Bei Strahlenwaffen liegt Deutschland vorn

Die Gattung der Strahlenwaffen steht kurz davor, auf realen Schlachtfeldern zum Einsatz zu kommen. Produktreif könnten sie in fünf Jahren sein, wurde auf einer Forschungsveranstaltung in Bonn deutlich. Allerdings gibt es noch technische Hürden.

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Bei Strahlenwaffen liegt Deutschland vorn

MBDA Systems arbeitet an einem Lasersystem gegen Minidrohnen

(Bild: MBDA)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Strahlenwaffen sind prägendes Element diverser Science-Fiction-Geschichten, seit Herbert George Wells 1898 in seinem Roman "Krieg der Welten" Marsbewohner die Erde mit einem Hitzestrahl angriffen. Mehr als hundert Jahre später steht diese Waffengattung nun kurz davor, auf realen Schlachtfeldern zum Einsatz zu kommen. Nachdem die Machbarkeit grundsätzlich nachgewiesen sei, könnten Laserwaffen in maximal fünf Jahren zur Produktreife gebracht werden, sagt Doris Laarmann vom Rüstungskonzern
MBDA Deutschland. Auf einer Forschungsveranstaltung in Bonn stellt sie jetzt den Stand der Entwicklung dar.

Anders als in vielen Zukunftsvisionen der fantastischen Literatur werden Laserstrahlen vorerst nicht gegen Menschen eingesetzt werden. Motor der Entwicklung war vielmehr zunächst das Bedürfnis, Angriffe mit Granaten abwehren zu können. In den jüngsten Jahren habe sich das Bedrohungsspektrum durch Mikrodrohnen erweitert, die ebenfalls mit Laserwaffen bekämpft werden können, schildert Laarmann. So ging bei einem Test im vergangenen Mai ein Quadrokopter in Flammen auf, nachdem er 3,4 Sekunden lang mit einem etwa 20 Kilowatt starken Laser bestrahlt worden war.

Die Leistung erreicht das von MBDA entwickelte System, indem es mehrere Single Mode Faserlaser mithilfe von Spiegeln zu einem Strahl vereint. Faserlaser sind ausgereift und kommerziell verfügbar, in ihrer Leistung jedoch begrenzt. Gegenwärtig liegt die Obergrenze bei etwa 10 Kilowatt. Das mag sich noch auf 20 Kilowatt steigern lassen, vermutet Laarmann, darüber hinaus sei aber auf lange Sicht keine Leistungssteigerung zu erwarten. Für die sichere Zerstörung von Granaten innerhalb der kurzen Flugzeit seien aber mindestens 120 Kilowatt erforderlich. Diese Stärke soll durch die "geometrische Kopplung" von entsprechend vielen Laserstrahlen erreicht werden.

Ein anderer Weg zur Leistungssteigerung ist die Verwendung einer anderen Laserquelle. So berichtete Jochen Speiser von Experimenten mit einem Scheibenlaser auf der 130 Meter langen Laserfreistrahlstrecke des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen, bei denen mehrere Laser nach dem Masteroszillator-Prinzip (MOPA) mittels mehrerer Durchgänge durch die Scheiben kombiniert werden. Speiser erwartet eine maximale Leistung, die um eine Größenordnung höher liegt als beim Faserlaser. Es sei aber fraglich, ob dieser theoretische Wert auch in der Praxis erreicht werden könne. Bis 200 Kilowatt, die er als Zielvorgabe für die sichere Zerstörung von Granaten angibt, sei es jedenfalls noch ein weiter Weg.

Forschung an Laserwaffen (13 Bilder)

Seit 30 Jahren forscht MBDA Systems an Lasern. Seit 2008 arbeitet das Unternehmen an einer Laserwaffe gegen Minidrohnen
(Bild: MBDA Systems)

Es ist ein Weg, den das Militär voraussichtlich allein wird gehen müssen. Denn für zivile Laseranwendungen gibt es auf absehbare Zeit wohl keine Motivation, die Leistung weiter zu steigern. Deutschland, das Doris Laarmann zufolge in dieser Technik gegenwärtig noch führt, könnte demnach nur an der Spitze bleiben, wenn die Bundeswehr verstärkt auf Strahlenwaffen setzt.

Die müssen allerdings nicht unbedingt nur auf Granaten und Drohnen gerichtet werden. Wolfgang Riede vom DLR-Institut für Technische Physik konzentrierte sich in seinem Vortrag zwar auf das präzise Verfolgen von bewegten Objekten mithilfe laseroptischer Systeme, wobei aber Weltraumschrott im erdnahen Orbit im Mittelpunkt stand. Dabei geht es zunächst darum, die Orbitaldaten dieser bis zu zehn Zentimeter kleinen Trümmerstücke genauer zu vermessen, von denen etwa 28.000 die Erde umkreisen und die Raumfahrt gefährden.

"Die Daten weichen bis zu fünf Kilometer von den realen Orbits ab", eräuterte Riede. "Das erschwert gelegentlich notwendige Ausweichmanöver erheblich." Wenn die Umlaufbahnen aber einmal genauer bestimmt sind, könnte man den Laser natürlich auch gleich nutzen, um den Weltraumschrott zu entfernen. Doch das scheitert vorerst an der verfügbaren Leistung: Während für das Tracking 300 Milliwatt ausreichen, wäre für so eine Abwehr einer Bedrohung aus dem All wohl ungefähr das Millionenfache erforderlich. (anw)