Das Jahr, in dem Frankenstein auf die Welt kam

Über eine der größten Katastrophen des 19. Jahrhunderts weiß die breite Öffentlichkeit kaum etwas. Das könnte Wolfgang Behringers Buch "Tambora und das Jahr ohne Sommer" ändern.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Über eine der größten Katastrophen des 19. Jahrhunderts weiß die breite Öffentlichkeit kaum etwas. Das könnte Wolfgang Behringers Buch "Tambora und das Jahr ohne Sommer" ändern.

Die Aschewolken des isländischen Eyjafjallajökull 2010 waren nichts im Vergleich zum Tambora: Der indonesische Vulkan schleuderte bei seinem Ausbruch im April 1815 sein Material 45 Kilometer hoch – bis weit in die Stratosphäre. Die verheerenden Folgen auf das Weltklima zeichnet Wolfgang Behringer in "Tambora und das Jahr ohne Sommer" nach.

Der Auswurf des Vulkans verdunkelte die Sonne und stellte weltweit das Wetter auf den Kopf: In Europa schneite es im Sommer 1816 oder regnete ohne Unterlass, was zu der letzten naturbedingten Hungersnot auf dem Kontinent führte.

Doch Behringer beschränkt sich nicht auf die globalen Zusammenhänge, er spürt den Auswirkungen der Katastrophe auch auf lokaler Ebene nach: Ein kleines Highlight ist die Episode über die Geburt Frankensteins. Dessen Erfinderin Mary Shelley verbrachte 1816 mit einigen Briten – darunter Lord Byron – einen verregneten Sommer am Genfer See, wo sich die Truppe mit dem Schreiben von Horrorgeschichten unterhielt.

Dank des immensen Quellenstudiums gelingt Behringer ein lebendiges, lesenswertes Porträt der weltweiten Krise. Darüber hinaus aber bereichert er die Geschichtsschreibung für jene Jahre um eine zusätzliche Lesart vieler politischer Ereignisse.

Wolfgang Behringer: "Tambora und das Jahr ohne Sommer. Wie ein Vulkan die Welt in die Krise stürzte". C. H. Beck, 398 Seiten, 24,95 Euro. (inwu)