BGH zu Jameda: Bewertungsportale müssen strenger prüfen

Das Bewertungsportal Jameda muss auf Verlangen künftig konkrete Nachweise vorlegen, ob ein Nutzer tatsächlich beim bewerteten Arzt in der Praxis war. Das hat der Bundesgerichtshof nun entschieden.

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Bundesgerichtshof

(Bild: dpa, Uli Deck)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Holger Bleich

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Prüfpflichten für Online-Bewertungsportale konkretisiert und deutlich verschärft. Nach einem am heutigen Dienstag ergangenen Urteil (Az. VI ZR 34/15, Pressemitteilung) müssen Ärztebewertungsportale auf Verlangen künftig konkrete Nachweise vorlegen, ob ein Nutzer tatsächlich bei dem bewerteten Arzt in der Praxis war.

Im konkreten Fall geht es um die Plattform Jameda. Ein Patient hatte seinen Zahnarzt anonym unter den Punkten "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" jeweils die Schulnote Sechs gegeben. Der Nutzer hatte 2013 angegeben, er könne den Arzt nicht empfehlen und mit einer Durchschnittsnote von 4,8 bewertet.

Der Berliner Arzt verlangte von dem Portal die Entfernung des Eintrags. Jameda übermittelte die Beanstandung dem Nutzer. Dessen Antwort darauf leitete das Portal aber nicht an den Arzt weiter – mit Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken. Die Bewertung beließ Jameda im Portal. Daraufhin verlangte der Zahnarzt einen Nachweis dafür, dass der Patient überhaupt bei ihm war. Der BGH hatte nun zu klären, ob Jameda den Besuch des Nutzers beim Arzt nachweisen muss.

Der BGH stellte zunächst fest, dass Jameda keine Prüfungspflicht auferlegt werden darf, die das Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder die Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Allerdings trage der Betrieb eines Bewertungsportals "im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko an Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich". Diese Gefahr werde durch die Möglichkeit verstärkt, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben.

Jameda hätte laut BGH die Beanstandung des Zahnarztes dem Nutzer nicht nur weiterleiten müssen, sondern auch genaue Angaben zum angeblichen Behandlungskontakt fordern sollen. Dazu hätte beispielsweise auch gehört, vom Bewertenden Unterlagen wie Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien zu verlangen. So weit anonym möglich hätte Jameda nach Ansicht des BGH diese Unterlagen sogar an den Arzt weiterreichen müssen. Erst dann hätte Jameda seiner Prüfungspflicht genüge getan.

Konkretere Formulierungen zu den Prüfungspflichten dürfte der BGH in der schriftlichen Urteilsbegründung folgen lassen, die er voraussichtlich in einigen Monaten nachreichen wird. Eine BGH-Sprecherin bestätigte schon heute, dass dieses Urteil weitreichende Folgen auch für andere Bewertungsportale hat. Sie werden ihre Prüfprozesse nun anpassen müssen.

Jameda hat das Urteil eher gelassen zur Kenntnis genommen. Florian Weiß, Chef des Portals, erklärte: "Selbstverständlich werden diese Hinweise nun unmittelbar in die Ausgestaltung unseres Prüfprozesses einfließen, der sich auch in der Vergangenheit schon immer an der jeweils aktuellen Rechtslage orientiert hat." Klar sei für ihn, dass Patienten auch weiterhin anonyme Bewertungen abgeben können. (hob)