Oculus-Rift-Projekt Leviathan: Steampunk-Schöpfungsakt im VR-Labor

Abenteuer Forschung: Auf dem Vision Summit 2016 verteilte das 5D Global Studio Tickets für das Leviathan-Projekt – eine Virtual-Reality-Reise mit einem fliegenden Wal inklusive Abstecher ins bordeigene Genlabor.

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Oculus-Rift-Projekt Leviathan: Steampunk-Schöpfungsakt im VR-Labor

Über den Wolken ist Ruh: Ein genetisch erschaffener Wal fliegt im Auftrag der britischen Darwinisten über Europa hinweg.

(Bild: 5D Global Studio)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Roland Austinat
Inhaltsverzeichnis

Steampunk-Roboter und schwebende Walfische: Die Leviathan-Buchtrilogie von Scott Westerfield spielt in einem Paralleluniversum zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Darin kämpfen Deutschland und Österreich-Ungarn mit dieselgetriebenen Kampfmaschinen gegen die britischen Darwinisten und ihre genetisch gezüchteten Tierkrieger. Bereits vor zwei Jahren präsentierten die Designer Alex McDowell und Bradley Numan mit ihrem Team beim 5D Global Studio einen Augmented-Reality-Ausflug in diese Welt, bei dem man einen fliegenden Leviathan-Wal mit einem Tablet verfolgen und steuern konnte. Auf dem Vision Summit 2016 in Los Angeles bewaffneten wir uns mit einer mit zusätzlichen Tracking-Bällen modifizierten Oculus-Rift-Brille sowie zwei Tracking-Handaufsätzen, um in einem Genlabor im Innern der fliegenden Festung eine neue Spezies zu erschaffen.

Nach einem Flug durch die Wolken, der im Labor unter dem Leviathan endet, begrüßt uns die dortige Chefwissenschaftlerin und klärt uns über unsere Aufgabe auf: Wir sollen ein neues Wesen erschaffen, einen sogenannten Huxley. Der Clou dabei ist: Der Labortisch, vor dem wir in der virtuellen Realität stehen, befindet sich auch in unserer Wirklichkeit. Das modifizierte Oculus-System wird von je zwei Tracking-Kameras pro Himmelsrichtung erfasst, registriert jedoch nicht nur unsere Kopf- und Handbewegungen, sondern auch die Lage der Phiolen, Zylinder, Hebel und Armaturen auf dem Tisch. Wir platzieren mehrere Behälter vor einem Brutkasten, dann öffnen wir eine von vier Genmaterial-Zuleitungen und ziehen anschließend einen Dreiphasen-Stromschalter nach unten.

Project Leviathan (4 Bilder)

Im Genlabor unter dem Leviathan haben wir soeben einen Huxley erschaffen, ein mehr oder minder putziges fliegendes Wesen.
(Bild: 5D Global Studio)

Alsbald senkt sich eine Abdeckhaube, auf der eine Art fliegender Zitteraal Platz nimmt und die Reaktion mit wilden Blitzentladungen startet. Anschließend hebt sich die Haube wieder und unsere Schöpfung – eine Kreuzung aus Nashornkäfer und Qualle – treibt uns langsam entgegen. Mit der rechten Hand stupsen wir sie an und verändern so ihre Flugbahn. Dann blitzt es erneut auf und wir erheben uns selbst vom Boden: Unser Geist ist mit dem des Huxley verschmolzen. Wir schweben per Handbewegung durch das Labor und dann hinauf in dessen Beobachtungskuppel, von der aus wir hinaus in die Wolkenwelt schauen – bis nach knapp acht Minuten unser Ausflug beendet ist und wir in die Wirklichkeit zurückkehren.

Im Januar sorgte das Leviathan-Projekt auf dem Sundance-Filmfestival für sechsstündige Warteschlangen. Selbst Schauspieler wie Robert Redford und Jon Hamm (Mad Men) wollten wissen, was es unter der VR-Brille zu sehen gab – und waren davon begeistert. "Die Zukunft von Indie-Filmen hat vielleicht gar nichts mit Filmen zu tun", meint der Verantwortliche, Alex McDowell. Der Mann weiß durchaus, wovon er spricht: Er war schon als Produktionsdesigner für die Filme Der Rasenmähermann, Fight Club und Minority Report tätig.

Und die virtuellen Displays und Bedienelemente, mit denen Tom Cruise und Co. es im letztgenannten Streifen zu tun bekamen, sind dank Augmented-Reality und Virtual-Reality keine Science Fiction mehr. "Minority Report hat in den letzten 15 Jahren über 100 Patente inspiriert", merkt McDowell an. "Nicht, weil wir so schlau waren, sondern weil wir uns tief in die Materie eingearbeitet und gegenwärtige Trends extrapoliert haben."

Insbesondere durch die Interaktion mit VR-Objekten, die auch in unserer Welt existieren, entsteht während der Aktionen im Leviathan-Labor ein ganz besonderes Mittendrin-Gefühl. Die menschlichen Charaktere und auch die Umgebung könnten dabei noch etwas Feinschliff vertragen. Uns war nach der Rückkehr in die Gegenwart auch ein wenig schwummerig – was aber daran lag, dass wir unerlaubterweise um den Tisch herumgelaufen sind und damit die frisierte Oculus-Optik etwas aus dem Tritt gebracht haben. Mit einer Vive-VR-Höhle dürften solche flauen Momente aber passé sein.

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(mho)