Gewinnrückgang bei IBM: Watson ist (un)schuldig

Das KI-System des IT-Riesen wurde mit viel Hype eingeführt. Doch noch bringt es nicht die erwarteten Einnahmen.

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Von
  • Brian Bergstein

Das KI-System des IT-Riesen wurde mit viel Hype eingeführt. Doch noch bringt es nicht die erwarteten Einnahmen.

Wer schon einmal eine Werbung von IBM gesehen oder die Proklamationen auf der Website des Informationstechnikkonzerns gelesen hat, weiß, wie wichtig dem Unternehmen sein KI-System Watson ist. Die "Cognitive Computing Engine" soll in Zukunft für sprudelnde Gewinne sorgen und dem Unternehmen gleichzeitig Glanz verleihen.

Doch bei den kürzlich vorgestellten aktuellen IBM-Quartalszahlen zeigte sich nun, dass der Versuch, Watson-Technik in die verschiedenen Business-Services des Unternehmens zu implementieren, noch keine finanziellen Früchte trägt. Stattdessen sanken im letzten Quartal des Jahres 2015 die Gewinne um 19 Prozent – ein Trend, der sich vermutlich in diesem Jahr fortsetzt.

Doch die schlechten Zahlen haben nicht unbedingt etwas damit zu tun, dass Watson als Technologie zu scheitern droht. Denn: IBMs geschäftliche Herausforderungen sind so groß, dass clevere Business-Services auf Basis Künstlicher Intelligenz hier – zumindest derzeit – noch zu wenig reißen.

Natürlich haben Analysten und Branchenbeobachter das Recht, nachzufragen, wie wertvoll Watson tatsächlich ist. Schon vor zwei Jahren hatte sich angedeutet, dass sich die Verarbeitung natürlicher Sprache und das schnelle Scannen von Datenbanken, wie sie Watson bei seinen berühmten "Jeopardy!"-Auftritten demonstriert hatte, nicht 1:1 auf Geschäftsprodukte übertragen lassen.

Wie die "Financial Times" vor zwei Wochen schrieb, hat IBM mittlerweile so viele Computertechnologien unter die Dachmarke Watson gepackt, dass kaum noch jemand weiß, was Watson heutzutage eigentlich ist. Die Zeitung stellte die Frage in den Raum, ob die Marke nicht schlicht verwendet wird, um anderen Produkten Glanz zu verleihen – die eigentlich gar nicht so revolutionär sind, wie IBM tut.

Doch selbst wenn Watson schon heute echtes Big Business für IBM wäre – retten würde das KI-System den IT-Riesen wohl kaum. Der Markt hat sich massiv verändert. Der Trend geht zum Cloud Computing, in dem IBM zwar mitmischt. Doch der Verkauf von IBM-Servern und IBM-Mainframes geht weiter zurück. Dies zeichnete sich schon ab, bevor die jetzige Chefin Ginni Rometty das Ruder übernahm. Doch ihrem Vorgänger, Sam Palmisano, gelang es besser, diesen Umsatz- und Gewinnrückgang auszugleichen, in dem er unprofitable Geschäftsbereiche wie das PC-Business abstieß. Zudem übernahm er Softwarefirmen mit hohen Margen, gab Milliarden von Dollar über Dividenden an Aktionäre und kaufte Aktien zurück. Rometty fehlen diese Werkzeuge nun – und IBMs Umsatz sinkt nun schon seit 15 Quartalen.

Die Verschlechterung der finanziellen Lage bei IBM ist aber nicht nur für Investoren interessant, sondern auch für die Allgemeinheit. Der Konzern verfolgt nach wie vor ambitionierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte. 6 Prozent des Umsatzes werden hier regelmäßig investiert – und je stärker der Umsatz sinkt, desto weniger Geld ist da für Innovation. Und dann stünde wohl auch die nächste Erfindung vom Kaliber eines Watson auf dem Spiel. (bsc)