UK-Geheimdienst: Britisches Gericht billigt weitgehendes GCHQ-Hacking

Privacy International und andere Organisationen wie der CCC sind mit ihrer Beschwerde gegen die Hacker-Aktivitäten des GCHQ zunächst gescheitert. Das Investigatory Powers Tribunal hält die Überwachung für rechtlich abgesichert.

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GCHQ
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Der britische technische Geheimdienst GCHQ darf vorerst weiter in Smartphones und Computer Verdächtiger eindringen. Dies hat der für die Spionagebehörde zuständige Gerichtshof entschieden, das Investigatory Powers Tribunal. Die Cyberangriffe des Government Communications Headquarters hätten zwar "ernsthafte Fragen" aufgeworfen, heißt es in dem Urteil. Prinzipiell bewege sich der GCHQ aber mittlerweile im rechtlichen Rahmen.

Das Tribunal betont, es sei immer nötig, die "dringenden Bedürfnisse der Geheimdienste" zum Schutz der öffentlichen Sicherheit mit den Individualrechten auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit auszubalancieren. Den inzwischen vom britischen Innenministerium vorgelegten Verhaltenskodex zum GCHQ-Hacking halten die Richter aber für ausreichend. Sie erkennen auch an, dass die britische Regierung derzeit versuche, die Befugnisse mit dem Entwurf zur Reform der Geheimdienstbefugnisse (Investigatory Powers Bill) auf eine rechtlich abgesicherte Basis zu stellen.

Sollten GCHQ-Hacker undifferenziert Informationen in großen Mengen abgreifen, verweisen die Richter auf "mögliche Umstände", unter denen eine individuelle Beschwerde dagegen vorgebracht werden könne. Auch die Tiefe des Eingriffs an sich ändere aber nichts daran, dass die staatlichen Cyberangriffe prinzipiell rechtmäßig seien.

Den Fall ins Rollen gebracht hatte die Datenschutzvereinigung Privacy International zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem Chaos Computer Club (CCC) im Mai 2014. Die Beschwerdeführer brachten vor, dass es unvereinbar mit demokratischen Prinzipien und den Menschenrechten sei, wenn staatliche Stellen Dritten Malware einspielten oder in deren IT-Systeme eindrängen. Dafür gebe es auch keine Rechtsgrundlage.

Scarlet Kim von Privacy International zeigte sich nun schwer enttäuscht über die Entscheidung. Die Richter hätten sich dabei auf die weite Interpretation gesetzlicher Vorgaben von 1994 gestützt, als das Internet und die Mobilkommunikation noch in ihren Anfängen gewesen seien. Kim erinnerte zudem daran, dass die Regierung erst aufgrund der Beschwerde die Hacking-Aktionen des GCHQ überhaupt eingeräumt und "auf dem Sprung" mitten im Verfahren ein rudimentäres Regelwerk dafür aufgesetzt habe.

Die Bürgerrechtler kritisieren, GCHQ-Agenten dürften laut dem Urteil sogar ganze Geräteklassen hacken, also etwa in "alle Mobiltelefone im Raum Birmingham" eindringen. Damit ende eine lange englische Tradition, wonach derart breite Anordnungen nicht zulässig gewesen seien. Damit stelle sich das Gericht auch gegen Empfehlungen des parlamentarischen Geheimdienstausschusses. Privacy International will gegen diese Befugnis weiter gerichtlich vorgehen. Eine andere Klage von Bürgerrechtlern gegen die Massenüberwachung ist beim Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg noch anhängig.

Der britische Außenminister Philip Hammond begrüßte das Urteil dagegen. GCHQ-Hacker müssen ihm zufolge inzwischen eine zweistufigen Autorisierungsprozess durchlaufen, bevor sie loslegen dürften. (anw)