Künstliche Muskeln für Kühlschränke

Wissenschaftler der Saar-Uni wollen aus Formgedächtnis-Materialien einen klimaschonenden Kühlschrank entwickeln.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Wissenschaftler der Saar-Uni wollen aus Formgedächtnis-Materialien einen klimaschonenden Kühlschrank entwickeln.

Sogenannte Formgedächtnislegierungen wie Nickel-Titan kehren nach einer Verformung wieder zu ihrer Ursprungsform zurück und agieren dabei wie ein Muskel. Bei der Verformung verändert sich die Gitterstruktur des Metalls. Dabei wird es warm. Entlastet man es wieder, kühlt es stark ab – um rund 20 Grad unter die Umgebungstemperatur. Das könnte sich doch für ein Kühlaggregat eignen, dachte sich ein Wissenschaftlerteam.

Die Forscher um Andreas Schütze (Lehrstuhl für Messtechnik der Universität des Saarlandes), Stefan Seelecke (Intelligente Materialsysteme, ebenfalls Saar-Uni) sowie Gunter Eggeler und Jan Frenzel von der Ruhr-Universität Bochum (Werkstoffwissenschaften) wollen dieses Phänomen nun nutzen, um einen umweltfreundlichen Kühlschrank zu bauen. "Die Grundidee war, einem Raum – etwa dem Inneren eines Kühlschranks – Wärme zu entziehen", sagt Seelecke.

Reguläre Kühlschränke werden zwar immer energiesparender, könnten aber noch weniger Strom verbrauchen.

(Bild: Liebherr)

Dazu entlasten die Wissenschaftler ein vorgedehntes superelastisches Material innerhalb eines Kühlfachs, so dass es dort die Temperatur senkt. Außerhalb des Fachs wird es wieder verbogen, wobei es die dabei entstehende Wärme an die Umgebung abgeben kann. Dann beginnt der Prozess aufs Neue.

In umfangreichen Versuchen haben die Forscher untersucht, wie stark und wie schnell das Material gebogen werden muss, um die beste Kühlleistung zu erzielen. Daran beteiligt war auch das Saarbrücker Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA). Mit einer Thermokamera wurde geprüft, wie Erwärmung und Abkühlung genau erfolgen.

Funktionsprinzip des neuen Kühlschranks.

(Bild: Saar-Uni)

Einen kompletten Kühlschrank haben Seelecke, Schütze und ihre Kollegen in Saarbrücken und Bochum noch nicht hergestellt, doch ein Prototyp entsteht gerade. Bei diesem soll Luft an rotierenden Bündeln aus Legierungsdrähten vorbeiströmen und sich dabei jeweils erwärmen oder abkühlen. Das System soll weniger Strom verbrauchen als herkömmliche Geräte und kommt ohne Kältemittel aus, was ebenfalls ein umweltfreundlicher Vorteil ist.

Wie der ideale Vorgang der Formgedächtniskühlung aussieht, wird derzeit erforscht. "Um den Prozess noch weiter zu optimieren, werden alle Abläufe modelliert und die Modelle durch Vergleich mit Experimenten weiter verfeinert. Aus Modell und Experiment werden wir so etwa ableiten, aus wie vielen Formgedächtnis-Drähten das rotierende Draht-Bündel idealerweise besteht, oder welche Drehzahl bei der Rotation die besten Ergebnisse liefert", erläutert Schütze vom Lehrstuhl für Messtechnik der Saar-Uni.

Zwei der Macher hinter dem Kühlschrank-Projekt.

(Bild: Saar-Uni)

Der neuartige Kühlschrank könnte letztlich dabei helfen, gegen den Klimawandel zu kämpfen, denn gekühlt werde ja auf der ganzen Welt. "Kühlschränke laufen rund um die Uhr, Klimaanlagen kühlen Büros, Kühlsysteme halten Computer und Motoren in Gang", so die Forscher. Das sei nicht nur teuer, sondern belaste die Atmosphäre mit Treibhausgasen und durch den hohen Stromverbrauch mit Unmengen an Kohlendioxid – was wieder die Erderwärmung befeuere. (bsc)