Angezapfte Kampfdrohnen

Der britische Geheimdienst hat israelische Kampfdrohnen angezapft. Was können wir aus dieser Geschichte lernen?

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Der britische Geheimdienst hat israelische Kampfdrohnen angezapft. Was können wir aus dieser Geschichte lernen?

Eine ganze Menge – und nicht alles davon ist negativ. Aber der Reihe nach: Die Geschichte, kürzlich veröffentlicht im Investigativ-Journal The Intercept, beruht auf der noch immer nicht abgeschlossenen Auswertung der Snowden-Dokumente.

Demnach haben der britische Geheimdienst GCHQ und die NSA systematisch daran gearbeitet, die verschlüsselten Videosignale israelischer Militärdrohnen anzuzapfen. Mindestes seit 2008 hatten sie auch Erfolg damit, wie dieses Handbuch zeigt. Denn die Verschlüsselung war keineswegs sonderlich gut.

Ironie der Geschichte: Die britischen Staatshacker verwendeten ein Open-Source-Tool mit dem schönen Namen AntiSky, das ursprünglich entwickelt wurde, um zu zeigen, wie leicht man die Verschlüsselung von Pay-TV-Kanälen aushebeln kann.

Was folgt nun daraus? Die britischen Anti-Drohnen-Aktivisten vom Blog "Drone Wars UK" vermuten, dass der Hack sowohl politische als auch wirtschaftliche Gründe hat.

Politisch heißt: Da die Obama-Regierung nicht einverstanden ist mit der Außenpolitik Israels, wollte sie ihre Verbündeten im Nahen Osten offenbar lieber kontrollieren, statt sich auf ihre Verlautbarungen zu verlassen.

Wirtschaftlich heißt: Die Israelis sind der weltweit führende Exporteur von Drohnen – ihre Modelle fliegen mittlerweile in 37 Ländern (auch die deutsche Bundesregierung hat kürzlich beschlossen, Kampfdrohnen aus Israel zu leasen). Daraus ergibt sich eine echte Win-Win-Situation: So lange der Hack nicht auffliegt, haben britische und amerikanische Geheimdienste weltweit Zugriff auf wertvolle Überwachungsdaten. Und wenn die ganze Geschichte irgendwann rauskommt – wie jetzt geschehen – sind die israelischen Hersteller auf einen Schlag international diskreditiert. Das ist gut für die amerikanische Rüstungsindustrie.

Aber das ist Spekulation. Ich denke, der Hack folgt einfach einem viel größeren Trend – den der Militär-Spezialist und Buch-Autor John Robb Open-Source-Kriegsführung getauft hat. Seine These: Ähnlich wie die Open-Source-Community, die in den 90er Jahren das Monopol von Unternehmen wie Microsoft angegriffen hat, bilden sich weltweit selbst organisierte und gut vernetzte Aufstands-Gemeinschaften, die technisches Wissen auch im militärischen Bereich miteinander teilen und weiterentwickeln. Dass es diesmal die Jungs vom GCHQ waren, die auf den Hack gekommen sind, spricht nicht gegen dieses Argument. Auf genau die selbe Idee hätten auch Hacker der Hisbollah kommen können – vielleicht sind sie das auch schon.

Robbs Folgerung aus dieser Beobachtung ist jedoch ebenso simpel wie weitreichend: Eine Kriegführung, die allein auf technischer Überlegenheit beruht, wie zum Beispiel der Drohnenkrieg der USA, wird auf die Dauer nicht funktionieren. In einer Zeit, in der sich Deutschland – unter anderem mit Aufklärungsflügen – zunehmend in internationale miltitärische Einsätze hineinziehen lässt, wäre es vielleicht weise, für eine Weile über diese Erkenntnis nachzudenken. (wst)