Der Algorithmus erkennt die Koralle

Forscher haben ein Kamera-System und einen selbstlernenden Algorithmus für den Einsatz in Korallenriffs entwickelt. Damit wollen sie den Schaden durch den Klimawandel und der Versauerung der Meere genauer erforschen.

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Forscher haben ein Kamera-System und einen selbstlernenden Algorithmus für den Einsatz in Korallenriffs entwickelt. Damit wollen sie den Schaden durch den Klimawandel und der Versauerung der Meere genauer erforschen.

Rund 250 mal haben die Forscher des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie die Steinkoralle der Gattung Porites auf dem Riff entdeckt. Den robusten Korallen scheint das Kohlendioxid, das vor der Küste Papua-Neuguineas aus natürlichen Quellen strömt, recht wenig anzuhaben. Andere Organismen, wie flechtenförmige Korallen dagegen finden sich schon seltener. Durch den sinkenden pH-Wert verringert sich somit laut der Wissenschaftler auch die Anzahl der Korallenarten. Das tropische Küstenareal ist ein optimales Anschauungsfeld für die Auswirkungen von Kohlendioxid im Wasser. Mit einem neuartigen Kamera-System wollen der Meeresbiologe Joost den Haan und der Physiker Arjun Chennu des Bremer Instituts die Dokumentation der Riffentwicklung beschleunigen und präzisieren.

Bei den meisten Untersuchungen erfasst ein Ökologe unter Wasser das Riff anhand einzelner kleiner Sektionen. Das ist aufwendig und ungenau, da nur ein kleiner Ausschnitt in Augenschein genommen wird. "Dabei hängt die Qualität der Erfassung von der Erfahrung des Tauchers ab", erklärt den Haan in einem Video. Das HyperDiver-System lasse sich dagegen von jedem bedienen, der tauchen kann. Es besteht aus einer Hyperspektral-Kamera und Sensoren, um die Helligkeit, den pH-Wert und die Temperatur zu messen. Ein Sonar erfasst den Abstand zum Boden, um später auch die Topographie des Riffs abzubilden. Das ganze ist in einem Gestell eingefasst, das der Taucher vor sich herschiebt. Eine HD-Videokamera trägt der Taucher auf dem Kopf. Sie ist ebenso wie die Hyperspektral-Kamera auf den Boden gerichtet. Die Geschwindigkeit, mit der der Taucher das Riff erfassen kann, hängt unter anderem von der Wasserströmung ab. Aber es lassen sich laut Arjun Chennu 40 bis 50 Quadratmeter pro Minute erfassen.

(Bild: Dr. Arjun Chennu, Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie)

Die Auflösung des Systems liegt im Zentimeterbereich. Sie ist damit dem Physiker zufolge präzise genug, um die meisten der Organismen auf dem Grund des Riffs abzubilden. "Das erlaubt es uns, sie viel besser zu visualisieren: ihre Identität, ihre Position, Größe und Beschaffenheit. Wir erhalten eine ergiebige, digitalisierte Ansicht vom Lebensraum eines Korallenriffs", erklärt Chennu.

Durch die digitalen Abbilder lässt sich der Zustand der Korallenriffs aufzeigen und ihre Entwicklungen unter dem Einfluss von Kohlendioxid, das aus der Atmosphäre in die Ozeane gelangt, besser verstehen. Das Gas führt zur Bildung von Kohlensäure und zur Versauerung der Meere, insbesondere Muscheln, Schnecken, Krebse und eben Korallen können ihren lebenswichtige Schalen und Skelette immer schwieriger bilden.

Um die Schäden und Auswirkungen genau festzustellen, haben Chennu und den Haan einen selbstlernenden Algorithmus entwickelt. Der nutzt die Hyperspektral- und Videodaten. Doch zunächst sind die Angaben der Forscher gefragt. "Wir bringen dem System bei, Korallengattungen zu erkennen. Das funktioniert im Prinzip so wie bei der Personenerkennung aus der Videoüberwachung", erklärt Chennu. Je öfter er und sein Kollege eine Koralle im Video identifizieren und somit das Hyperspektrale-Profil zuordnen können, desto besser wird der Algorithmus bei der selbstständigen Erkennung anhand der Hyperspektral-Daten. Auch auf Makroalgen, Seegras und Sediment soll der Algorithmus trainiert werden. Auf diese Weise sollen nicht nur Korallen erfasst, sondern ganze Riffe in digitaler Variante erstellt werden.

(jle)