3D-Piraterie im großen Stil auf eBay?

Ein eBay-Händler erklärt kurzerhand alle 3D-Dateien in der beliebten Online-Community Thingiverse zu Freiwild und verkauft 3D-Drucke fremder Entwürfe bei eBay – ohne Schuldbewusstsein und Hinweis auf die Urheber.

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Urheberrecht, 3D-Druck, Thingiverse
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter König

Wer eine Datenvorlage für einen 3D-Druck sucht, wird mittlerweile im Internet an vielen Stellen fündig – die Zahl der Online-3D-Datenbanken, bei denen man Tausende Druckvorlagen frei herunterladen kann, wächst ständig. Eine der prominenten Angebote ist Thingiverse, die Community des 3D-Drucker-Herstellers MakerBot, der seit einigen Jahren zum Konzern Stratasys gehört. Wer seine 3D-Dateien über diese Plattform veröffentlichen will, muss eine Lizenz wählen – die reicht von den üblichen Creative-Commons-Varianten über zwei GPL-Versionen bis zur BSD-Lizenz und Public Domain. Durch überlegte Wahl der Creative-Commons-Version kann man zum Beispiel zur Bedingung machen, stets als Urheber der eigenen Schöpfungen genannt zu werden und auch verbieten, dass jemand die eigenen Werke kommerziell verwendet.

Den Drachen des Anstoßes von Louise Driggers kann man immer noch bei Thingiverse herunterladen.

Genau das hat die Thingiverse-Nutzerin loubie alias Louise Driggers für ein 3D-Drachenmodell so gewählt – und musste dann feststellen, dass der US-amerikanische eBay-Händler mit dem Pseudonym just3Dprint auf der Internethandelsplattform 3D-Drucke nach ihrer Datenvorlage zum Verkauf anbietet. Was Hackaday am Montag berichtete, widerspricht klar der von Louise Driggers für ihre Drachenfigur gewählten Lizenz. Mittlerweile scheint der eBay-Händler das Angebot von Lousies Drachen wieder zurückgezogen zu haben, in seinem Shop ist er jedenfalls nicht mehr aufzuspüren.

3D-Druck

Der Sammelbegriff 3D-Druck steht heute für ein ganzes Bündel von Fertigungstechniken, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren und sich jeweils nur für ganz bestimmte Materialien eignen. Ihr gemeinsamer Nenner: Alle Verfahren bauen dreidimensionale Objekte, indem sie Material in dünnen Schichten auftragen und verfestigen.

Damit könnte die Geschichte eigentlich zu Ende sein. Doch die Diskussion in der englischsprachigen 3D-Druck-Community über diesen Fall scheint gerade erst richtig Fahrt aufzunehmen. Zum einen liegt das daran, dass sich unter den mehr als 2000 Artikeln im eBay-Shop von just3dprint offensichtlich noch eine Menge weiterer 3D-Drucke befinden, deren Vorlagen von Thingiverse stammen. Zum anderen hat Louise Driggers der Kontroverse mittlerweile ein (natürlich in 3D gedrucktes) Logo verliehen, das Sad Face (siehe Bild oben).

Das traurige Gesicht hat sie ebenfalls auf Thingieverse veröffentlicht (unter Creative Commons – Attribution übrigens, die kommerzielle Nutzung ist diesmal nicht ausgeschlossen). Und in den Kommentaren zu diesem Objekt schwingt sich der eBay-Händler unter dem Kürzel JPI zu einer wortreichen und sehr eigenwilligen Rechtfertigung seines Geschäfts auf: Er behauptet rundheraus, dass es sich bei den Dateien auf Thingiverse generell um Public-Domain-Material handle. Seine Begründung (hier etwas zusammengefasst dargestellt): Jene Lizenzen der 3D-Plattform, die kommerziellen Nutzen der hochgeladenen Dateien ausschließen, seien so rechtswirksam wie "Klopapier", da es sich bei Thingiverse als Teil von MakerBot und damit Abteilung von Stratasys um ein kommerzielles Unternehmen handle, das die als nicht-kommerziell hochgeladenen Dateien deshalb ja schon per se selbst kommerziell nutze. Deshalb sei eine Einschränkung der Lizenz auf nicht kommerziellen Einsatz unwirksam.

Nebenbei stellt er auch noch den Schutz durch die Lizenzen generell in Frage, da sich nur Werke mit einer gewissen Schöpfungshöhe schützen ließen, und genau die habe noch kein US-Gericht einer CAD-Datei zugebilligt. Letzteres stimmt zwar offenbar, aber der Interpretation dieser Tatsache durch den eBay-Händler hat mittlerweile Michael Weinberg auf seinem Blog widersprochen. Weinberg hat früher bei der Bürgerrechtsorganisation Public Knowledge gearbeitet und ist jetzt Rechtsberater beim 3D-Druckdienstleister Shapeways. In einem zweiten Blogpost setzt er sich detailliert mit dem oben erwähnten Rundumschlag von just3dprint alias JPI auseinander.

Solche 3D-Renderings der hochgeladenen CAD-Dateien erzeugt Thingiverse automatisch, ihre Lizenz ist unklar.

Wenn Weinberg recht hat, sind 3D-Dateien schützenswert und ein 3D-Druckdienstleister wie just3dprint muss sich an die Bedingungen der jeweiligen Lizenz halten und etwa den Namen des Schöpfers der Vorlage nennen, wenn das gefordert ist. Im Shop von just3dprint findet sich kein einziger Urheberhinweis, dafür aber ein ganzer Berg von Abbildungen von bestellbaren 3D-Objekten, die unverkennbar von Thingiverse stammen. Solche Bilder seiner Objekte lädt man als Thingiverse-Nutzer zum Teil selber hoch – zum Beispiel Fotos von selbstgemachten 3D-Drucken nach dieser Vorlage. Andere rendert der Webdienst automatisch nach Vorlage der hochgeladenen 3D-Dateien. Es ist nicht ganz klar, ob die Lizenz für die 3D-Datei auch für die daran hängenden Bildern gilt oder ob für diese Bilder gar keine Lizenz wirkt. In letzterem Fall greift dennoch das Urheberrecht und es dürfte niemand ohne explizite Genehmigung die Bilder weiterverwenden. Ansonsten müssten die Bedingungen der Lizenz für die 3D-Datei auch für die Abbildungen davon erfüllt werden – ob es sich um eine schlichte Namensnennung handelt oder das Verbot einer kommerziellen Nutzung. (pek)