mit einer dünnen Schicht umhüllt. Darin enthalten wären winzige Partikel-Sensoren, die Informationen über die Oberfläche wie etwa die Temperatur sammeln und sie an ihre direkten Nachbarn weitergeben.

Mathematiker grübeln seit langem über die Eigenschaften programmierbarer Materialien, und eine Frage interessiert sie dabei besonders: Ist es möglich, mit einer intelligenten Beschichtung die Temperatur an jedem Punkt eines beliebigen Objekts festzustellen, selbst wenn die Sensoren keine Informationen über seine Gesamtgeometrie haben?

Eine Antwort auf diese Frage hat jetzt ein Team aus Forschern der Arizona State University und der Universität Paderborn vorgelegt: Die Wissenschaftler entwickelten eine Reihe von Algorithmen, die den mathematischen Rahmen dafür bilden, dass die Sensoren das Problem lösen können.

Dazu brauchen die Sensoren bestimmte Eigenschaften. Laut Zahra Derakhshandeh, Mitglied des Forscher-Teams, müssen sie sich innerhalb der Oberfläche bewegen und Kommunikationsverbindungen mit ihren nächsten Nachbarn herstellen und wieder beenden können. Und die Geometrie der Objekte muss so sein, dass eine universelle Beschichtung möglich ist.

Unter diesen Bedingungen, so Derakhshandeh, kann ihr Modell als universeller Beschichtungsalgorithmus für programmierbare Materie dienen. Die Sensoren brauchen nur wenig Speicher, kommunizieren nur über kurze Entfernungen und sind vollkommen anonym, also austauschbar.

Die zunächst exotisch anmutende Forschungsarbeit könnte zur Grundlage für nützliche Anwendungen im Bereich Remote-Monitoring werden. Noch allerdings gibt es dafür einiges zu tun. Beispielsweise ist offen, wie schnell der Algorithmus Informationen über den Zustand des Materials an einem bestimmten Punkt liefern kann. Der Vorschlag des Teams dazu lautet, ihn in einer Simulation oder mit echtem programmierbaren Material zu testen.

Ein weiteres wichtiges Problem ist die Energieeffizienz eines solchen Konzepts. So stellt sich die Frage, welchen Aufwand die Kommunikation innerhalb der Beschichtung erfordert und ob sich die Energie dafür möglicherweise aus der Umgebung gewinnen lässt.

Programmierbare Materialien und universelle Beschichtungen stecken noch in den Kinderschuhen. Angesichts der hohen Kosten für die Kontrolle und Wartung beispielsweise von Offshore-Windrädern könnten die Algorithmen von Derakhshandeh und ihren Kollegen später aber durchaus hohe Einsparungen ermöglichen. Allein das dürfte dafür sorgen, dass an dem Thema weiter gearbeitet wird.

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