Die App weiß, wann die Erde bebt

Ein Entwicklerteam hat einen Algorithmus trainiert, Erschütterungen von Erdbeben zu erkennen. In Form einer App wertet er dazu die Daten der Beschleunigungssensoren auf dem Smartphone aus.

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Ein Entwicklerteam hat einen Algorithmus trainiert, Erschütterungen von Erdbeben zu erkennen. In Form einer App wertet er dazu die Daten der Beschleunigungssensoren auf dem Smartphone aus.

Kalifornien ist mit seinen 400 seismischen Stationen eigentlich gut ausgestattet, was die Erdbeben-Messung betrifft. Doch Programmierer der University of California, Berkeley (UC Berkeley) und der Deutschen Telekom wollen mithilfe von Smartphones die bisherigen Warnungen noch schneller und präziser machen. Dazu haben sie eine App namens MyShake entwickelt. Die Anwendung nutzt die Beschleunigungssensoren des Handys, um Erschütterungen eines Bebens festzustellen. Der Crowd-Ansatz könnte nicht nur in Kalifornien die Datenlage verbessern, sondern auch wichtige Informationen in Ländern liefern, deren Netz aus Seismographen nicht so gut ausgebaut ist.

Wie die Entwickler den Algorithmus trainierten, damit er die spezifischen Muster von Erdstößen identifizieren und von üblichen Bewegungen etwa beim Herumtragen unterscheiden kann, beschreiben sie in ihrem Paper in Science Advances. Sie griffen dafür auf drei Quellen zurück: alltägliche Bewegungsdaten, Daten-Aufnahmen von Handys auf sogenannten Rütteltischen und seismische Daten aus Japan. Registriert der Algorithmus das Erschütterungsprofil eines Bebens, leitet er die Zeit und den Ausschlag sowie die GPS-Koordinaten des Telefons weiter zum Seismologielabor der UC Berkeley.

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Die Wissenschaftler werten die Daten aus und gleichen die Ergebnisse mit dem California Integrated Seismic Network ab, das Daten von unterirdischen Seismographen erfasst. In Simulationen mit 75 Nutzern hat die App den Programmieren zufolge in 93 Prozent der Fälle Erdbeben erkennen können. Das funktioniere laut Richard Allen, Leiter Seismologielabors und des App-Projekts, am besten, wenn das Smartphone flach auf einem Tisch liegt.

Da MyShake die Bewegungsdaten kontinuierlich im Hintergrund analysiert, habe man bei der Programmierung darauf geachtet, dass Performance, Akku und Speicher des Handys nicht stark beansprucht werden, sagt Louis Schreier vom Telekom Innovation Laboratories (T-Labs) im Silicon Valley.

Zwar sind die Sensoren in Smartphones weit weniger genau als übliche Seismographen. Doch sie sollen, wie die Entwickler mitteilen, empfindlich genug sein, um Erschütterungen ab der Stärke 5 in einem Umkreis bis zu zehn Kilometern zu erfassen. Gerade aber ab einer solchen Magnitude richteten sie Schaden an. Um auf der Datenbasis Warnung vor Beben abzusetzen, sind 300 Smartphones auf einer Fläche von circa 12.000 Quadratkilometern erforderlich.

Ein anderes Forscherteam, ebenfalls aus Kalifornien, hatte bereits vor einigen Jahren mit der Sensorik in Laptops gearbeitet, um ein Netzwerk zur Erdbebenüberwachung aufzubauen. Auch sie setzten auf die Bewegungssensoren als Analyse-Werkzeug. MyShake soll nun eine ähnliche Variante in Form einer energieeffizienten App auf die Smartphones von zahlreichen Nutzern bringen. Die App ist bereits für Android-Betriebssysteme erhältlich, das iOS-Pendant ist in Planung. Die Telekom will die App nach eigenen Angaben außerdem auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorstellen.

(jle)