Gibt es bald keine 3D-TVs mehr?

Derzeit kursieren Gerüchte, dass sich große TV-Hersteller von der 3D-Technik verabschieden. Wir haben nachgefragt und die Lage analysiert.

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Gibt es bald keine 3D-TVs mehr?

LG will weiterhin 3D-TVs anbieten

(Bild: LG)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Vor gar nicht langer Zeit war 3D im Fernsehgerät ein Muss – auch wenn viele Zuschauer ihr Gerät tatsächlich niemals mit 3D-Inhalten fütterten, wollten sie beim Kauf eines neuen TVs auf Nummer sicher gehen: Falls es richtig losgeht mit 3D, falls ganz viele Inhalte kommen, falls die TV-Sender in 3D ausstrahlen, dann wollten sie die passende Hardware zur Hand haben. Also packten die TV-Hersteller in möglichst jedes Gerät eine 3D-Funktion und die Läden bewarben ihre ausgestellte Ware massiv mit 3D.

Doch seit etwa zwei Jahren ist es still um die 3D-Technik geworden – eintauchen in virtuelle Welten ist jetzt angesagt. Das geht zwar noch nicht am Fernsehschirm, doch 3D-Inhalte für große Bildschirme kamen ohnehin nicht genug an Land: Nach dem Avatar-Hype und per High Frame Rate aufgebrezeltem 3D beim Hobbit hatten die großen Kinosäle nur noch wenig Sinnvolles in 3D zu bieten (auch wenn sie weiterhin saftige Aufschläge für jeden noch so schlechten 3D-Streifen verlangen).

Mit dem 50-Zöller 50PFL5008K hat Philips (noch) ein 3D-TV im Programm.

(Bild: Philips)

Folgerichtig rationalisierten die TV-Hersteller die 3D-Ausstattung in ihren günstigen Geräten weg. Nur noch in den oberen Preisklassen konnte man sich als Käufer auf 3D verlassen. Das lag natürlich nicht nur am nachlassenden Interesse an 3D, auch der Preiskampf im TV-Markt sorgt für solche Sparmaßnahmen.

Weil dies im vergangenen Jahr nicht besser geworden ist – weder beim Preiskampf noch in Sachen 3D –, fahren die Hersteller ihre Geräteausstattung nun weiter runter. Aus diesem Sparzwang entspringt wohl auch die Überlegung einiger, überhaupt kein 3D mehr anzubieten.

So wird beispielsweise unter den kommenden Geräten von Philips kein TV mehr 3D unterstützen. Bislang fehlte die 3D-Funktion vor allem in günstigen Geräten und 2015 auch in der höherpreisigen 8000er-Serie. Die inzwischen an TP Vision verkaufte TV-Sparte von Philips hat bislang sowohl die aktive 3D-Technik mit Shutterbrillen als auch passiv-3D mit Polfilterbrillen eingesetzt.

Die passiven 3D-TVs könnten gerade von der höheren 4K-Auflösung profitieren: Während Full-HD-Displays mit Polfilter-3D aufgrund der verwobenen Ansichten im 3D-Betrieb lediglich die halbe vertikale Auflösung (aber volle Pixelanzahl horizontal) bieten, können 4K-Panels mit passiv-3D sowohl horizontal als auch vertikal Full-HD-Auflösung darstellen. Damit entfällt der wesentliche Nachteil von passiv-3D gegenüber der aktiven 3D-Shuttertechnik.

LG wird seine 3D-Modellpalette wohl reduzieren, hier drei Geräte mit 65 und 85 Zoll Diagonale.

(Bild: LG)

Allerdings benötigen Displays mit passiv-3D passende einen Polfilter, der über der gesamten Schirmfläche liegt – bei sehr großen Displays wird das sehr teuer. Zugleich steigt die durchschnittliche TV-Größe kontinuierlich: War bis vor wenigen Jahren noch 32 Zoll respektive 80 Zentimeter die übliche TV-Diagonale im Wohnzimmer, zählen heute 45 bis 50 Zoll, also Geräte mit 1 bis 1,30 Metern Diagonale, zu den bevorzugten TV-Größen.

Da ist es nur folgerichtig, dass auch LG nicht mehr alle eigenen TV-Modelle mit 3D ausstattet. LG war Vorreiter – und ist Hersteller – der passiven 3D-Technik: Wenn ein Fernsehschirm Polfilter-3D nutzt, steckt in ihm mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ein IPS-Panel von LG.

Zwar bekamen wir von LG auf Nachfrage noch keine definitive Aussage zur Ausstattung der neuen TV-Modelle für 2016. Die vom koreanischen IT-Newsportal etimes geäußerte Vermutung, dass im aktuellen Line-up weniger TV-Geräte als bisher 3D-fähig sein werden, liegt aber auf der Hand: Im 60-Zöller mit 1,50 Metern Bilddiagonale sind die nötigen Polfilter ziemlich teuer, für Einstiegsgeräte dieser größe rechnet sich die 3D-Ausstattung deshalb nicht.

Samsungs 4K-TV UE78HU8590 aus dem vergangenen Jahr ist 3D-fähig.

(Bild: Samsung)

Auch Samsung wollte gegenüber c't noch nicht offiziell Stellung nehmen zur 3D-Thematik: Es handele sich bisher nur um ein Gerücht, da das neue Line-up noch nicht offiziell angekündigt sei. Samsung muss sich als Verfechter der aktiven Shutter-Technik zwar nicht mit teuren 3D-Polfiltern herumplagen. Doch für ein 3D-fähiges TV benötigt man sehr schnelle Displays, wenn die 3D-Darstellung nicht verschwommen aussehen soll. Solche flinken LCDs sind natürlich teurer als ein lahmes 50-Hz-Panel. Um die Preise zu drücken, wird Samsung seine 3D-Palette deshalb sicher noch weiter ausdünnen – der Marktführer unter den TV-Herstellern hatte die Modelle mit 3D-Ausstattung bereits im vergangenen Jahr etwas zurückgefahren.

Außerdem setzt Samsung wie viele andere Hersteller auf Ultra HD mit HDR (High Dynamic Range), also knackscharfe Displays mit ungemein hohem In-Bild-Kontrast. Bei richtig guten HDR-Displays mit hoher Auflösung bekommt die Darstellung auch ohne 3D eine enorme Tiefe – da dürfte manch ein Zuschauer auf die ungeliebten 3D-Brillen gern verzichten.

Ohnehin ist das Thema Ultra HD mit HDR – aktuell heißt es Ultra HD Premium – ein Punkt, der gegen den massiven Ausbau von 3D-TVs spricht: Wenn demnächst die ersten Discs mit Ultra HD und HDR auf den Markt kommen, werden sie zusammen mit einer "normalen" Disc ausgeliefert, die die Full-HD-Version des Films ohne vergrößerten Kontrastumfang enthält. Es käme sicher komisch bei den Kunden an, wenn die normale Scheibe eine 3D-Version enthielte, die bessere UHD-HDR-Disc dagegen nur eine 2D- Version desselben Films.

Trotzdem wird es vorerst weiterhin 3D-Inhalte, denn Hollywood produziert noch ein paar 3D-Blockbuster fürs Kino, darunter etwa der aktuelle Star Wars-Kassenschlager. Und so wird es wohl auch noch eine ganze Weile Fernsehgeräte mit 3D-Schirm geben – auch wenn die Hersteller im extrem umkämpften TV-Markt sparen müssen wo sie können. Die 3D-Funktion wegzulassen – die bei aktiv-3D sehr schnelle und damit teure Panels erfordert und bei passiv-3D teure Polfilter braucht –, ist ein einfacher Schritt. Zumal ihn die meisten Käufern wahrscheinlich gar nicht (mehr) bemerken werden.

Fans der 3D-Technik sollten deshalb nicht mehr voraussetzen, dass alle hochwertigen und damit teuren Geräte die dreidimensionale Darstellung beherrschen. Sie müssen vor dem Kauf eines Geräts ein bisschen genauer hinschauen – womöglich entwickelt sich die 3D-Ausstattung damit doch noch zu einem ganz besonderen Feature. (uk)