Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Eine britische Studie erschüttert die Nomenklatur der klassifizierten Spezies. Auch wenn die Wissenschaftler aus Oxford keine Daten mitliefern, klingen ihre Beobachtungen nicht unplausibel.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Eine britische Studie erschüttert die Nomenklatur der klassifizierten Spezies. Auch wenn die Wissenschaftler aus Oxford keine Daten mitliefern, klingen ihre Beobachtungen nicht unplausibel.

Die Artenvielfalt auf der Erde scheint schier unermesslich, auch wenn viele Pflanzen und Tiere längst wieder ausgestorben sind. Dennoch macht ein Besuch in einem Naturkundemuseum uns staunen ob der Masse an unterschiedlichen Exponaten, die oft doch so eng miteinander verwandt sind.

Nun aber untergräbt eine britische Studie unsere Zuversicht, dass es sich bei dem in den wissenschaftlichen Institutionen dokumentierten Wissen, der scheinbar verbindlichen Nomenklatur, durchweg um reelle Fakten handelt: Gut die Hälfte der naturhistorischen Muster in aller Welt könnten falsch benannt sein, mutmaßte Zoë Goodwin, PH.D-Studentin am Department of Plant Sciences an der University of Oxford, gemeinsam mit Kollegen jüngst in einer Studie mit dem Titel "Widespread mistaken identity in tropical plant collections".

Dokumentiert hat die britische Forscherin dies angeblich unter anderem an den 4500 Präparaten des Afrikanischen Ingwergewächses Aframomum, die aus 40 Herbarien in 21 Ländern stammen: "Unsere Daten zeigen, dass mindestens 58 Prozent der Muster zuvor den falschen Namen hatten." Die Autoren des Papers sehen mehrere mögliche Ursachen für das von ihnen beobachtete Phänomen: Pflanzen werden im Laufe der Zeit dank einer sich verbessernden Forschungslage von verschiedenen Institutionen unterschiedlich klassifiziert. Eine andere Fehlerquelle seien jene Fälle, in denen Material von derselben Pflanze gleich diversen Herbarien zur Verfügung gestellt würde, wo dieses dann unterschiedliche Namen erhielte.

Das klingt zunächst einmal plausibel. Aber andere britische Wissenschaftler – wie etwa der Evolutionsbiologe Roderic Page von der University of Glasgow in seinem Blog iPhylo – äußern ihre Bedenken. "Ich bin bereit zu akzeptieren, dass es offensichtlich zu beträchtlichen Problemen mit den Herbarien und den Benennungen in den Museen kommt", räumt der Kollege aus Schottland ein. "Aber wo sind die Daten?" Das sei besonders schwer nachzuvollziehen, zumal die Beispiele der von den Biologen aus Oxford genutzten Global Biodiversity Information Facility (GBIF) bereits alle mit einer eindeutigen DOI-Signatur versehen seien. Dieser sogenannte Digital Object Identifier mache die Funde wiederum für jeden nachvollziehbar. Andere Kommentatoren fragen nach den anscheinend nicht vorhandenen Peer-Reviews, jenen Kreuzgutachten, mit denen wissenschaftliche Publikationen in der Regel ihre Qualität dokumentieren.

1.628.227 bestätigte Spezies verspricht die GBIF-Webseite in ihrem "Katalog des Lebens". Allein, unseren Glauben an die exakte Wissenschaft hat die Studie aus Oxford doch etwas angekratzt. Zumal Zoë Goodwin auch auf andere Gebiete der Biologie verweist: "Wir denken, konservativ geschätzt, dass bis zur Hälfte der weltweiten naturhistorischen Präparate falsch bezeichnet sein könnten." Sollten wir es nun ganz radikal eher mit den klassischen Philosophen halten – nach dem Motto: Wir wissen, dass wir nichts wissen? Nun, auf einige gesicherte Fakten können wir wohl trotz alledem zurückgreifen, wie Gertrude Stein in ihrem berühmten Gedicht feststellte: "Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose…" (inwu)