In den Pyrenäen ist ein Trialer die bessere Enduro

Das Motorrad der Zukunft

Wer landschafts- und umweltverträgliche Motorräder sucht, mit denen man minimal invasiv durch schönste Natur wandern kann, wird ausgerechnet beim Trial-Motorrad fündig. Wir wanderten motorisiert durch die Pyrenäen

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Von
  • Clemens Gleich
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"Ich find' das so toll, ich versteh' gar nicht, wieso nicht jeder Trial-Motorrad fährt", sagte der Mann. Seine Bemerkung fiel auf den fruchtbaren Boden eines ohnehin befangenen Publikums, denn wir hatten uns alle auf dieser Finca in den Pyrenäen eingefunden, um eben das zu tun: Trial fahren. Die Einen waren jung, Jugend- bis Europameister und auf sportliches Training aus. Die Anderen waren wir: alt und zum gemütlichen Endurowandern auf den gutmütigen Viertaktern von Honda-Montesa gekommen. Ich bin noch nie vorher ein Trial-Motorrad gefahren, aber jetzt bin ich derselben Ansicht wie der einleitende Mann: Jeder Motorradfahrer sollte das mindestens einmal tun.

Der Veranstalter Elmar Heuer ließ in unserer Altherren-Wandergruppe solche Anfänger zu, wenn sie einige Geländeerfahrung mitbrachten. Das hieß für mehrere von uns: Enduro fahren. Erstaunlicherweise hat Endurofahren, wie es der Amateur praktiziert, recht wenig mit Trial fahren zu tun. Der Amateur fährt Enduro üblicherweise in dem, was Experten den Jesus-Stil nennen: erst Gewalt, dann beten. Ein Hindernis wird mit Schwung genommen. Wenn der nicht reicht, muss die Fräse namens Hinterrad ran. Wo Amateure eine schwierige Stelle mit der Enduro fahren, wächst so schnell kein Gras mehr. Es wächst dort überhaupt nichts mehr, das nicht in Luft wurzeln kann. Jedes Substrat hat der Endurist den Hang hinabgeworfen, und jeden ausgegrabenen Stein hinterher.

Am eindrücklichsten zeigte das ein Waldstück, in dem wir eine kleine Sektion zum Training zwischendurch fuhren. In einem Steilhang fanden wir eine über einen Meter tiefe Schneise, die aussah, als hätte sie ein Miniatur-Radbagger dort hineingegraben. Trainer Hans Gröb: "Endurofahrer. Mit den Trialern sind wir hier schon tausend Mal hochgefahren, ohne die Kante zu zerstören." Seit vor Kurzem Jordi Pasquet, der Betreiber der Offroad-Finca, auch Enduro-Urlaube anbietet, gibt es solche Spuren auf dem Gelände. Als wir morgens Jordi auf seiner GasGas-Enduro antreffen, wird uns mit der neuen Eichung auf leichte Trialer klar, wie groß, schwer und brutal so eine Hardenduro eigentlich ist.

Technik statt Gewalt

Statt eines fräsenden Reifens mit weit auseinander gesetzten Profilstollen wie eine Enduro hat ein Trialer einen weichen Reifen mit wenig Luftdruck und eng aneinander liegenden Noppen. Das bazt bei Lehm schnell zu, wenn man zu wenig Gas gibt, das schmiegt sich jedoch vor allem wie die Fingerbeeren einer ganzen Horde Affen an den Untergrund, was bei richtiger Technik zu beeindruckendem Grip führt und bei Endurofahrer-Technik zu viel Verzweiflung.