Thomas A. Edison: "Es war ein Fehler, auf Gleichstrom zu beharren"

Ihm verdanken wir – unter anderem – die Allgegenwart von Musik, Hollywood und die Lichter der Großstadt: Thomas A. Edison.

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Von
  • Peter Glaser

Ihm verdanken wir – unter anderem – die Allgegenwart von Musik, Hollywood und die Lichter der Großstadt: Thomas A. Edison.

Technology Review: Mr. Edison, beginnen wir mit Ihrem ersten Patent. Es war ein Flop...

Thomas A. Edison: Nun, ich war 21, Telegrafist und von den Vorzügen schneller Benachrichtigungen überzeugt. Mir war aufgefallen, dass Abstimmungen im Kongress oft sehr lange dauern, also habe ich einen elektrischen Registrierapparat entwickelt. Der fand aber leider keinen Anklang, weil das herkömmliche, langwierige Verfahren für die Abgeordneten gewisse Vorteile hat. So haben sie zum Beispiel Zeit, Kollegen noch umzustimmen.

TR: Seither achten Sie sehr darauf, ihre Erfindungen nicht nur technisch zu perfektionieren, sondern sie auch marktgängig zu machen.

Edison: Sehen Sie, wenn jemand zum Beispiel nicht gleich versteht, was es mit elektrischem Strom auf sich hat, wird er zurückschrecken, wenn er auch noch mit physikalischen Einheiten umgehen soll. Er wird sich keine Elektrizität in sein Haus leiten lassen und auch keine Glühbirnen kaufen. Also heißt es bei uns: Wir liefern Licht und nicht Strom. Wir berechnen Lampenbrennstunden, nicht Amperestunden. Die Menschen wollen nicht einfach neue Technik. Sie wünschen sich Komfort.

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Thomas A. Edison – Meilensteine seines Lebens

11. Februar 1847: Thomas Alva Edison wird in Milan (US-Bundesstaat Ohio) geboren
1869–1871: Erste Patente, darunter ein Börsenticker und eine neue Schreibmaschine
1871: Er heiratet seine Mitarbeiterin Mary Stilwell. Die beiden ersten Kinder tragen – nach den Morsezeichen – die Spitznamen "Dash" und "Dot"
1877: Patente auf den Phonographen und das Kohlekörnermikrofon
1879: Patent auf die Kohlefaden-Glühbirne eingereicht
1883: Die Deutsche Edison-Gesellschaft (später AEG) produziert in Berlin Glühbirnen
1892: Die Edison General Electric Company fusioniert mit der Thomson-Houston Company zur General Electric Company
1890er Jahre: "Stromkrieg" zwischen Edison und George Westinghouse. Letzter gewinnt, die USA werden mit Wechselstrom versorgt
18. Oktober 1931: Edison stirbt in West Orange/New Jersey. Seine Frau teilt es den Menschen vor dem Haus mit, indem sie das Licht einschaltet

TR: Stimmt es, was man sagt – dass Sie Ihrer zweiten Frau Ihren Heiratsantrag im Morsecode übermittelt haben?

Edison: Ich habe ihr das Morsen beigebracht. Im Kreis der Familie haben wir uns gern heimlich unterhalten, indem wir uns Nachrichten mit der Fingerspitze auf die Hände gemorst haben. Flüstern hätte zu nichts geführt. Ich kann, wie Sie wissen, nur äußerst schlecht hören.

TR: Trotzdem haben Sie den Phonographen erfunden und Musik für Millionen Menschen verfügbar gemacht.

Edison: Man muss sich ein wenig zu helfen wissen. Um im Labor die Ergebnisse des Phonographen hören zu können, habe ich einfach auf den Apparat gebissen. Die Schallwellen werden so durch die Knochen in das Innenohr transportiert. Das Gerät war ursprünglich nicht zur Musikwiedergabe gedacht. Ich stellte mir dafür eher einen Nutzen im Geschäftsleben vor, als Diktiergerät. Als sich dann dieser immense Bedarf an Musikaufnahmen abzeichnete, haben wir natürlich darauf reagiert. Allerdings sind die phonographischen Wachswalzen nur sehr aufwendig zu vervielfältigen. Also haben wir eine Lizenz auf ein Patent von Emil Berliner erworben: die Schallplatte. Davon lassen sich sehr schnell sehr viele Kopien fertigen. Sie sind aus Deutschland, nicht wahr?

TR: Ja.

Edison: Ich habe nämlich vor ein paar Jahren gemeinsam mit Mr. Stollwerck in Köln die "sprechende Schokolade" auf den Markt gebracht. Das ist ein Phonograph für Kinder, der Musik von Schokoladenschallplatten abspielen kann. Ich habe Ludwig auf einer Weltausstellung in Chicago kennengelernt, er war sehr an meiner Arbeit interessiert. Ich fand seine Reklame-Ideen bemerkenswert.

TR: Sie haben zu der Zeit auch einen Elefanten hingerichtet.

Edison: Das war einer meiner Mitarbeiter, Harold P. Brown. Topsy hatte drei Wärter in seinem Gehege in einem Vergnügungspark auf Coney Island getötet. Sein Besitzer wollte, dass er sein Leben lässt – für uns war es eine Gelegenheit zu zeigen, wie gefährlich Wechselstrom sein kann. Der Gleichstrom in unseren elektrischen Systemen dagegen ist ungefährlich. Auch das haben wir demonstriert. Wir ließen 400 Männer durch Manhattan marschieren, die leuchtende Glühbirnen auf dem Kopf trugen und mit einem fahrbaren Gleichstromgenerator verbunden waren.

TR: Mr. Brown hat auch den elektrischen Stuhl erfunden. Sie wollten, dass man es "westinghoused" nennt, wenn jemand auf diese Weise hingerichtet wird – nach Ihrem größten Konkurrenten, George Westinghouse, der die USA mit Wechselstrom elektrifizieren wollte.

Edison: Westinghouse hat diesen "Stromkrieg" letztlich gewonnen. Ich weiß inzwischen, dass es ein großer Fehler war, auf Gleichstrom zu beharren. Er lässt sich nur über geringe Entfernungen transportieren. Der elektrische Stuhl war im Übrigen ein Regierungsauftrag. Man hat ein humaneres Exekutionsverfahren als das Erhängen gesucht. Ich darf vielleicht noch hinzufügen, dass unter den Ergebnissen meiner gesamten Erfindertätigkeit, die inzwischen unter General Electric zusammengefasst sind, keine einzige Waffe zu finden ist.

TR: Sie haben ein Labor, das einer Fabrik gleicht, mit gut 100 Mitarbeitern, viele ausgewiesene Experten, vom Feinmechaniker bis zum Ingenieur.

Edison: Und es gibt keine Organisation. Ich bin die Organisation. Ich bin ein guter Schwamm, ich sauge Ideen auf und mache sie nutzbar. Die meisten meiner Ideen gehörten ursprünglich Leuten, die sich nicht die Mühe gemacht haben, sie weiterzuentwickeln.

TR: Verletzungen Ihrer Patente lassen Sie streng verfolgen. Das hat nun unter anderem zur Folge, dass die meisten unabhängigen Filmemacher aus New York nach Kalifornien umziehen. In einen kleinen Ort namens Hollywood.

Edison: Ich konnte mir von der ganzen schönen Filmapparatur erst überhaupt nicht vorstellen, wie sich damit Geld verdienen ließe. Aber ich habe ein Motto, dem ich auch mit diesen Neuerungen gefolgt bin: „Jede Woche eine Erfindung, alle sechs Monate eine wichtige Erfindung.“

TR: Mr. Edison, können Sie sich vorstellen, dass die Glühbirne irgendwann einmal verboten wird?

Edison: Nein. Das wäre doch wohl etwas absurd.

Das Gespräch führte Peter Glaser. ()