Firma hinter der Mikrowellenrakete ist pleite

Die Firma Escape Dynamics wollte Raumgleiter mithilfe von Mikrowellen ins All schicken und damit die Kosten für Starts drücken. Von Anfang an stand das Unternehmen auf technisch wackeligen Füßen, nun ist es bankrott.

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Firma hinter der Mikrowellenrakete ist pleite

(Bild: Escape Dynamics)

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Von
  • Hannes A. Czerulla

Escape Dynamics wollte die Raumfahrt mithilfe von Mikrowellen revolutionieren. Das Antriebskonzept hätte die Effizienz gesteigert und die Kosten pro Flug massiv gesenkt. Doch nun hat die Firma aufgegeben. Auf der Webseite des Unternehmens ist nur noch eine kurze Erklärung zu finden, dass das "Konzept momentan ökonomisch unattraktiv für das Team" sei.

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Escape Dynamics

(Bild: Escape Dynamics)

Die Idee bestand darin, das einstufige Raumfahrzeug ("single-stage-to-orbit launch system", SSTO) zwar wie bei klassischen Antrieben mit Wasserstoff zu betanken, das Gas aber nicht zu verbrennen, sondern zu erhitzen. Die Energie dafür sollte von außen durch Mikrowellen zugeführt werden. Der sich ausdehnende Wasserstoff wäre dann durch eine Düse ausgestoßen worden und hätte Vortrieb erzeugt. Eine Bodenstation aus acht bis zwölf Meter großen Mikrowellenantennen, die mit 92 GHz arbeiten, hätte die Mikrowellen in Richtung Raumgleiter gebündelt, wo die Energie absorbiert werden sollte. Die Antennenanordnung sollte insgesamt eine Fläche von einem Quadratkilometer einnehmen.

Ein aus Keramik bestehender, mehrere Quadratmeter großer Absorber an der Unterseite des Raumschiffes hätte die Mikrowellen aufgefangen, in Wärmeenergie umgewandelt und damit den Wasserstoff auf über 2000 Grad Celsius erhitzt. Wegen des hohen Energiebedarfs der Mikrowellenantennen in der Startphase, hätte die Bodenstation einen Pufferakku besessen, der vor jedem Start entweder über das öffentliche Stromnetz oder mithilfe von erneuerbaren Energien hätte geladen werden müssen.

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Vorteil des Systems wäre das geringere Treibstoffgewicht gewesen, was erlaubt hätte, die Nutzlast deutlich zu erhöhen. Nach Angaben des Unternehmens hätte der Treibstoff nur 70 Prozent des Gewichts ausgemacht im Gegensatz zu 90 Prozent bei klassischen Systemen. Der Anteil an Nutzlast sollte von den derzeit üblichen 1,5 bis 3 Prozent auf 8 bis 10 Prozent steigen. Entsprechend wäre ein Flug mit dieser Technik deutlich preiswerter geworden als heutzutage.

Im White Paper des Projekts ist die Rede von 150 US-Dollar pro Kilogramm Nutzlast. So hätte es sich auch gelohnt, kleine Satelliten als primäre Nutzlast mitzunehmen und nicht nur als Zuladung. Insgesamt sollte der Raumgleiter bis zu 200 Kilogramm transportieren. Nach dem Ausflug ins Orbit wäre er ähnlich wie ein Spaceshuttle wieder zur Erde zurückgekehrt und auf einer Landebahn gelandet. Allerdings sollten allein die Batterien, die Mikrowellensender gespeist hätten, "mehrere 10 Millionen US-Dollar" kosten.

In Bezug auf die Effizienz hätte das System klassische Konzepte bei weitem überflügelt: Im Betrieb sollte das Triebwerk einen spezifischen Impuls (Masse × Geschwindigkeit pro Masseneinheit des Treibstoffs, wobei die Erdbeschleunigung als Konstante eingesetzt wird) von 750 bis 850 Sekunden erreichen. Mit Plasma sollten in einer künftigen Entwicklungsstufe sogar 1500 Sekunden möglich sein. Herkömmliche Antriebe schaffen etwa 460 Sekunden. Ionentriebwerke erreichen durch die hohe Austrittsgeschwindigkeit des Antriebsmediums zwar ein Vielfaches davon, haben aber für einen Start von der Erde eine viel zu geringe Leistung. Der spezifische Impuls gilt als allgemeine Vergleichseinheit, der die Effizienz eines Antriebs beschreibt. (hcz)