Expertin vor dem US-Senat: Autonome Autos müssen noch viel mehr getestet werden

In einer Anhörung des US-Senats hat der Google-Manager Chris Urmson erneut dafür plädiert, die Testregeln für autonome Autos zu lockern. Die Expertin für autonome Systeme Mary Cummings warnte davor, die Technik zu früh für marktreif zu erklären.

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autonomes Google Auto

Einer von Googles autonomen Prototypen

(Bild: Google X)

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Der US-amerikanische Senatsausschuss für Wirtschaft hat sich in einer Anhörung mit der Zukunft der autonomen Autos befasst. Darin warnte Mary Cummings, Direktorin des Humans and Autonomy Laboratory an der Duke University, davor, die Technik voreilig auf die Straße zu bringen. Google habe zwar angegeben, mit seinen selbstlenkenden Autos 2 Millionen Meilen unfallfrei absolviert zu haben, doch verglichen mit dem Pensum der New Yorker Taxis sei das wenig. Diese leisteten diese Strecke an einem einzigen Tag, sagte Cummings vor dem Ausschuss.

Cummings, die angab, seit mehr als zehn Jahren Autohersteller wie Ford, Nissan, Toyota und Google X mit Expertisen zum Thema autonomes Fahren zu versorgen, verwies auf eine Empfehlung der Denkfabrik RAND Corporation. Diese meine, autonome Autos müssten auf 275 Millionen Meilen unfallfrei getestet worden sein, bevor daran gedacht werden könne, sie in den gewöhnlichen Straßenverkehr zu schicken.

Vom vernetzten zum autonomen Auto

Dabei reiche es aber nicht aus, die selbstlenkenden Wagen lediglich in klimatisch günstigen Gebieten Kalifornien oder Südtexas herumfahren zu lassen, um Meilen anzusammeln. Die Autos müssten unter allen erdenklichen Bedingungen gefahren werden. Bisher kämen autonome Autos beispielsweise bei Schnee oder Nieselregen nicht so gut zurecht, ebenso nicht in Gegenden, die nicht so ausführlich vermessen wurden, und auch könnten autonome Autos nicht den Gesten eines Polizisten folgen. Vor diesem Hintergrund begrüßte Cummings die in Kalifornien im Dezember vorgeschlagenen Regeln für Tests autonomer Autos, nach denen dabei geprüfte, fahrtaugliche Personen das Auto kontrollieren können müssen, falls technische oder andere Probleme auftreten.

Diese Regeln sind gar nicht in Googles Sinne. Chris Urmson, Projektleiter für autonomes Fahren des Konzerns, trat wie schon zu früherer Gelegenheit auch vor dem Senatsausschuss dafür ein, die Testauflagen zu lockern. Er zitierte Zahlen aus Unfallstatistiken der Verkehrsbehörde NHTSA, laut denen 94 Prozent der Verkehrsunfälle in den USA durch menschliches Fehlverhalten entstanden seien. Das sei erheblich, denn allein in den USA seien 2015 etwa 38.000 Menschen zu Tode gekommen, weltweit sollen es schätzungsweise jährlich 1,2 Millionen sein. Am liebsten wären Google autonome Autos ohne Lenkrad.

Abgesehen von mehr Verkehrssicherheit brächten autonome Autos auch weitere Vorteile, erläuterte Urmson. Mit ihrer Hilfe könnten auch Menschen autofahren, die es wegen ihrer Behinderung oder ihres Alters derzeit nicht können. Für viele Menschen ohne Fahrerlaubnis sei es in den USA teuer und aufwendig, auf andere Weise als mit einem Auto mobil zu sein. Urmson erwähnt auch Überlegungen des US-Verkehrsministeriums, das davon ausgehe, durch effizientere Nutzung von Straßen und Parkraum mit intelligenten Fahrsystemen seien nicht so hohe Investitionen in die Infrastruktur nötig.

In den sieben Jahren, seitdem Google mit seinen inzwischen 33 autonomen Prototypen testfahre, hätten sich dabei lediglich 17 kleinere Verkehrsunfälle ereignet. Alle würden ausführlich im Web dokumentiert, betonte Urmson. Um die Technik weiterentwickeln zu können, seien unbedingt Tests auf öffentlichen Straßen nötig. Doch ein Flickwerk von Bestimmungen stehe dem entgegen. Hier hofft Urmson auf die US-Bundesregierung, einheitliche Regeln herbeizuschaffen. Dabei argumentierte er auf einer Linie mit den Vertretern von General Motors, Lyft und Delphi Automotive, die ebenfalls an der Anhörung teilnahmen.

Während sich der Google-Ingenieur voll auf das Thema Straßenverkehrssicherheit konzentrierte, ging Mary Cummings in ihren Ausführungen breiter auf das Thema Datensicherheit ein. Autonome Autos seien beispielsweise auf Navigationsdaten angewiesen, dabei sei es verhältnismäßig einfach, das GPS zu manipulieren oder zu unterdrücken und so autonome Autos von ihrem eigentlich vorgesehenen Weg abzubringen. Auch müsse geklärt werden, wie die vielen Daten, die während einer autonomen Fahrt anfallen, gut gesichert werden können und wer darauf zugreifen dürfe.

Darüber hinaus gebe es noch andere Szenarien zu bedenken, meint Cummings. Beispielsweise könnten sich andere Verkehrsteilnehmer einen Spaß daraus machen, autonome Autos zu blockieren oder andere technische Reaktionen zu provozieren.

Waymos autonome Fahrzeuge (14 Bilder)

Alphabets eigenentwickeltes Auto kurvt autonom durch Mountain View in Kalifornien.
(Bild: Google.)

(anw)